Start Kunst & Kultur Susanne Wenger: Aus Graz in den Heiligen Hain von Oshogbo

Susanne Wenger: Aus Graz in den Heiligen Hain von Oshogbo

Susanne Wenger

Die Grazer Künstlerin Susanne Wenger wanderte 1950 nach Nigeria aus, wandte sich der Yoruba-Religion zu und wurde Priesterin, gründete die archaisch-moderne Kunstschule „New Sacred Art“ und wurde als Hüterin des „Heiligen Hain der Göttin Osun“ in Oshogbo zur großen Autorität. Die Ende der 1950er-Jahre von ihr zusammen mit lokalen Künstlern geschaffenen Skulpturen gehören heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Anlässlich ihres 100. Geburtstags veranstaltet die Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik ein Symposium. Parallel dazu laufen zwei Ausstellungen in der galerie remixx und im Schaumbad.

susanne_portraets_10_web_01915 als Kind österreichisch-schweizer Eltern in Graz geboren gehört Susanne Wenger zu den außergewöhnlichsten (Künstler-)Persönlichkeiten, die Österreich je hervorbrachte. Sie studierte unter Herbert Boeckl an der Akademie der bildenden Künste Wien und war Gründungsmitglied des legendären Art Club. Ihr Atelier diente Kulturschaffenden von Maria Lassnig über Friedensreich Hundertwasser bis H.C. Artmann als Treffpunkt. 1950 wanderte sie nach Nigeria aus, wo sie zur Obatala Priesterin geweiht, später auch in den Kult der Oshun initiiert wurde und zu einer der letzten Autoritäten dieser Tradition aufstieg. In Oshogbo, einer Stadt mit 300.000 Einwohnern und heutige Hauptstadt des Oshun State, entstand unter ihrer Leitung in jahrzehntelangem Wirken an den Ufern des Oshun-Flusses der Heilige Hain: eine Symbiose aus Architektur, Plastik, Malerei, Spiritualität, Natur und Kunst. Seit 2005 gehört er zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Kunst ist Ritual

Susanne Wenger beim Arbeiten an einer Skulptur. Fotos: Susanne Wenger Foundation
Susanne Wenger beim Arbeiten an einer Skulptur.
Fotos: Susanne Wenger Foundation

Der Heilige Hain von Oshogbo ist ein großes Werk, eine im Einklang mit der Natur orientierte Kunst mit radikal fremder, monumentaler, wild naturhaft expressiver Architektur der höhlenartigen Innenräume und riesenhaften Skulpturen inmitten von Urwald. Während der Arbeit in den „sacred groves“ verlor für Susanne Wenger die Unterscheidung der Gattungen wie Architektur und Plastik immer mehr an Bedeutung, wie auch in ihrem Verständnis Religion, Mythos, Spiritualität, Philosophie und Kunst zu einem unauflöslichen Ganzen verschmelzen. „Schöpferisches Denken und Kunst sind nicht messbar, sind sie doch Zeugnisse der Wahrheit und diese Wahrheit, die eine Wahrheit, hat viele Gesichter“, so die 2009 verstorbene Künstlerin. „Durch Susanne Wengers Leben und Arbeit in Afrika entwickelte sich, in völlig neuer, globalkultureller Symbiose, die gleichzeitige Erhaltung und Neuaufladung von Tradition und Moderne. Ästhetisch und geistig verschmolzen im Gesamtkunstwerk: die Künstlerin, die mehr erreicht hatte als jeder missionarische Kulturexport“, so Wolfgang Denk, der Wengers Werk betreut und beim Symposium anwesend sein wird.

Text: Wolfgang Pauker

 

Symposium zum 100. Geburtstag von Susanne Wenger

„Kunst ist Ritual, oder es ist keine Kunst“

Samstag, 7. November 2015

Studio KI, Burggasse 9, 2. Stock, 8010 Graz

 

Programm:

11 Uhr Eröffnung mit Martina Schröck (Vizebürgermeisterin), Lisa Rücker (Kultur-Stadträtin), Kurt Flecker (Landtagspräsident a. D.), Günter Eisenhut (Galerist, Kurator)

Günter Eisenhut: Die Grazer und Wiener Jahre von Susanne Wenger in Bild und Ton.

Brigitte Borchhardt-Birbaumer und Alexandra Schantl: Paris und Nigeria. Eine europäische moderne Künstlerin in Afrika.

13.45 Uhr Luisa Francia / Hans Nevidal: Die Schreine der Susanne Wenger / organische Architektur. / Eva Ursprung.

15.45 Uhr Magdalena Frey und Heinz Cibulka: Fotodokumentation des Werkes

Wolfgang und Martha Denk: Kunst und Ritual – Ein Leben voller Schwierigkeiten und Erfolge.

18 Uhr: Besuch der Ausstellung in der galerie remixx (Herrengasse 7, Stiege 1, 8010 Graz)

19 Uhr: Besuch der Ausstellung im Schaumbad (Puchstraße 41, 8020 Graz)