Start Kunst & Kultur Kulturherbst im Herzen des Schilcherlandes

Kulturherbst im Herzen des Schilcherlandes

Burg Deutschlandsberg Foto: Steven Haberland

Von frühgeschichtlichen Ausstellungen in einer mystischen Felsenburg über Virtuosen am Klavier bis zu innovativem Theater – die Auswahl an unterschiedlichsten Kulturveranstaltungen in Deutschlandsberg ist groß.

Text: Wolfgang Pauker

Deutschlandsberg ist im Herbst einen Besuch wert. Denn so bunt wie die Natur präsentiert sich auch das reichhaltige Kulturangebot.

Sichtbares Wahrzeichen der Region

Wo man im finsteren Mittelalter auf einer geschützten Felsklamm eine kleine, aber umso prunkvollere Höhenburg errichtete, steht heute – nach zahlreichen Um- und Ausbauten – mit der Burg Deutschlandsberg ein überregionales Ausstellungszentrum mit großer Strahlkraft. Kulturelles Herzstück ist das Museum „Archeo Norico“, in dem man in acht permanenten Ausstellungen mit über 5.000 Exponaten Geschichte lebendig werden lässt. Unzählige Schätze aus der Vor- und Frühgeschichte, Weihegaben an die Götter, antiker Gold- und Bronzeschmuck der Kelten und Römer sowie historische Feuerwaffen bis hin zu einer Folterkammer im Burgverlies können hier bestaunt werden. Auch der Weg vom Waldglas hin zum ersten Industrieglas wird in einer Schau nachgezeichnet, womit der großen Glasmachertradition der Region Südweststeiermark Tribut gezollt wird. Neben den Ausstellungen ist auch ein Streifzug durch die Festung ein Erlebnis. Mystisch mutet sie an, die alte Felsenburg, die man auf dem neu errichteten Rundweg durchwandelt und von deren Aussichtsturm man einen exklusiven Blick bis weit nach Slowenien genießt. Aber auch in nächster Nähe, im Boden rund um die Burg, schlummert Sehenswertes. Bis heute dauern die Ausgrabungen am Burggelände an und es lohnt sich, den Archäologen direkt bei der Arbeit über die Schulter zu blicken – mit etwas Glück erspäht man hautnah die neuesten Fundstücke.

Ausstellungsstück
Foto: Werbeagentur Caro

Bilder eines innovativen Geistes

Neben den Dauerausstellungen in der „Südweststeirischen Schatzkammer“ zeigt man in der Dr. Hellmut Czerny Galerie des Burgmuseums wechselnde Sonderausstellungen unterschiedlicher Disziplinen. Aktuell widmet man sich dem Visionär Erzherzog Johann. Die Schau, die an die wohl berühmteste Liebesgeschichte der Steiermark zwischen dem Habsburger und der Bürgerlichen Anna Plochl sowie den 160. Todestag des Erzherzogs erinnert, zeigt durch ein noch nie der Öffentlichkeit zugänglich gemachtes Grafikkonvolut sowie Leihgaben aus Privatbesitz das von Innovationsgeist geprägte Leben des „Steirischen Prinzen“.

Die Sonderausstellung Bilder eines innovativen Geistes zeigt das Leben des „Steirischen Prinzen“ Foto: Steven Haberland

Neben einem vorausschauenden Geist zeichnete ihn auch seine Liebe zur Natur aus und wer in die Gegend rund um die Burg blickt, kann die Leidenschaft fürs „Lustwandeln“ des Erzherzogs nachvollziehen. Unbedingt einplanen sollte man deshalb eine kleine Wanderung durch die unter Naturschutz stehende „Klause“, einem wildromantischen Schluchtwald, den man auf einem Gehweg entlang des Wasserverlaufs der Laßnitz erkundet. Etwas schneller geht der Aufstieg über die Stufen des Jakobiweges am Osthang oder unkompliziert mit dem Auto bis direkt vor die Burg. Ein Besuch ist zugleich auch immer eine schöne Möglichkeit, um einen Stop bei einer der naheliegenden Buschenschänken einzulegen, wo weststeirische Schilcherkultur auf hausgemachte Jausen-Spezialitäten trifft. Ebenfalls eine gute Gelegenheit, um nach einem Museumsbesuch die Gegend kulinarisch auszukosten, ist das mit einer Haube ausgezeichnete Burgrestaurant auf dem Festungsgelände. Wer gleich über Nacht bleiben möchte, dem bieten die Zimmer des zugehörigen Burghotels – mit Stilmöbeln und Antiquitäten eingerichtet – entsprechenden Charme des historischen Baus, der auch idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die sogenannte Schlösserstraße ist.

Im Burgmuseum Archeo Norico wird in acht permanenten Ausstellungen mit über 5.000 Exponaten Geschichte lebendig gemacht. Foto: Werbeagentur Caro

Herbstlicher „Saitenzauber“

Deutschlandsberg genießt seit geraumer Zeit den Ruf einer „heimlichen Kulturstadt“. Dafür maßgeblich mitverantwortlich ist der 1972 gegründete Kulturkreis der Stadtgemeinde – unter der Schirmherrschaft von Prof. Barbara Faulend-Klauser. Seite 25 Jahren veranstaltet die unermüdliche Kulturmacherin den „Deutschlandsberger Klavierfrühling“ und holt damit Jahr für Jahr die internationale Pianistenelite in die Schilcherstadt. Auch abseits dieses musikalischen Highlights gilt Deutschlandsberg als heimliche „Klavierhauptstadt“ der Steiermark. Im Herbst verwandelt nun die Konzertreihe Saitenzauber, an dem Streichinstrumente und Klavier gleichermaßen erklingen, die Musikschule Deutschlandsberg zum Glücksfall für Liebhaber klassischer Musik. Den Auftakt der Konzertreihe, die an neun Abenden nicht weniger als 23 Komponisten präsentiert, machte das renommierte Minetti Quartett – ein in Wien beheimatetes Streichquartett, das Werke von Brahms und Schostakowitsch zur Aufführung brachte. Ihm folgt am 19. Oktober die große russische Pianistin Elisabeth Leonskaja mit Werken von Chopin und Schubert.

Elisabeth Leonskaja
Foto: Julia Wesely

Ein Highlight im Herbst wird das Konzert des Altenberg Trio Wien, das sich in einem neuen Zyklus auf musikalische Spurensuche macht und Querverbindungen zwischen Gershwin und Kerngold, die beide trotz unterschiedlicher Herkunft die USA musikalisch mitgeprägt haben, herstellt. Jedes der Konzerte des Saitenzauber ist klug konzipiert, sodass ein schillerndes und farbenreiches, aber sorgfältig ausgewogenes Mosaik geboten wird, in dem 250 Jahre Musikgeschichte lebendig werden. Wer nun aber denkt, in Deutschlandsberg lauscht man nur den Tönen der Hochkultur, der irrt. Mit der Konzertreihe Live vorm Rathaus mit Rock-, Pop-, Soul- und Blueskonzerten verschreibt man sich auch musikalisch der Vielfalt und verwandelt den Rathausplatz im Sommer zu einer stimmungsvollen Open-Air-Bühne bei freiem Eintritt.

Innovatives Theater in Deutschlandsberg

Dass Deutschlandsberg auch Theaterstadt ist, liegt am ambitionierten „theaterzentrum“, welches sich 1981 aus verschiedenen lokalen Gruppen formierte. Rund acht Eigenproduktionen unter Einbeziehung professioneller Regisseurinnen und Bühnenbildner pro Jahr zeichnen sich durch fortschrittliches, inhaltlich relevantes oder formal interessantes Theater aus. Daneben wird Nachwuchsarbeit in Form von Kinder- und Jugendgruppen für junge Menschen von 6 bis 18 Jahren forciert und Weiterbildung im Bereich Schauspiel und Regie angeboten. Auch in der Spielzeit 2019/20 gibt es für die Jüngsten wieder die Möglichkeit, „die Bretter, die die Welt bedeuten“, selbst zu erobern. Doch bevor die Jugendproduktion GODISNOWHERE, ein ambitioniertes Stück über Österreich kurz nach dem Anschluss an Hitler-Deutschland, am 18. Oktober Premiere feiert, zeigt man in der Neuen Schmiede noch bis28. September Daniel Knoppers Stück Hekabes Söhne. Die freie Bearbeitung des antiken Sagenstoffes rund um den Krieg um Troja, die sich dessen Figurenreichtums bedient, baut sich rund um seine zentrale Dichotomie auf: Krieg und Frieden.

Die Jugendproduktion „wegtreiben“ wurde für den STELLA19-Darstellerischer.Kunst.Preis für junges Publikum nominiert.
Foto: TZ