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Musik straft die vermeintliche Perspektivlosigkeit Lügen

Als junges Liebespaar in auswegloser Situation sind die beiden Ensemblemitglieder Tetiana Miyus und Mario Lerchenberger zu erleben Foto: Marko Mestrovic

Peter Eötvös „Schlaflos“ ist eine Liebesgeschichte am Rande der Gesellschaft, düsteres Zeugnis unserer Gegenwart und gleichzeitig Beweis für die strahlende Lebendigkeit sinnlichen zeitgenössischen Musiktheaters.

Irgendwo zwischen Road-Movie und Weihnachtsgeschichte angesiedelt, erzählt die Opernballade Schlaflos von dem jungen Paar Asle und Alida, das mittellos nach Hilfe, Unterkunft und einem Platz in der Gesellschaft sucht. Obwohl Alida hochschwanger ist, öffnet sich ihnen keine Tür. Aus aussichtsloser Not entsteht tödliche Gewalt, die eine Spirale von Tod und Verzweiflung in Gang setzt. Asle bezahlt mit seinem Leben, und Alida erfährt, dass die Liebe zu ihm auch durch Asles Tod kein Ende findet.

„Uraufführung des Jahres 2021“

Der Ungar Peter Eötvös ist einer der erfolgreichsten Komponisten der Gegenwart und einer der wenigen, deren Werke in den Kanon des zeitgenössischen Musiktheaters Eingang gefunden haben. Mit Sleepless (Schlaflos), 2021 an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin uraufgeführt, hat er sich erneut des Stoffs eines Bestsellerautors der Gegenwart angenommen. Grundlage der biblisch anmutenden Parabel ist die Erzählung Trilogie des norwegischen Bühnen- und Romanautors Jon Fosse (*1959), der 2023 den Nobelpreis für Literatur erhielt und dessen Roman Morgen und Abend bereits als Vorlage für die gleichnamige, 2022 in Graz aufgeführte Oper von ­Georg Friedrich Haas diente.

Liebe als verändernde Kraft

Schlaflos erzählt von Ab- und Ausgrenzung und vom Bruch in einer Gesellschaft, in der es kaum noch Solidarität gibt. Doch Eötvös’ Musik straft die vermeintliche Perspektivlosigkeit Lügen. Sie scheut weder Klangschönheit noch Tonalität und setzt der düsteren Realität die Macht der Liebe als verändernde Kraft entgegen. Regisseur ­Philipp M. Krenn holt in seiner szenischen Deutung das Werk nicht in die Gegenwart, sondern verortet Eötvös’ Parabel im Berlin der 1980er Jahre, in dem eine immer wohlhabender werdende, westliche Nachkriegsgesellschaft, die aus dem System Gefallenen ihrem Schicksal überlässt, ohne dass es ihr ein Achselzucken wert ist.     

Premiere: 13.1.2024, 19.30 Uhr
Vorstellungen bis 10.3.2024

www.oper-graz.at
www.ticketzentrum.at