Start Interviews Herbert Brandl: Die Gefahr, mit wachsendem Misserfolg in seiner Arbeit festzufahren.

Herbert Brandl: Die Gefahr, mit wachsendem Misserfolg in seiner Arbeit festzufahren.

Herbert Brandl zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Malern Österreichs. Internationale Ausstellungen, darunter die Teilnahme als Österreich-Vertreter an der Biennale in Venedig, haben ihn auch am internationalen Kunstmarkt etabliert. Interessierte an seiner Kunst haben in den kommenden Wochen Grund zur Freude. Das Greith-Haus in St. Ulrich widmet ihm eine große Sommerausstellung, und die Grazer Galerie Reinisch Contemporary präsentiert mit der „Edition Größenwahn“ noch nie gezeigte Werke aus den letzten Schaffensjahren. „Achtzig“ bat den Künstler zum Interview.

IMG_0671_smallSie wechseln immer wieder Ihre Rolle als Künstler, erschaffen Abstraktes genauso wie Gegenständliches, sind Maler und produzieren zugleich Skulpturen. Wie wichtig ist es für Sie, immer wieder kreatives Neuland zu betreten?

Jeder Morgen ist ein neuer Morgen, bringt viel Stress und neue Sorgen. Aber er ist für meine Arbeit unerlässlich.

Besteht die Gefahr mit wachsendem Erfolg sich in seiner Arbeit festzufahren?

Ich würde sagen: Es besteht die größere Gefahr mit wachsendem Misserfolg in seiner Arbeit festzufahren.

Sind Sie schon einmal in so einer Situation gewesen?

Eigentlich nicht. Wenn ich mich länger auf eine gewisse Art zu malen festgelegt habe, dann aus reiner Absicht. Es fällt einem selbst aber während der Arbeit kaum auf, wenn man sich drastisch weiterentwickelt. Erst im Nachhinein und meist von außen betrachtet, erkennt man dann, dass man einen Sprung gemacht hat.

Ein Big Player am internationalen Kunstmarkt (Foto: Paul Tarmann)
Ein Big Player am internationalen Kunstmarkt (Foto: Paul Tarmann)

Es heißt, Sie gehen leidenschaftlich gerne in die Berge. Ihre Bergbilder sind auch ein Resultat davon. Was ist so faszinierend an ihnen? Als Grazer sind Sie noch dazu in einer Kessellage aufgewachsen und nicht am Berg.

Ich bin zwar gebürtiger Grazer, bin aber in Schwanberg aufgewachsen. Da war der Berg zumindest im Ortsnamen vorhanden. Meine Liebe zu den Bergen hat mit meiner Kindheit zu tun. Mein Vater hat mir Berg-Geschichten erzählt und einen Berg auf die Wand in meinem Zimmer gemalt. Berge waren und sind auch heute noch exotisch für mich. Das Berner Oberland, zum Beispiel, oder einige schöne Plätze in Österreich, ziehen mich regelrecht an. Ich bin einfach gerne dort. Ich sitze leidenschaftlich gerne vor Berghütten und trinke Bier. Meine Bergbilder sind ein Resultat des Höhenrausches.

Sie sprachen den Höhenrausch an. Wie wichtig ist der Rausch generell für Ihre Arbeit?

In der Malerei geht es um den sogenannten „Flow“. Der Begriff ist zwar überstrapaziert, aber treffend. Beim Malen schalte ich auf ganz hochkonzentriert. Ich bin sehr fokussiert auf das, was ich mache. Das kommt einem Art Höhenrausch relativ nahe, aber es bleibt ein Malrausch. Erst wenn man ausgepowert ist, hört man auf. Es gibt auch andere Arten Malerei zu betreiben. Für mich ist es wichtig, durch die Kunst über sich selbst hinauszugehen, um sich selbst zu finden. Das ist das Schöne für mich.


Haben Sie Ihre Berge, die Sie gemalt haben, bestiegen?

Nein, nur ganz wenige. Viele Motive kommen aus der Ferne, aus Bergbildbüchern oder Bergbilderpostkarten von befreundeten Bergsteigern. Viele, die ich gemalt habe, sind über 5.000 Meter hoch. Manche meiner Bilder entstehen auch rein aus der Geste. Die Farben Blau, Weiß, Schwarz und Braun machen für mich die farbliche Essenz eines Berges aus.

Der Himalaya reizt Sie nicht?

Doch. Ihn werde ich sicher einmal besuchen, aber nicht um bergsteigen zu gehen. Mir reicht es, ihn zu umrunden und dabei mein Karma aufzubessern.

Wie sehr haben Sie sich mit der Region um St. Greith auseinandergesetzt?

Die Gegend um Greith habe ich als Wanderer noch nie erkundet, aber dafür auf dem Moped. Die Werke im Greith-Haus umspannen einen längeren Zeitraum, das älteste ist 2003 entstanden, und die frischesten sind direkt aus der Gießerei und Druckwerkstätte gekommen.

Sie haben in den wichtigsten Museen Österreichs und zahlreichen international maßgebenden Institutionen ausgestellt. Was hat für Sie den Reiz ausgemacht die aktuelle Ausstellung in St. Ullrich, in der „steirischen Provinz“, zu machen?

Es war der Gerhard Rothsche Liebreiz. Seine Liebe zum Dorf und der Umgebung, seine Wahrnehmung von beidem. Die Gegend selbst hat aber auch landschaftlich eine schöne Struktur. Auch die Kirche im Dorf ist sehenswert. Die Qualität in St. Ulrich ist die Gemütlichkeit. Man wird nicht von Touristenstürmen niedergefahren. Ich habe lieber die ruhigen Plätze, die nicht so bombardiert werden.

IMG_6792_01aIhre Bilder kosten an die 100.000 Euro. Wie sehr drückt der Preis die Qualität eines Kunstwerkes aus?

Im Vergleich zu den 150 Millionen für Picasso, fehlen mir noch ein paar Nullen um glücklich zu sein. Es kommt darauf an, wie man ein Kunstwerk betrachtet. Wenn man es als Investment sieht, sagt der Preis viel aus. Wenn man es wirklich als Kunstwerk betrachtet, dann wohl weniger. Der Kosmos der Kunst ist aber groß, es haben viele darin Platz. Ich glaube auch nicht, dass wirklich schlechte Künstler nur durch den Markt zu einem hohen Marktwert kommen.

Text: Stefan Zavernik