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Zeichen des Aufbruchs

KULTUM-Leiter Johannes Rauchenberger vor den neuen Arkaden und dem Windstoß Nina Schuikis aus EINATMEN – AUSATMEN Foto: A. Hopper

Das Minoritenzentrum gehört in der steirischen Kunst- und Kulturszene schon seit langer Zeit zu den maßgebenden Kultureinrichtungen. Nun steht die Institution kurz vor dem Abschluss umfangreicher Umbau- und Erweiterungsarbeiten. Wir sprachen mit dem künstlerischen Leiter des KULTUM, Johannes Rauchenberger über den bevorstehenden Neustart.

Text: Stefan Zavernik

Wie kam es eigentlich dazu, dass Kunst in einem Kloster so viel Raum und Aufmerksamkeit erfährt?

Historisch war es so, dass der Minoritensaal erst Mitte der 1960er Jahre öffentlich kulturell genutzt wurde. Das war die Zeit der großen Vorträge nach dem Konzil. Auch erste Konzerte fanden statt. Ab 1965 gab es bereits eine „Galerie beim Minoritensaal“, die einer der ersten Orte für zeitgenössische Kunst in Graz war. Sie existierte bis 2009 – es waren dort noch in meiner Zeit herrliche Installationen zu sehen. 1974 war ein historisches Jahr: Das Gebäude war bereits so desolat, dass es an Kastner&Öhler verkauft werden hätte sollen, der Minoritenkonvent konnte für die Instandhaltung nicht mehr aufkommen. Da sprang die Diözese unter Bischof Weber ein und übernahm das ganze Gebäude, ein Jahr später begann Josef Fink mit Harald Seuter das „Kulturzentrum bei den Minoriten“, das ein einzigartiges Markenzeichen für Kunst und Kirche, Gesellschaftskritik, Theater, Literatur und Neuer Musik werden sollte. 30 Jahre lang war dann auch das Diözesanmuseum hier – bis 2009, als der damalige Wirtschaftsdirektor der Diözese das Mietverhältnis gekündigt hatte, das Gebäude fiel an den Konvent zurück. Das KULTUM aber blieb, wir hatten ganz kurzfristig neue Räume zu gestalten. Der Fokus auf Ausstellungen mit einem weit gefassten Religionsbezug wurde überregionales Markenzeichen. Nun, nach Abschluss der großen Renovierung, wird die Diözese mit dem Ressort „Bildung, Kunst und Kultur“ den Großteil des Gebäudes erneut wieder anmieten und Bildungs- und Kunsteinrichtungen hier bündeln. Es wird dabei auch ein reales Museum für Gegenwart, Kunst und Religion entstehen. Wenn das kein Aufbruch ist …

Foto: J. Rauchenberger

Die Arbeit des Kulturzentrums hat in den letzten zwei Jahrzehnten mit zahlreichen Projekten bewiesen, wie spannend die beiden Positionen Kunst und Religion zusammengeführt werden können. Inwieweit wird es zur Herausforderung, zeitgenössische Kunst im Rahmen eines Klosters zu präsentieren?

Dass Sie das so zusammenfassen, freut mich. Ja, das war ein Anliegen von mir, stimmt. Wir haben wirklich Großartiges machen können, sehr große wie auch sehr kleine Projekte, beides ist wichtig. Gerade jetzt, wo die gesellschaftlichen Bindungskräfte im Allgemeinen, aber auch bisherige Glaubenspraktiken eher implodieren als aufblühen, sind gerade solche Erzählungen, wie es dieser Ort markiert, so besonders. Religion, wie sie hier als interessant dargestellt wird, hat ja auch eine Bildgeschichte. Eine Wort- und Klanggeschichte sowieso. Gerade die erste Behauptung ist aber nicht selbstverständlich! Und diese Geschichte geht weiter. Natürlich weit jenseits solcher Einhausungen, wie es dieses Gebäude ja so markant behauptet. Auch in all ihren Widersprüchen. Auch dieses Gebäude ist so voller Widersprüche. Da ist die eigentliche Armut der Minoriten-Brüder und dort der reiche Saal. Da ist das Glücksgefühl, ebenda Musik oder sonst was zu hören und es steht „SILENTIUM“ darüber. Das war einst der Speisesaal der „armen Brothers“, doch Galadinner können sich dort höchstens potente Firmen leisten. Es ist nun alles top hergerichtet, das verlässlichste Personal stellen hier dennoch die Bettler dar.

Bauherr dieses Umbaus war der Minoritenkonvent, finanziert hat ihn vor allem das Land Steiermark, die Stadt Graz, der Minoritenkonvent selbst, das BDA, Sponsoren und Spender

In den letzten Jahren waren intensive Umbauarbeiten im Minoritenzentrum im Gang, die sich nun ihrem Ende zuneigen. Wie sehr hat sich das Zentrum verändert, erweitert, erneuert?

Es wurde vor allem das Niveau gesenkt (lacht), es wurden Mauern durchgebrochen, Autos verbannt und es wurden die Malereien staubbefreit. Aber vor allem ist ein Friede eingezogen, der so noch nie da war. P. Petru Farcaş als Bauherr war einfach dermaßen umsichtig und verbindend. Ein Kuratorium hat ihn wesentlich unterstützt.

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus dem Umbau nun für das Kulturzentrum?

Zunächst einmal die, dass wir wieder einladend sein können. Die „Macht des Ortes“ ist einfach auch sein Charme. Räume der kulturellen Öffentlichkeit wieder zurückzugeben, das ist zunächst einmal der wichtigste Auftrag.

Das Architekturbüro Domenig&Wallner hat den Umbau gestaltet
Foto: J. Rauchenberger

Mit der Ausstellung „Atem“ wurde dem neuen Minoritenzentrum quasi erstmals Atem eingehaucht. Welche Räume werden bespielt? Wie hat es sich angefühlt, die neuen Räumlichkeiten erstmals mit Leben, mit Kunst zu füllen?

Das war teilweise abenteuerlich, jedenfalls erweiternd, diskursiv und am Ende auch sehr existenziell: Atem ist vor allem auch ein „content“. Wir haben mehr oder weniger alles bespielt, sogar die Kirche. Die Ausstellung hat sich auch dauernd – je nach Fortschritt der Baustelle – verändert. Die Idee, dem alten Gebäude einen Atem einzuhauchen, ist wirklich aufgegangen.

Wie und wann wird das neue Minoritenzentrum offiziell eröffnet werden?

Mit den Vertretern des öffentlichen Lebens (Landeshauptmann, Bürgermeisterin, Bischof, etc.), den Verantwortlichen dieses Umbaus (Guardian, Kuratorium, Architekten, BDA etc.), den Spendern, Sponsoren etc. am 22. Jänner 2022.

Foto: J. Rauchenberger