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„Was bleibt einem als Galgenhumor?“

Alfred Haidacher im Stück "Die Wahrheit", der Sommerproduktion des vergangenen Jahres

Das Theater im Keller blickt seiner Sommerproduktion entgegen. Aktuell hat das älteste Theater der Stadt seinen Betrieb pausiert. Zu ungewiss sei die Lage, was Förderungen der öffentlichen Hand betrifft. Alfred Haidacher gibt im Gespräch Einblicke.

Auch in diesem Sommer bringt das TiK eine Produktion als Sommertheater auf die Freiluftbühne. Für welches Stück habt ihr euch entschieden?

Derzeit bereiten wir den dritten Teil unserer Sommertrilogie mit Stücken des französischen Autors und Drehbuch-Oscar-Preisträgers von 2021, Florian Zeller, vor. Hinter der Fassade ist ein weiteres raffiniertes Spiel der Lüge und der Manipulation, in dem sich die Paare heillos verwirren. Es dreht sich alles, was sich vor der Fassade abspielt, in die Realität hinter der Fassade, die nur für das Publikum klar zu hören ist. Hinter der Fassade ist ein Stück, das die Gedanken der beiden Paare, die das Spiel bestreiten, hörbar macht. Wieder ist es ein ungeheuer humorvolles Spiel über Lebenslügen, Lügen im Allgemeinen und Irrungen und Wirrungen der Liebe. Nach Die Wahrheit und Die Lüge kommt damit unsere Florian-Zeller-Trilogie zu einem turbulenten Abschluss.

Worum geht’s im Stück?

Patrick und Laurence haben sich getrennt. Ein Schock vor allem für ihre langjährige Freundin Isabelle, deren Mann Daniel seinen Freund Patrick mit seiner neuen Freundin Emma zum Abendessen einlädt. Isabelle ist erbost und wird gleichzeitig mit Daniels Faszination für die schöne, junge Emma konfrontiert. Doch nach der altbewährten Methode „sei deinen Freunden nah, sei deinen Feinden noch näher“ stimmt Isabelle dem Essen zu. Emma ist aber ein wenig zu jung und zu reizend. So erschüttert sie das traute Eheglück von Isabelle und Daniel in seinen Grundfesten. Das Unterste kocht nach oben, und hinter der kultiviert-freundlich-beherrschten Gesprächsoberfläche blitzen die gemeinsten Spitzfindigkeiten, die boshaftesten Gehässigkeiten und die gravierendsten Unsicherheiten auf. Doch die sind bloß für das Publikum zu vernehmen. Ein weiteres Meisterstück des französischen Tausendsassas Florian Zeller eben.

Foto: Sissy Furgler

Was macht für Sie als Theatermacher den Reiz am Sommertheater aus?

Nun, das Sommertheater ist im Allgemeinen so was wie eine Spielwiese für Schauspielerinnen und Schauspieler. Oft wird es als leichtgängig abgetan. Wenn man es aber ernst nimmt und mit Liebe gestaltet, treten unter den scheinbar oberflächlichen Handlungsmustern auch die darunterliegenden „dunkleren“, von mir aus „ernsteren“ Grundlagen der dargestellten, ach so komödiantischen Situationen erhellend zutage. Eine gute Komödie ist eigentlich immer wahnsinnig traurig, hat aber zumindest einen tiefernsten Unter- oder Hintergrund.

Stichwort „Traurig“: Aktuell hat das TiK seinen Betrieb zurückgefahren. Mit welchen Herausforderungen seid ihr momentan konfrontiert?

Naja, jeder Kulturinteressierte hat ja verfolgt, vor welchen Türmen aus Problemen die steirische Kulturszene derzeit steht. Stadt und Land müssen sparen, weil man jahrzehntelang Schulden über Schulden angehäuft hat. Und die einzusparenden Gelder holt man sich wie immer von den Schwächsten mit den niedrigsten Budgets zurück. Also von den Ärmsten unter den Kunst- und Kulturschaffenden, von Sozialprojekten usw. Es ist halt nur so: Wenn man Kulturarbeitenden wie uns ein paar Tausender wegnimmt, geht halt irgendwann gar nichts mehr. Schließlich haben wir schon bisher unter der Grenze dessen gelebt und gearbeitet, was der Durchschnittsbürger als viel zu wenig sehen würde. Dafür reden wir nun über non-monetäre Zuwendungen. Heißt das, uns allen wird Wohnen, Strom und Heizung gezahlt? Homerisches Gelächter erhebt sich. Was bleibt einem auch anderes übrig als Galgenhumor? 

Was sagen Sie zu den jüngsten Ankündigungen von Landesrat Kornhäusl, das Kulturbudget für 2025 sogar erhöhen zu können?

Ehre, wem Ehre gebührt, das ist eine erfreuliche Leistung; eine politische Verhandlungsleistung, die man nicht kleinreden darf. Der Wermutstropfen dabei ist, dass das alles nur für 2025 gilt. Was die Zukunft in den nächsten Jahren betrifft, drohen uns nach wie vor unsichere Zeiten.           

Florian Zeller, „Hinter der Fassade“
Premiere: 31. Juli, 20 Uhr im Hof des Landesarchivs
www.tik-graz.at