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Kunstuniversität Graz: Großes Kino

Shootingstar und KUG-Absolvent Patrick Hahn. Foto: Ingo Hoehn

Es wird weiter gestreamt. Die Kunstuni Graz verspricht für den März ein spannendes Angebot an Online-Konzerten. Shootingstar und KUG-Absolvent Patrick Hahn dirigiert das KUG-Orchester. Zu erleben live auf der Wohnzimmercouch.

Text: Heimo Götz

Erst unlängst hat Staatsoperndirektor Bogdan Roščić im Interview mit einer Tageszeitung das Dilemma mit dem Live­stream auf den Punkt gebracht: Man erreiche damit „ironischerweise“ sogar viel mehr Publikum als im regulären Spielbetrieb. Und das Feedback sei enthusiastisch. Aber gleichzeitig liege eine große Traurigkeit über dem Ganzen: „Das Bedürfnis zu teilen ist unglaublich mächtig“, so Roščić. Ganz ähnlich der Befund einer – natürlich live gestreamten – Diskussionsveranstaltung, zu der die KUG aus Anlass von COVID-19 geladen hatte („Achtzig“ berichtete): Die soziale Dimension des Miteinanders ist im Kontext Kunst entscheidend, so ein wichtiges Fazit, nicht zuletzt im gemeinsamen Erleben während der Vorstellung, wie etwa Iris Laufenberg (Schauspielhaus Graz) betonte.

Auch an der KUG wird mit Freude beobachtet, dass das Livestream-Angebot sehr gut angenommen wird. Weit mehr Menschen als bisher erhalten so Gelegenheit, die künstlerischen Auftritte der Studierenden zu verfolgen – kostenlos und überall auf der Welt. Gerade für Menschen aus dem privaten Umfeld der zahlreichen internationalen Studierenden bietet das eine großartige, weil gänzlich neue niederschwellige Möglichkeit der Teilhabe. Zugleich wächst die Sehnsucht nach dem echten Live-Act. So steht der Beschluss, die im Jänner höchst erfolgreich gestreamte Schauspielproduktion Entwurf für ein Totaltheater, sobald es möglich ist, vor Publikum wiederaufzunehmen.

Bis dahin wird an der KUG weiter Programm vor der Kamera gemacht. Für die Studierenden ist das ebenfalls eine essenzielle Erfahrung. Und für das Publikum ein spannendes Angebot in diesen seltsamen Zeiten.

Patrick Hahn dirigiert das KUG-Orchester

„Heute die Sterne von morgen sehen“, lautete der Titel, unter dem die Universität im August 2020 ein umfassendes Porträt des Dirigenten Patrick Hahn brachte. Da war der 1995 in Graz geborene Musiker eben zum jüngsten Generalmusikdirektor Deutschlands berufen worden, ein Kinofilm, in dem seine erstaunliche Karriere nachgezeichnet wird, erlebte – unter strengen Corona-Sicherheitsregeln – seine Premiere. Regisseur Erwin Schwischay zeigt Hahn dort nicht nur als musikalische Ausnahmeerscheinung, sondern auch als unprätentiösen, ja geradezu bescheidenen Künstler, der Menschen mit seiner Leidenschaft zur Musik anzustecken weiß. Hahn ist ein Multitalent, er feiert als Dirigent wie als Komponist weltweit Erfolge, ist ein exzellenter Pianist und bringt – quasi zum Ausgleich – Menschen mit Georg-Kreisler-Songs zum Lachen.

Das KUG-Orchester spielt für die Kamera
Foto: Johannes Gellner

Mit 12 schrieb Hahn – das war in „Achtzig“ bereits zu lesen – seine erste Oper, deren Uraufführung er dann auch selbst dirigierte. Heute ist er ein trotz junger Jahre bereits erstaunlich erfahrener Musiker, der sich für den meist langwierigen Karriereweg im Musiktheater entschieden hat. Hahn, der seinen Master an der KUG bei den Dirigenten Marc Piollet und Wolfgang Wengenroth machte, begann diese Karriere als Solorepetitor an der Staatsoper Hamburg, wo er eng mit Kirill Petrenko zusammenarbeitete. Als Generalmusikdirektor wird er in Wuppertal der Oper und dem Sinfonieorchester als musikalischer Leiter vorstehen.

Umso erstaunlicher ist es, dass Patrick Hahn für ein Konzert mit dem Orchester seiner Universität nach Graz und an die KUG zurückkehrt. Am 25. März wird dieses um 19.30 Uhr per KUG-Livestream zu erleben sein.

Am Programm stehen „Zwei Kontinente“ – und das ist weniger geografisch als vielmehr musikalisch zu verstehen. Zu hören sind zwei Werke des US-Amerikanischen Musikpioniers Charles Ives (1874–1954) sowie ein Konzert für Violine und Orchester von Erich Wolfgang Korngold (1897–1957). Während Ives aufgrund seiner kompromisslos modernen Tonsprache erst posthum für sein visionäres Schaffen gewürdigt wurde, feierte der in Brünn geborene Korngold in Österreich große Erfolge als Opernkomponist (Die tote Stadt u. a.), bevor er vor dem NS-Rassenterror in die USA fliehen musste, wo er als Filmmusikkomponist zwei Oskars erhielt.

Weitere Highlights im KUG-Livestream

Den Start des KUG-Streaming-Programms im März soll die Kammermusik machen. Das Konzert „Zusammenspiel_plus“ bietet am 10. und 11. März große Musik aus Gegenwart und Moderne: Sebastian Fagerlund (*1972) und das TRIO TEMPESTOSO treffen im Programm auf Studierende von Wolfgang Wengenroth und ein Schlüsselwerk des frühen Arnold Schönberg: ­Pierrot Lunaire.

Am 17. März folgt, so es die Pandemie zulässt, „Chor_plus“ mit Werken von Petr Eben (Prager Te Deum für gemischten Chor, 4 Blechbläser, Pauken und Schlagzeug), Herwig Reiter (Tausendundein Morgen nach einem Text von Ingeborg Bachmann) und Leoš Janáček (Kinderreime für Kammerchor und 10 Instrumente). Es musizieren Studierende von Rahela Durič und Johannes Prinz. Letzterer zählte nicht nur zu den Lehrenden von Patrick Hahn, bei ihm hat auch der Schweizer Andreas Reize studiert, der unlängst Thomaskantor in Leipzig wurde – und somit der 18. Nachfolger Johann Sebastian Bachs.       

10. und 11.3.2021. jew. 19.30 Uhr
Zusammenspiel_plus
Sebastian Fagerlund: „Breathe“ (2005-6)

Trio Tempestoso
Arnold Schönberg: „Pierrot Lunaire“

Studierende von Wolfgang Wengenroth

17.3.2021, 19.30 Uhr
Chor_plus
Werke von Petr Eben, Herwig Reiter und Leoš Janáček
Studiochor der KUG Leitung, Chorleitung: Johannes Prinz und Rahela Durić

25.3.2021, 19.30 Uhr
Orchesterkonzert – Zwei Kontinente

Charles Ives: „Robert Browing Ouvertüre“, Erich Wolfgang Korngold: „Konzert für Violine und Orchester“, Charles Ives: „Symphonie Nr. 2“

Orchester der Kunstuniversität Graz, Dirigent: Patrick Hahn

www.kug.ac.at