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Schmuck für die Ewigkeit

Goldschmiedin Barbara Gressl Foto: Die Abbilderei

In der Grazer Stempfergasse werden auf knapp 20 m2 Schmuckstücke mit Vergangenheit individuell neu interpretiert – Juwelierin und Goldschmiedin Barbara Gressl erzählt „Achtzig“, was es heißt, Kunden das ganze Leben lang zu begleiten.

Text: Natalie Resch

Worin liegt der Fokus des Ateliers Gressl?

Es erreichen uns tagtäglich Anfragen von – zumeist – bereits bestehenden Kunden. Meist handelt es sich um vorhandene Schmuckstücke, an die ganz persönliche Erinnerungen geknüpft sind: an die Großmutter, Mutter oder auch an bestimmte Ereignisse wie die Geburt eines Kindes. Meine Aufgabe ist es dann, diese hoch emotionalen Erinnerungen in ein neues, modernes Design zu packen. Sehr oft ist das Ausgangsmaterial Schmuck aus Gold. Es sind nicht nur Ringe, sondern oft auch Colliers oder Ohrringe, die unsere Kunden gern von mir neu interpretiert hätten. Wenn ich mit Gold arbeite, kombiniere ich es gern mit besonderen Edelsteinen. Weißgold harmoniert wunderbar mit Tahiti-Perlen und schwarzen Brillanten. Oder Roségold mit Rauchquarz. Die Edelsteine stimme ich mit den Kunden ab; frage nach dem persönlichen Lieblings- oder Glücksstein. (Lächelt. Anm. d. Red.: auch auf die Frage hin, was denn ihr Glücksstein sei). Ich habe viele. Das Persönliche, das Individuelle am Schmuckstück herauszuarbeiten, das ist ein wesentlicher Teil meiner kreativen Arbeit. Dabei gehe ich in die Tiefe.

Das Individuelle steht für Sie im Vordergrund. Verwerfen Sie aktuelle Trends vollständig?

Mir ist bewusst, dass der Schmuckhandel immer wieder Trends unterworfen ist. Aktuell nehme ich eine Tendenz zu Roségold wahr bzw. orientiert sich der Schmuck stark an den Modetrends. In diesem Kontext ist Gelbgold stark im Kommen. Ich vertrete aber die Meinung, dass der Kunde mithilfe meiner Expertise jenes Material finden soll, mit dem er sich wohlfühlt. Unsere Arbeit im Atelier Gressl steht für Handarbeit – so individuell, dass es keine Rolle spielt, einem klaren Trend zu folgen. Der ganz persönliche Wohlfühlfaktor steht im Mittelpunkt der Kreation.

Gelbgold-Anhänger mit einer fossilen Koralle, goldenen Südsee-Perlen & Mandarin-Granat.
Foto: Werner Kurg

Wenn jemand in Ihr Atelier kommt und um die Neuinterpretation eines vorhandenen Schmuckstückes bittet, wie gehen Sie dann vor?

Wenn ich für einen Menschen etwas anfertige, dann will ich diese Person auch möglichst gut kennenlernen. Die persönlichen Beziehungen zueinander sind mir wichtig. Die Kunden erzählen mir aus ihrem Leben, vom Schmuckstück und die Erinnerungen daran. Dieses Erzählen braucht eine entspannte Atmosphäre. Und diese lässt sich am besten im privaten Zuhause der Kunden erzeugen. Dass ich immer öfter dorthin eingeladen bin, um die Wünsche und Vorstellungen zu besprechen, hat sich in den letzten Jahren immer stärker entwickelt. Und wird sehr gerne in Anspruch genommen. Es kommt zu langen Gesprächen. Ich sehe, wie sie leben, ihr Umfeld gestalten. Durch die Architektur und Einrichtung kann ich mir ein besseres Bild machen und klarer auf die Entwürfe für das Schmuckstück eingehen. Wenn ich eine puristische, moderne Architektur mit klaren Linien vorfinde, entwickelt sich der Entwurf komplett anders, als wenn ich ein Schmuckstück für jemanden entwerfe, dessen Einrichtung verspielt und mit antiken Möbelstücken versetzt ist. Unsere Kunden schätzen es, in ruhiger Atmosphäre an der konkreten Umsetzung ihrer Wunschvorstellungen arbeiten zu können.

Welcher weiteren Schritten bedarf die konkrete Umsetzung der individuellen Schmuckstücke?

Nachdem wir gemeinsam viel über Wünsche gesprochen haben, ist ja noch das vorhandene Material zu berücksichtigen. Handelt es sich dabei um Gold, mit oder ohne Edelsteine versetzt? In meiner Werkstatt in Köflach beschäftige ich mich dann näher mit diesen Fragen und die ersten Entwürfe entstehen. Meist zu viele (lacht). Wenn ich diese mit dem Kunden bespreche, wird es meist ein Mix aus verschiedenen. Und nachdem wir uns auf eine gemeinsame „Richtung“ geeinigt haben, arbeite ich ganz konkret an der Kombination zwischen den Materialien und den Edelsteinen, spiele mich mit möglichen Kombinationen. Vom Erstkontakt bis zur Fertigung braucht es circa 4 Wochen. Vor Weihnachten muss man mit längeren Zeiträumen rechnen.

Foto: Werner Krug

Mit welchen Materialien und Edelsteinen arbeiten Sie besonders gerne?

Wussten Sie, dass es über 2.000 Schmuck- und Edelsteine gibt? Roségold und Brauntöne schmeicheln aneinander. Ich verwende gern Citrin mit 18-karätigem Gelbgold, das auch mit steinfärbigen Elementen harmoniert. Das kühl wirkende Blau des Aquamarins passt wunderbar zu Platin. Weißgold zu Arizona-Türkis und Paraiba-Turmalinen. Unter den tausenden Edelsteinen finden sich neben Klassikern zahlreiche unbekannte Juwelen. In meiner mehrjährigen Ausbildung zur Edelsteinexpertin lernte ich neben Smaragd, Saphir den Schatz an Raritäten kennen, die mich bis heute faszinieren. Unter ihnen den für den Kunden Passenden zu finden, reizt mich. Anstelle des Saphirs verwende ich, zum Beispiel, den Tansanit mit seinem einzigartigen Kornblumenblau, das einen lila Unterton in sich trägt. Ich arbeite schon lange mit ein und demselben Steinschleifer zusammen, der Zugriff auf qualitativ hochwertiges Rohmaterial hat und diesem durch individuelle Schliffe ganz besondere Formen verleiht.

Weißgold-Collier mit Arizona-Türkis, Chalzedon & Aquamarin
Foto: Werner Krug

Worin liegt für Sie persönlich der Reiz, individuelle Schmuckstücke zu kreieren?

Ich lebe meinen Traum. Kein Tag gleicht dem anderen. Jedes Schmuckstück, das ich zusammen mit den Kunden entwerfe, strahlt Einzigartigkeit aus. Das Schönste für mich ist am Ende das Strahlen der Kunden: wenn sie das für und mit ihnen gemeinsame entworfene Schmuckstück mit Freude tragen. Oder sie mir erzählen, dass sie auf dieses hin angesprochen werden: „Das muss wohl aus dem Atelier Gressl sein.“ Das macht mich stolz. Zu meinen schönsten Erinnerungen gehört ein handgeschriebener Brief einer Kundin, die sich bei mir bedankt hat. „Ihre Schmucksteine werden Geschichte schreiben“. Das bedeutet mir viel, weil es zum Ausdruck bringt, dass die Schmuckstücke über Generationen weitergegeben werden. Sie leben weiter, und auch wenn sie für diese eine Person ganz individuell gefertigt worden sind in Handarbeit, leben die damit verbundenen Geschichten und Erinnerungen weiter – vielleicht an der Enkelin. Unabhängig von den verwendeten Materialien und Edelsteinen hat der Schmuck darüber hinaus einen viel höheren, immateriellen Wert, das Gedankliche, das ich damit verbinde.

Foto: Heinz Stanger

Zu welchen Anlässen werden bevorzugt Schmuckstücke angefertigt?

Dazu muss ich ein wenig ausholen. Wir begleiten unsere Kunden ihr ganzes Leben lang. Das bedeutet, wir sind bei vielen Anlässen dabei – oder zumindest unsere Schmuckstücke. Diese begleiten unsere Kunden von der Erstkommunion über die Firmung, Schluss- oder Universitätsabschluss und Verlobung bis zur Hochzeit. Welche Berufssparte kann schon behaupten, die Kunden von der Geburt weg zu begleiten? Einer der Gründe, warum ich meinen Beruf so schätze. Tag für Tag. Schmuck schreibt Geschichte. Fortlaufend. Wenn ein Ring der Großmutter eine große Bedeutung hat, aber nicht mehr getragen werden will, weil er vielleicht nicht zeitgemäß ist, dann finden wir eine Lösung. Ich schlage dann vor, gewisse Elemente zu behalten, vor allem wenn es sich um alte Goldschmiedearbeit handelt, die heute nur mehr selten gefertigt wird. Sie wird um einen tollen Stein ergänzt. Ich probiere auch gern Neues aus und verwende Hightech-Materialien wie Carbon, das sehr leicht ist. Der Stoff aus der Weltraumtechnik lässt sich stimmig mit Steinringen kombinieren. Ich setze auch bewusst Keramik ein, wie es die Körperwärme annimmt und angenehm zu tragen ist. Man braucht eben auch Mut. Es ist Zeit für Nichtalltägliches. Meine Schmuckstücke betrachte ich nicht als Kunstobjekte, sondern als ausgefallene Goldschmiedekunst, tragbar gestaltet und durchaus extravagant umgesetzt. Ein Unikat.     

Foto: Werner Krug

Juwelier Gressl

Stempfergasse 11, 8010 Graz, Tel. 0316 832 229

gressl.com