Start Kunst & Kultur Kunst am Fifteen Seconds Festival: Vier Tage Vogelgezwitscher

Kunst am Fifteen Seconds Festival: Vier Tage Vogelgezwitscher

Foto: Lipp Zahnschirm

Einmal mehr wurde das Fifteen Seconds Festival mit Kunst bespielt. „Oh please do“ regte auch heuer wieder zu Diskussionen an.

Das Fifteen Seconds Festival in der Grazer Stadthalle ist ein Mekka für Inspiration, Wissens­transfer und Networking. Die Eckdaten der Veranstaltung sind imposant: 6.000 Wissbegierige aus aller Welt, 300 Speaker von global erfolgreichen Unternehmen und Organisationen, acht Bühnen und sechs verschiedene Talk-Formate im Spannungsfeld von Business, Science, Mobility, Technology … und Kunst! Seit dem Jahr 2014 findet das Spektakel in der steirischen Landeshauptstadt statt, seit 2016 ist auch die bildende Kunst ein fixer Bestandteil des Festivals. Verantwortlich dafür zeichnet Armin Pichler, der die Pop-up-Galerie „Oh please do“ organisiert.

Panel-Diskussion mit v.l.: A. Piansi, K. Karner und A. Pichler.
Foto: Lipp Zahnschirm

Zehn junge wie auch renommierte steirische Künstlerinnen und Künstler, einen Art Market, Kunstperformances und ein Diskussionspanel zum Thema „stARTup“ auf der Start-up Stage umfasste das vom freischaffenden Künstler kuratierte Programm in diesem Jahr. Auf einer Fläche von über 500 m2 bespielte er vier Wände, nützte die Räumlichkeit für skulpturale Arbeiten und schaffte auf rund 100 m2 die Basis für die Performances mit dem Titel Vier Tage ­Vogelgezwitscher von Karl Karner. Der 1972 in Feldbach geborene Karner ist vor allem bekannt für seine amorphen Aluminiumskulpturen und skurrilen Performances. So geschehen auch beim Festival, wo er Schamottzylinder auf einem großen schwarzen Teppich versammelte, teilweise noch in Verpackungsplastik gehüllt, daneben eine große, bunte Skulptur. Zwischen dem Schamott auf dem Teppich: Hammer, Stanleymesser, Joghurts, Eier, Ton, Erdbeeren und Strumpfhosen. Strumpfhosen? Ja, denn Karner ist auch Start-up. Unter dem Labelnamen KSpositiv druckt er seine Zeichnungen auf Wolford-Strümpfe und kreiert Kunst, die man anziehen kann.

Performance von Karl Karner.
Foto: Lipp Zahnschirm

Ein Potpourri der Formen und Stile

Ebenfalls zu sehen war die Skulptur Skyline aus dem Zyklus Die neue Strichlichkeit – Als der Strich begann, den Raum für sich zu entdecken des Grazers Wolfgang Becksteiner. Metallstäbe, mit Gips und Lack zu Strichen getarnt, stapelten sich willkürlich in die Höhe und eroberten den Raum. Unmittelbar daneben präsentierte Becksteiner eine Gemeinschaftsarbeit mit Armin Pichler (meapi): 22 schwarze Gehirne aus Gips – in jedem steckte eine 7,62-mm-­Patrone, handgeschnitzt aus bunten Ölkreiden – wirkten an der Wand montiert wie schwebend.

Altmeisterlich, mit Öl und Eitempera malt hingegen Josef Florian Krichbaum (JFK) seine detaillierten und romantisch anmutenden Werke. Vertreten durch die Grazer Bakerhouse Gallery, fanden seine Bilder erstmals auf das Fifteen Seconds Festival. Für Aufsehen sorgten auch die Arbeiten von David Leitner. Schwarze Müllsäcke stapelten sich vor einer Wand, sodass sie teilweise die drei Bilder mit den Titeln Burkina Faso, Ethiopia und Ivory Coast verdeckten.

Foto: Lipp Zahnschirm

Zu sehen war auch der aus St. Margarethen a. d. Raab stammende Alessandro Painsi. Der 23-Jährige lebt und arbeitet in Aalborg, Dänemark, und begeisterte mit seinen teils großformatigen Ölbildern: Spontan, mutig und emotional transportiert der charismatische Künstler seine Messages. Gefunden haben sich auch die junge Grazer Künstlerin Pia Pivec und die Les Editions Artfabriek von Robert Uranitsch. Ihre digitalen und architektonischen Montagen von Fassaden, minimiert und auf den Punkt gebracht, werden in den gängigen sozialen Medien bereits seit langem gefeiert.

Eindrucksvoll wirkten die Arbeiten auch in der Grazer Stadthalle: In stattlicher Größe mittels Gicléedruck auf Fineart-Papier gebracht. Auch die Randkunst-Ateliers waren mit Jörg Rath erstmals bei der Ausstellung vertreten. Und das völlig zu Recht: Seine detaillierten Zeichnungen, in Schwarzweiß gehalten, zeigten ungeschminkt und explizit die Gedankenwelt des Künstlers. Mit Untitled/(Get rid of your tongue), 2019, einer Arbeit, die dieses Jahr bereits im Grazer Künstlerhaus als Teil einer international besetzten Gruppenausstellung zu sehen war, zeigte Markus Sworcik abgetrennte Fake-Zungen aus Silikon als Metapher eines menschlichen Organs, das sowohl für transportierte Sinnlichkeit als auch auf die oftmals schwierige Kommunikation in digitalen Medien verweist. Auch vertreten war Nicole Wogg, deren große Leidenschaft dem Zeichnen und Collagieren gilt. Die junge Steirerin, die nach dem erfolgreichen Abschluss der Universität für angewandte Kunst in Wien nach Graz zurückkehrte, arbeitet an der Grenze von Analog und Digital und schafft so atemberaubende Werke.

Foto: Lipp Zahnschirm