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„STUDIO PERCUSSION ist mein künstlerisches Lebenswerk“

Günter Meinhart startet heuer in sein letztes Jahr als Kopf des STUDIO PERCUSSION graz Foto: Peter Purgar

Mit zwei neuen Produktionen und einem Wiederaufgreifen von Vorhandenem startet Günter Meinhart in das 45. und letzte Jahr als Kopf des Ensembles STUDIO PERCUSSION graz.

Vor 45 Jahren haben Sie das Ensemble STUDIO PERCUSSION gegründet, mit dem Sie bis heute unterschiedlichste Projekte realisieren. Wie sehr hat sich das Ensemble über die Jahre verändert?

Der Anfang war geprägt vom Wunsch, in kleiner Besetzung zu spielen und sich mit neuer Musik auseinanderzusetzen. Wir haben versucht, die aktuelle Schlagzeugmusik, die in den 80er und 90er Jahren entstanden ist, nachzuspielen. Das war Neuland und hier haben wir uns wahnsinnig wohl gefühlt. Mittlerweile ist es eher so, dass wir eigene Produktionen entwickeln, in denen wir zwar auch auf vorhandene Kompositionen zurückgreifen, aber sehr viel aus dem Ensemble heraus entsteht. Seit Anfang der 2000er Jahre haben wir uns hin zu abendfüllenden Programmen entwickelt. Unsere Lust an radikalen Stücken hat abgenommen und wir wurden wesentlich publikumszugänglicher.

Eines der großen Highlights im Jubiläumsjahr ist die Produktion „XXX – UNSER PLATZ IM UNIVERSUM“, die im Rahmen des PSALM-Festivals uraufgeführt wird. Welche Idee steckt dahinter?

Ausgangsbasis war, dass ich über den Schlagzeuger Roland Hanslmeier dessen Vater, den Astrophysiker Arnold Hanslmeier, kennengelernt habe, der in einer unglaublich großen Art denkt, nämlich geradezu in die Unendlichkeit. Und diese Unfassbarkeit, über das Universum nachzudenken, hat mich fasziniert und angeregt, darüber nachzudenken, wie verloren wir auf diesem „Kugerl“ hier sind und mit welcher unglaublichen Geschwindigkeit wir durch das All sausen. Um dem Publikum hierfür ein Gefühl zu vermitteln, wurde das Stück entwickelt, in dem sehr auf die Virtuosität von uns als „Handwerker“ gesetzt wird. Dr. Hanslmeier, eine echte Koryphäe, wird auf der Bühne erzählen, während wir Musiker in unserem künstlerischen Bereich die passende Musik kreieren. Es ist quasi eine kosmische Oper, in der die Unendlichkeit heruntergebrochen wird und wir uns Gedanken machen sollen über den Schutz dieses Planeten.

Wo sehen Sie unseren Platz im Universum?

Ich sehe uns in einer unglaublich privilegierten Position. Uns wurde – von wem auch immer – ein Lebensraum zur Verfügung gestellt, der ein Paradies ist. Aber wir können nicht damit umgehen. Und in meinem Alter kann ich mir darüber Gedanken machen und kann versuchen, diese Gedanken künstlerisch umzusetzen.

STUDIO PERCUSSION graz
Foto: SP

Im April spielen Sie im Greith-Haus in der Südweststeiermark das Konzert „FACES & PLACES“. 14 Musiker und Sänger*innen aus 6 Nationen werden dabei die Lebensgeschichten von fünf Musiker*innen aus Burkina Faso, Serbien, Venezuela, Syrien und Kuba erzählen. Wie entstand dieses Projekt?

Diese Produktion wurde bereits vor längerer Zeit bei La Strada uraufgeführt und wird nun in teilweise geänderter Aufstellung der Musiker neu gezeigt. Man soll in dem Konzert etwas über die Menschen und ihre Geschichten erfahren, wodurch die Musik noch viel intensiver erlebbar wird. Das ist eine sehr intensive, aber sehr unterhaltsame Produktion, die zum Nachdenken anregt, aber dennoch sehr zugänglich ist.

Zum Abschluss des Jahres 2024 steht das Projekt „THE ENDLESS BEAT“ am Programm. Was erwartet das Publikum?

STUDIO PERCUSSION graz war für mich lebensbegleitend, so etwas wie die Leinwand für den Maler, auf der ich mein künstlerisches Bild malen konnte. Seit den 70er Jahren bin ich der damals entstandenen „Minimal Music“ zugetan, die im Unterschied zur symphonischen Musik von nirgends herkommt und nirgends hingeht. Und dieses Konzert steht für mich für eine gewisse Endlosigkeit, die sich auf das STUDIO PERCUSSION graz überträgt und offenlässt, wie die junge Garde damit weitermachen wird. 13 Musiker*innen werden auf der Bühne stehen und eine Bestandsaufnahme geben, wo das Studio aktuell steht und wohin es in Zukunft fließen könnte.

Mit der „KLANGWELT 60+“ haben Sie eine in Österreich einzigartige Musikausbildung ins Leben gerufen. Welche Motivation steckt dahinter?

Wir unterrichten in dieser Musikschule 20 verschiedene Instrumente – aber eben nur für Menschen im Alter von 60+. Über die Jahre ist die Nachfrage regelrecht explodiert. Es hat sich zu einem Herzensprojekt entwickelt und es ist wahnsinnig befriedigend zu spüren, was die Menschen in dieser Ausbildung zurückgeben. Das Projekt wird mit der KLANGWOCHE 60+ in Ossiach heuer eine weitere Steigerung erfahren, wenn wir die Musik gemeinsam mit dem Thema Bewegung und Gesundheit in Verbindung setzen. Musikalische Improvisation ist dabei auch ein großes Thema.

Wie schwierig ist es, sich aus dem Lebenswerk zurückzuziehen?

Ich setze mich viel mit den Gedanken von Anselm Grün auseinander und habe viel übers Loslassen gelernt. Zudem habe ich großen Respekt und Vertrauen in die nächste Generation und glaube, dass meine Systeme so gut aufgestellt sind, dass man damit gut weiterarbeiten kann. Ich möchte hinkünftig für mich die Möglichkeit schaffen, die Vergangenheit mit gutem Gewissen abzuwerfen und den Kopf für mich selbst freizubekommen.  

Open Stage der KLANGWELT 60+
3.3., 17 Uhr, Tube´s

XXX – UNSER PLATZ IM UNIVERSUM
24.3., 19 Uhr, List Halle

FACES & PLACES
6.4., 20 Uhr, Greith-Haus, St. Ulrich/Greith

THE ENDLESS BEAT
25.–30.11., Tournee

www.studiopercussion.com