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Großes Jubiläum mit „Veza & Marlen“

Ute Veronika Olschnegger als Marlen

Am 16. Oktober feiert das Theater im Keller mit einer Festpremiere sein 70-jähriges Bestehen. Zum Saisonauftakt gibt es geballte Frowenpower: Autorin Sophie Reyer über radikales Schreiben und weibliche Kraft.

Text: Wolfgang Pauker

Das TiK feiert 70-Jahr-Jubiläum. Was verbindet Sie mit dieser Theater-Institution?

Seit vielen Jahren bin ich dem TiK treu. Die Verbindung kommt noch aus der Zeit, als ich in Graz Komposition studiert habe. Damals war dieses tolle Theater das erste – und bis jetzt einzige –, das sich getraut hat, mein sprödes Stück Khundpfarrer aufzuführen, mit Alfred Haidacher in der Hauptrolle. Eva Weutz hat damals wunderbar und höchst sensibel Regie geführt. Die Liebe zu ihrer Arbeit ist mir bis heute geblieben. Wir haben auch Käfersucht gemeinsam gemacht und ich fand, dass man so eine Frauenzusammenarbeit mit zwei Frauenstücken feiern muss. Also habe ich ihr dafür Veza & Marlen vorgeschlagen.

Autorin Sophie Rexer
Foto: Hubert Scielecki

Sie widmen sich in zwei literarischen Untersuchungen gern übersehenen österreichischen Dichterinnen. Wollten Sie bewusst Licht auf im Schatten Stehende werfen?

Ja, ich sehe es als meine Aufgabe, Frauenbiografien allgemein bekannter zu machen. Veza Canetti war eine wunderbare Autorin und meiner Meinung nach in ihrer Sprache viel radikaler als ihr Mann, der den Nobelpreis gewonnen hat. Und auch Marlen Haushofer wird meines Erachtens unterschätzt.

„Veza, Asche“ behandelt Veza Canetti, deren literarisches Schaffen erst nach dem Tod ihres Mannes Elias größerer Aufmerksamkeit zuteilwurde. Wie stießen Sie auf die Autorin?

Meine Einstiegsdroge war der Roman Die Schildkröten, weil ich diese Tiere liebe und selbst einen gepanzerten Kasimir habe. Ich war so begeistert von der Radikalität der Sprache dieses Romans, dass ich danach all ihre Werke – viele hat sie ja leider selbst vernichtet – gekauft, mehrmals gelesen und analysiert habe.

In „Immer nie Himmel“ beleuchten Sie das Leben von Marlen Haushofer, deren 100. Geburtstag und 50. Todestag im Lockdown-März 2020 untergegangen ist. Was interessierte Sie an ihr?

Marlen Haushofer finde ich höchst spannend, da sie sich an Elemente der Science-Fiction und der Dystopie heranwagt – und dabei dennoch immer höchst literarisch und radikal bleibt.

Was verbindet diese beiden Autorinnen?

Wahrscheinlich vor allem der knappe, lyrische Stil, der jedes Fallwerk verweigert und sich einer radikalen Lesart aussetzt.

Die zwei Einakter werden in der Regie von Eva Weutz uraufgeführt. Hatten Sie Einfluss auf die Inszenierung?

Nein, zum Glück! Ich habe während meiner Zeit auf der Kunsthochschule für Medien in Köln versucht, Filmregie zu führen – und bin kläglich gescheitert. Das wäre bei Bühnenproduktionen auch so. Eva Weutz hat eine wunderbare Bildsprache, ich vertraue ihr da, gebe ihr alle Freiheiten und freue mich über den Reichtum, den sie meiner Arbeit hinzufügt durch ihre (weibliche) Kraft.

Katrin Ebner als Veza

Das Stück ist auch der Auftakt zu einer neuen Serie des TiK, die besonderes Augenmerkt auf emanzipatorische Bestrebungen legt. Hatten Sie das im Sinn, als Sie mit der Arbeit an den Texten begannen?

Ich habe nie viel im Sinn, wenn ich schreibe, meist ruft es mich wie von Geisterhand. Der Sinn kommt immer nachher. Und das ist ein toller Sinn, der Sinn macht! Ich finde es bemerkenswert, dass das Theater im Keller in Corona-Zeiten so ein Wagnis eingeht. Ein Mut, der sich bezahlt machen wird, daran glaub ich ganz fest!

Festpremiere „Veza & Marlen“

16. Oktober, 18 Uhr
Weitere Termine: 19., 21., 22., 27., 28.10.; 3., 4., 11., 18., 24.–27.11.2021,
jeweils 20 Uhr

www.tik-graz.at