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Mut zur eigenen Schöpfung!

Alois J. Hochstrasser

Der Interpannonische Concertverein holt diesen Frühling die Jubiläumsfeierlichkeiten zu seinem 50-jährigen Bestehen nach und präsentiert dazu eine Erinnerung an das Gründungskonzert. Der Dirigent und künstlerische Leiter der Institution, Alois J. Hochstrasser, über elementare Aufführungen, das Jubiläum des Vereins und kommende Konzerte.

Text: Teresa Monsberger / Stefan Zavernik

Mit der Schöpfung von Joseph Haydn führen Sie zum Jubiläum jenes Werk auf, mit dem der Interpannonische Concertverein im Jahr 1971 unter Ihrer Leitung sein Debüt begangen hat. Mit welchen Emotionen gehen Sie an dieses Jubiläumskonzert heran?

Ich bin bewegt und gerührt, dass es möglich war, 50 Jahre ohne Unterbrechung, bis auf die Pause, zu der uns die Pandemie gezwungen hat, so viele und so großartige Konzerte auf die verschiedensten Bühnen zu bringen. Der Concertverein wurde 1971 mit Freunden und Mitarbeitern von mir gegründet. Ich war damals der Meinung, dass die zweitgrößte Stadt Österreichs auch ein Ensemble braucht, das große chorsymphonische Werke aufführen kann, wie es in Wien etwa der Singverein zustande brachte. Dass wir jetzt dieses Jubiläum nach der pandemiebedingten Unterbrechung nun endlich feiern dürfen, ist eine schöne Sache.

Welche Bedeutung hat für Sie Haydns Schöpfung?

In der Schöpfung spürt man eine wunderbare Nachahmung der Natur. Ich habe der jungen Solistin Theresa Dax, die den Sopran singen wird, bereits dargelegt, wie ich das Werk nun interpretieren möchte. Es geht mir darum, diese subtile Nachzeichnung der Natur ganz grundlegend wiederzugeben. Auch im Chor ist mir wichtig, die stark an die Bibel angelehnten ­deutschen Texte in ihrer elementaren Artikulation zu verwirklichen. In der Schöpfung wird die Erschaffung der Welt verbunden mit einer Erzählung von Liebe und Glück anhand der Paradiesgeschichte rund um Adam und Eva. Haydn hat nicht umsonst selbst angemerkt, dass die Schöpfung eine Komposition für die Engel ist.

Wie wird sich die kommende Aufführung der Schöpfung vom Debüt-Konzert aus dem Jahr 1971 unterscheiden?

Ich habe die Schöpfung schon viele Male aufgeführt. Das Besondere für mich an diesem Werk ist, dass es einem jedes Mal in Bezug auf die Konzeption und die Kontrapunktik neu begegnet. Die Einflüsse anderer Künstler auf Haydn werden umso deutlicher, je öfter man sich mit dem Stück auseinandersetzt. Ich möchte im Rahmen der kommenden Aufführung das Stück so elementar wie möglich darbieten. Als junger Dirigent war ich stark von Vorbildern wie Karajan, Böhm oder Bernstein geprägt. Man denkt dann, dass ein Werk nur auf eine bestimmte Art aufgeführt werden kann. Es dauert lange, bis man sich von dieser Vorstellung trennen und sich wirklich elementar auf ein Werk einlassen kann.

Ist es letzten Endes die größte Herausforderung in der Kunst, seine eigene Handschrift zu finden?

In dieser zurückgezogenen, auch meditativen Zeit, die Corona mit sich gebracht hat, habe ich mich damit beschäftigt, wo ich eigentlich stehe, unabhängig von allen Vorbildern. In meiner Herangehensweise an die Wiederaufführung der Schöpfung spiegelt sich auch meine eigene Entwicklung. Ich nähere mich den Werken heute direkter an. Ich muss auch sagen, dass mir die jungen Solisten im Moment leidtun, weil es einfach schon so viele Aufnahmen von beispielgebenden Interpretationen gibt. Da könnte man glauben, dass man unbedingt nach einem großen Vorbild gehen muss. Wenn man jung ist, orientiert man sich natürlich noch stark an anderen, aber irgendwann muss man seinen eigenen Weg gehen. Man soll keine Angst vor der medialen Rezension und den Mut haben, die eigene Interpretation zu verfolgen.

Im Rahmen des Jubiläums wurde eine 12-teilige CD-Box mit Konzertmitschnitten des Vereins veröffentlicht. Was bedeutet Ihnen diese CD-Sammlung?

Für die Werkauswahl konnte ich sehr tief in meine eigene künstlerische Vergangenheit eintauchen. Ich war überrascht von der Vielzahl an Werken, die ich aufgeführt habe. Diese intensive Beschäftigung mit der Vergangenheit hat mich auch persönlich gerührt, weil mir das Anhören der Aufnahmen die jeweiligen Konzerte wieder vergegenwärtigt hat. Ich musste aus über 100 CDs die für mich wichtigsten Aufnahmen auswählen. Daran habe ich ein ganzes Jahr gearbeitet. Die Box gibt nun einen Überblick über meine Arbeit und ist eine schöne Erinnerung zum Jubiläum.

Wie wird die CD-Box vom Publikum angenommen?

Das Publikum schätzt die CDs sehr. Sie werden auch international bis nach Japan verkauft. Allerdings konnten wir die CDs aufgrund der zahlreichen Konzertabsagen bisher leider nicht so bewerben wie geplant. Das werden wir aber bei den kommenden Gelegenheiten nachholen. Die CD-Box wird bei unseren Konzerten erhältlich sein.

Das Festival PFINGST KLANG ist ein alljährlicher Fixpunkt im Schaffen des Interpannonischen Concertvereins. Worauf darf sich das Publikum in diesem Jahr freuen?

Der diesjährige PFINGST KLANG ist eine Zusammenfassung verschiedener Schwerpunkte, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht wie geplant umgesetzt werden konnten. Darunter fallen Schwerpunkte zu Beethoven, Bruckner und Brahms. Im Juni werden wir im Rahmen des Festivals ausgewählte Stücke dieser Komponisten in Graz und Weiz aufführen. Von Beet­hoven wird beispielsweise die Fidelio-Ouvertüre zu hören sein, von Brahms das Violinkonzert mit dem großartigen Solisten Corey Cerovsek.

Bei den Pfingstkonzerten wird der Concertchor Graz-Maribor singen. Wie gestaltet sich diese länderübergreifende Zusammenarbeit?

Die Zusammenarbeit mit Maribor im Rahmen der Städtepartnerschaft ist für mich eine große Freude. Aleš Marcic aus Maribor ist beim Pfingstprogramm mein Chor-Assistent. Er ist ein herausragender Sänger und Chorleiter. Die nun schon einige Jahre bestehende Kooperation der beiden Konzertchöre hat sich wirklich bewährt, die entstandene Chorgemeinschaft konnte das Publikum seither immer wieder begeistern.    

Jubiläumskonzert
24.4.2022, 19 Uhr
Stefaniensaal, Congress Graz

Weitere Informationen unter www.interpannon.eu