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„Wir wollen Bewegung in die Stadt bringen“

Barbara Muhr Foto: Atelier Jungwirth

Als neue Vorständin der MCG wird Barbara Muhr vorrangig die Bereiche Sportstätten, Marketing, Personal und Recht managen. „Achtzig“ sprach mit ihr über Veranstaltungen im Pandemiejahr, langfristige Ziele für das Unternehmen und Visionen, um Graz weiterzuentwickeln.

Text: Stefan Zavernik

Wie war Ihr Einstieg in den Konzern inmitten der Krise?

Der Start war sehr gut, weil ich gar nicht das Gefühl habe, irgendwo neu zu sein. Das klingt vielleicht eigenartig, aber da ich die letzten 10 Jahre schon im Haus Graz gearbeitet habe und die MCG als Konzern immer ein wichtiger Teil davon war, bin ich innerhalb dieser Familie geblieben. Als Grazerin, die hier aufgewachsen ist, hatte ich ja wie jeder andere auch in irgendeiner Form immer Bezug zur Messe. So gesehen war es ein sehr harmonischer Start und ich wurde äußerst freundlich aufgenommen.

Die Corona-Krise hat speziell den Veranstaltungsbereich besonders hart getroffen. Wie geht es der MCG in dieser schwierigen Situation?

Wir konnten einige für uns sehr wichtige Veranstaltungen aufgrund von Restriktionen der Bundesregierung nicht durchführen, wie etwa die Grazer Herbstmesse oder die „Für immer jung“-Messe für Vorsorge und aktive Lebensgestaltung. Auch die Europameisterschaft der Berufe, die EuroSkills, die ein Highlight des Jahres 2020 werden hätte sollen, musste verschoben werden. Insofern spüren wir Corona sicher mehr als manch anderer im Veranstaltungsbereich. Es gibt aber auch Bereiche, wo es besser läuft. Der Sportbereich funktioniert einigermaßen gut, die Fußball-Bundesliga ist so wie die Eishockey-Meisterschaft wieder intakt. Auch im Kulturbereich gab es trotz Krise Erfolgserlebnisse, etwa mit den Konzerten des Grazer Musikvereins, der sich in den letzten Monaten bis zum zweiten Lockdown wie ein Fels in der Brandung präsentiert hat. Dieses Engagement ist wirklich ein Grund zur Freude.

Die MCG konnte in den letzten Jahren eine Reihe an Erfolgsausstellungen auf die Grazer Messe holen (Foto: Marija Kanizaj)

Die Situation bleibt schwierig. Wie gestalten sich die Planungen für 2021?

Sehr schwierig. Die EuroSkills Anfang Jänner mussten erneut verschoben werden und wir werden erst sehen, wie wir sie nachholen können. Wir planen momentan, soweit es uns möglich ist, weil man natürlich auch planen muss und die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt. Aber ab wann es wieder einen Normalzustand geben wird können, steht offen.

Wie zurückhaltend sind Veranstalter mit ihren Buchungen bei der MCG?

Bei der leider abgesagten Herbstmesse waren wir sehr gut gebucht, aber keiner weiß aktuell, was aus Veranstaltersicht morgen oder übermorgen passiert. Das Einzige, was derzeit fix ist, ist die völlige Planungsunsicherheit – und damit muss man als Manager umgehen.

Vor wenigen Wochen wurde die Eishalle B in Liebenau fertiggestellt. Insgesamt 9,2 Millionen Euro wurden investiert. Was kann die neue Eishalle?

Die neue Eishalle B ist eine wertvolle Ergänzung zur großen Eishalle A, womit wir jetzt einen wahren Eissport-Cluster in Graz haben. Und das in einer Stadt, die bekannt ist für seinen Genuss-, Auto- und Holzcluster. Wir können mit Stolz sagen, dass wir in puncto Eissport mit der zweiten Halle nun federführend sind – sowohl für den Breitensport wie auch für den Publikumslauf, aber auch für professionelle Matches. Eine wunderbare Ergänzung zur großen Halle mit eigener Shooting-Range, eigener TV-Übertragungsmöglichkeit etc.

Die neue Eishalle B (Foto: Werner Krug)

Spannend wird die Namensgebung der neuen Eishalle. Wann soll der Name feststehen?

Wir nennen sie aktuell noch ganz pragmatisch Eishalle B. Aber ich glaube, man muss hier der Merkur Versicherung, dem Hauptsponsor, Respekt zollen, die sowohl das Fußballstadion als auch die Eishalle A gebrandet hat. Diesbezüglich werden demnächst Gespräche stattfinden, ob sich die Merkur nicht auch hier verwirklichen will.

Erstmals groß in Szene gesetzt wird die Eishalle 2021 im Rahmen des Grazer Sportjahres. Was erwarten Sie sich persönlich von diesem Großprojekt?

Vom Projekt des Sportjahres erwarte ich mir sehr viel! Nämlich dass am Ende des Tages mit Graz nicht nur der Schloßberg als Wahrzeichen oder die GenussHauptstadt verbunden wird, sondern dass man auch an eine Vorzeigestadt in Sachen Sport denkt. Wir beteiligen uns hierfür an der internationalen Ausschreibung von Global Active Cities, einem Zusammenschluss von Städten, die aufgrund besonderer Kriterien zertifiziert werden und für die vor allem Sport, Gesundheit und Ernährung eine wichtige Rolle spielen. In erster Linie ist es unser Bestreben, dass jeder Grazer und jede Grazerin, egal welchen Alters, die eigene Stadt von der sportlichen Seite noch viel besser kennenlernt. Wir wollen im wahrsten Sinne des Wortes Bewegung in die Stadt bringen.

Welche langfristigen Ziele haben Sie für die MCG als Austragungsort von Sportveranstaltungen?

In erster Linie wollen wir im Bereich Sport und Sportstätten Synergien leben, vor allem auch zwischen den großen Vereinen. Hier ist es definitiv beschlossen, dass wir in absehbarer Zeit kein zweites Fußballstadion bauen werden – auch aufgrund des Rechnungshofberichtes. Es ist logisch, dass im Sport Rivalität und Konkurrenzkampf herrschen, aber ich glaube, dass es genauso Synergien gibt, die den Vereinen selbst nutzen würden.

Eine der MCG Sportstätten: die Merkus Arena (Foto: Werner Krug)

Haben Sie auch Visionen, wenn es um das zukünftige Freizeitangebot der MCG geht?

Definitiv. Wir werden uns dem Thema Naherholung verstärkt widmen und schauen, was wir im unmittelbaren Umfeld von Graz entwickeln können. Es geht hier darum – wie in anderen europäischen Städten auch – zusätzliche Sportinfrastruktur zu schaffen, die in der Form in der steirischen Landeshauptstadt noch nicht da war. Letzten Endes geht es auch darum, Sport neu zu denken.

Wie stehen Sie zur Idee Olympia in Graz?

Total positiv, denn das wäre eine riesige historische Chance, vor allem auch im Sinne der Wertschöpfung – hier hängt von der Wirtschaft über den Tourismus, auch was die Reputation mit diesem Großprojekt betrifft und vieles mehr, einfach unglaublich viel dran.

Mit Ausstellungen und Konzerten am Messeareal wurde die MCG in den letzten Jahren auch als Veranstaltungs­location im Kunst- und Kulturbereich enorm weiterentwickelt. Sehen Sie hier weiteres Potenzial?

Auf jeden Fall. Ich glaube, man sollte gerade durch die Lehren der Pandemie noch viel kreativer werden und Denkverbote sollte es ganz grundsätzlich nie geben. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Tina Turner im alten Liebenauer Stadion oder Herbert Grönemeyer in der Eishalle gesehen habe. Allein daran sieht man, dass wir noch viele weitere Möglichkeiten haben – sei es Freiluft oder Indoor –, um zusätzliche innovative Konzertlocations zu schaffen. Und ja natürlich, alles was Graz an Persönlichkeiten aus dem internationalen Showbusiness anlocken kann, bringt auch eine gewaltige Wertschöpfung mit sich. Deswegen wollen wir natürlich, so sich die Corona-Krise beruhigt haben wird, entsprechend nachsetzen. Es ist entscheidend, für die Stadt Graz möglichst „coole“ Projekte zu finden, und es ist unsere tägliche Aufgabe, die Stadt so gut wie möglich zu „rocken“.

Immer ein Highlight: Konzerte im Grazer Stefaniensaal (Foto: Gabrielle Motola)

Gibt es Ideen, die Veranstaltungsorte und -formate der MCG zu erweitern?

In meinem Bereich ist der Schwerpunkt, in erster Linie den Sport auszubauen und noch mehr in der MCG zu verankern. Wir arbeiten auch an einer neuen Sportstrategie, aber all das braucht ein bisschen Zeit und ich denke, dass die MCG gerade im Sport unglaublich viele Möglichkeiten hat. Weil der Sport, wie eingangs gesagt, auch dann noch stattfindet, wenn es rundherum Absagen hagelt. Kernaufgabe des Managements ist es aber auch nachzudenken, ob es neue Settings, etwa in Form von Hybridveranstaltungen braucht. Wir reden immer von Digitalisierung – dann kann man durchaus auch Veranstaltungsformate neu denken. Wieso nicht ein Teil digital, ein Teil live? Die Welt wird nach der Pandemie nicht mehr die gleiche sein wie davor und die Challenge ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen und darauf zu reagieren.