Start Kunst & Kultur Was das Kulturjahr aktuell verspricht: Kunst schafft Unsicherheit

Was das Kulturjahr aktuell verspricht: Kunst schafft Unsicherheit

7000 Pfeffersprays für Graz der Neigungsgruppe K.O.

Was ist überhaupt noch privat und wann fühlen wir uns sicher? Einen kritischen Blick auf das soziale Miteinander werfen die Neigungsgruppe K.O. und die erste spleen-Eigenproduktion „8 Fenster“.

Text: Natalie Resch

„SICHER IST SICHER“ tönt es in großen Lettern von den Plakaten. Ex-Caritas-Präsident Küberl kneift die Augen zusammen, hält dem irritierten Betrachter einen Pfefferspray entgegen. 7.000 Pfeffersprays werden im Kulturjahr an die GrazerInnen verteilt – gratis. Hinter dem ironischen Akt mit ernstem Hintergrund steht die Neigungsgruppe K.O. Martin Behr, Markus Wilfling und Johanna Hierzegger sind sich sicher: Kunst erhöht die Sicherheit. Eine gewichtige Aussage. Genau genommen 0,5 kg schwer. Das ist das Gewicht der Mini-Skulpturen aus weißem Beton, ein „farbloses“ Duplikat der handelsüblichen Handtaschenwaffe.

„Greifen wir zu den Pfeffersprays und erkennen wir Manipulations- und Ablenkungsstrategien rund um die Generalmobilmachung beim Thema Sicherheit“, sagen Behr, Hierzegger und Wilfling. Ausgangslage der Aktion sind die zunehmenden Sicherheitsmaßnahmen in der „Stadt der Verbote“ – von der Ordnungswache über einen eigenen Sicherheitsstadtplan, Schutzzonen und Heimwegtelefon. 7.000 Pfeffersprays, die das Verständnis von Sicherheit in Frage stellen. Die Anzahl verweist auf Joseph Beuys „soziale Skulptur“ aus dem Jahre 1982 namens 7.000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“. „Je mehr Sicherheit, desto mehr Angstfreiheit. Schwierig wird es, wenn Angst um Sicherheit geschürt wird. Und ganz bestimmten Gruppen besonders zugeschrieben wird, Sicherheit zu (zer)-stören: Bettler, Ausländer, Arbeitslose, Obdachlose, Arme“, so Plakattestimonial Küberl. Die signierten Pfeffersprays, verpackt im handlichen schwarzen Samtbeutel, inklusive Beipackzettel gibt’s bei allen Kulturjahr-Veranstaltungen. Gut gewappnet durch 2020.

ARGE spleen*graz zeigt: 8 Fenster. Ein theatrales Vexierspiel
Foto: Clemens Nestroy

Einen zweiten Blick sollten die „PassantInnen“ bei 8 Fenster. Ein theatrales Vexierspiel riskieren. Die erste Eigenproduktion des spleen-Theaterfestivals, in der Regie von Natascha Gasser, lässt offen, wer Schauspieler oder Publikum ist. Drinnen und draußen, Privates und Öffentliches lösen sich auf. Dieser verstohlene Blick, den jeder von uns schon einmal in das Innere einer beleuchteten Wohnung geworfen hat, als wir uns im Dunkeln im Vorübergehen unbeobachtet gefühlt haben. Diese Schatten hinter den Vorhängen. Vorstellungen und Projektionen. Neugierde. Die partizipative Thea­terperformance mit einer Band, 30 Tablets, 20 Grazer als Performer und 8 Fenstern reflektiert Sichtweisen auf „Privatheit“ und „Öffentlichkeit“ im digitalen Zeitalter. Über eine App findet sich das Publikum mitten im Geschehen wieder, In Full HD und Stereo erlebt das Publikum die privaten Geschichten der Hausbewohner. In Ausschnitten. Annahmen werden getroffen. Wer am Ende wen beobachtet, bleibt ein Spiel mit der eigenen Wahrnehmung und eine Frage der Perspektive.  

Termine bis 11. März 2020

Upcycling Workshops

Im Rahmen des Kulturjahres Graz 2020 bietet heidenspass in Kooperation mit der Stadtbibliothek kostenlose öffentliche Upcycling-Workshops an. Zum Abschluss entstehen Upcycling-Skulpturen.

7./14./21. Februar 2020, jeweils 16 Uhr, heidenspass MakerSpace, Ägydigasse 15 & 5. März 2020, heidenspass Nähwerkstatt, Griesgasse 8, heidenspass.cc

Verein zur Förderung der Aktiv-Demokratie: Bürger*innen-Konvente Graz 2020

Die „Bürger*innen-Konvente“ sind Instrumente direkter Demokratie, kombiniert mit digitalen Tools, die echte Beteiligung von der Basis der Gesellschaft aus ermöglichen.

Themenvorschläge und Registrierung hier: www.konvente.at/graz

Nächster Termin: Di, 11.2., 19 Uhr, ­Gemeinderatssitzungssaal Graz

aktiv-demokratie.at

Volkskultur Steiermark GmbH: Volkskultur.Bewegt.Graz.20 × 20

Anlässlich des Graz Kulturjahres 2020 lädt die steirische Volkskultur von Februar bis November zu 20 Kurzveranstaltungen ein. Unter dem Motto „Tradition (er)leben“ treten die unterschiedlichen volkskulturellen Verbände einen Schritt nach vorne und zeigen, dass Tradition und Zeitgeist unterschiedlichster Kulturaktivitäten in Verbindung stehen und immer einen Platz im Alltag haben.

Bier, du Göttertrank! Chorgesang trifft Brauhauskultur, Do 13. 2., 19.30 Uhr, Brauerei Puntigam (Triester Straße 357–359),
www.steirische-volkskultur.at/graz2020

arTTension

Eine interaktive Installation am Schloßberg, ein künstlerischer Abfalltransport von Novi Sad nach Graz – Aktionen des österreichischen Kunstvereins arTTension, zur weltweiten Plastik-Problematik.

1. März 2020, verschiedene Schulen und Magistratsabteilungen

InterACT

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN sind der thematische Ausgangspunkt des Theaterprojektes für Jugendliche, das vor allem mit aktivistischen Aktionsformen arbeitet.

4. März 2020, 17 Uhr, Probehaus der Freien Theater, Orpheumgasse 11

interact-online.org

Tracing Spaces

Dreidimensionale Netzwerkskulpturen mit Audiospuren an neuralen Verkehrsknotenpunkten und Verteilerzentren laden ein, in die Zukunft der Mobilität zu reisen.

11. März 2020, 19 Uhr, Haus der Architektur, Mariahilferstraße 2

Bill Fontanas Rückkehr

1988 stieß die Klangskulptur Bill Fontanas „Sonic Projections from the Schloßberg“ auf breites Unverständnis. Mit einem Reenactment kehrt erst ab 13. März 2020 der Medienkünstler zurück, begleitend von einer Ausstellung im Kunsthaus.

13. März bis 7. Juni 2020, Kunsthaus Graz, Space01 und öffentlicher Raum

Grazer Kunstverein zieht um

17 Grazer Bezirke. 17 Mal Umziehen mit 20 KünstlerInnen aus 20 verschiedenen Ländern. Der Versuch des Grazer Kunstvereins, spekulativ über neue Standorte nachzudenken und sich an der kulturellen Vielfalt der Stadt auszuprobieren. Am 28. Februar wird in der Bibliothek Zanklhof Halt gemacht, bevor es am 4. März ins Fußballstadion geht.

grazerkunstverein.org