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Maria Legats Installation „Jeder ist Mutter II“ vor ihrer Arbeit „Ende gut“ in der Kunsthalle Feldbach Foto: Raphael Daum

Verborgene Räume, Beteiligungsräume, Möglichkeitsräume, Denkräume und virtuelle Räume stehen im Fokus des Frühjahresprogramms der Steirischen Kulturinitiative.

Einprägsame Räume, wie die Kunsthalle Feldbach einer ist – eine stillgelegte Molkerei, die seit 1999 nun eine gut besuchte Kunsthalle ist –, wo bis 21. April in der von Nicole Pruckermayr kuratierten Ausstellung Wegbrechen Aufbrechen Arbeiten von Maria Legat, Zsusanna Szula, Gustav Troger und Josef Wurm zu sehen sind. Die Werke beziehen sich auf die Unwägbarkeiten und plötzlichen Veränderungen, die man sich allzu oft nicht aussuchen kann. Nichts ahnend, mit Freude lebt man vor sich hin und dann zack: Das Plötzliche dringt ein. Liebe, Hass, Krankheit, Krieg, eine neue Umgebung, ein Systemfehler. Es bricht etwas weg, es kommt etwas hinzu. Es bricht etwas auf. Verborgene Räume tun sich auf. Gustav Trogers Universum zeigt sich im Eingangsbereich der Kunsthalle Feldbach als LOBBY: The Situationroom (). Mehrdeutigkeiten und die Parallelwelten der Psyche lassen hier den Aufbruch ins Ungewisse erleben. Danach kann man sich in Josef Wurms Arbeiten vertiefen. In seinen splitternden Zerlegungen und scheibchenweisen, fulminanten Neuzusammensetzungen werden Menschen, Situationen oder räumliche Zusammenhänge seziert, umgeordnet, neu geschaffen. Das Element des Fleisches durchzieht seine Beiträge im Extraraum, im großen Raum, quer durch den Raum: das Fleisch, welches rutscht, steht, liegt oder hängt. Hybride Figuren, hybrides Fleisch, eine Gemengelage an Zerfall und Erneuerung. Zsuzsanna Szulas mehrteilige tagebuchartige Arbeit fügt sich dazwischen, sie zeichnet eine intensive Auseinandersetzung mit Schmerzvollem aus, es sind Übermalungen, die von eigentlich Unbewältigbarem sprechen. Weiters zu sehen: Die großformatigen, vielschichtigen und feinausgearbeiteten Artefakte von Maria Legat. Es sind malerische und skulpturale Auseinandersetzungen, die heftige Fantasiewelten zeigen. Die intensiven Hintergründe werden durch die Verwendung zarter Farben oft erst auf den dritten Blick wahrgenommen. Die Skulptur Jeder ist Mutter II thematisiert die Möglichkeit, die jedem Lebewesen innewohnt – sich zu kümmern, Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen für jemanden und etwas. Ein neuer Denkraum tut sich auf.

Raumansicht mit Arbeiten von Josef Wurm in der Ausstellung Wegbrechen Aufbrechen
Foto: Raphael Daum

Ortswechsel: Graz

„Wie beteiligen wir uns?“ hieß das Symposium, konzipiert von Nicole Pruckermayr, zu welchem die Steirische Kulturinitiative am Freitag, 14. April ins Haus der Architektur Graz lud. Es ging um kulturellen Austausch und künstlerische Teilhabe: Wie geht das und welche Räume braucht es dazu? Wenn wir über demokratische Prozesse nachdenken, so steht immer sofort auch die Teilhabe im Raum. Ohne Teilhabe keine Mitsprache, keine aktive Teilnahme am öffentlichen Leben. Und die Kunst? Sie ist ein demokratisches Grundrecht und bietet allen Menschen die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Innerhalb des 1-Tages-Symposiums wurden österreichweite Beispiele für unterschiedliche partizipative Formate in unterschiedlichen urbanen Zusammenhängen besprochen. TeilnehmerInnen waren Elke Zobl, die in Salzburg an dem mehrjährigen Projekt „Räume kultureller Demokratie“ arbeitet und deren Credo es ist, die Möglichkeitsräume des Mitmischens zu erforschen. Die Schnittstelle und die Verknüpfung von Wissenschaft und Kunst hat in Salzburg mit der Universität Mozarteum Salzburg und der Paris Lodron Universität Salzburg eine lange Tradition. Weiters zu Gast war die Stadtforscherin Amila Širbegović, die aus der Gebietsbetreuung kommt und immer wieder mit SOHO Ottakring zusammenarbeitet. Eines ihrer partizipativen Projekte ist das Reisebüro Hernals. Im Fokus steht hier vor allem der kulturelle Teilhabe-Raum für MigrantInnen in Wien. Weiters Franz Xaver, Pionier der österreichischen Medienkunst, der das unabhängige Medienkunstlabor im Kunsthaus Graz leitete. Er ist in Linz Teil des autonomen kulturellen Zentrums Stadtwerkstatt, das seit 40 Jahren besteht. Ein weiterer Teilnehmer war der Architekt Andreas Goritschnig, der in Reininghaus einige Jahre das Open.LAB Reininghaus entwickelte. Ein „Real-Labor“, wie kulturelle Teilhabe im besten Fall stattfinden kann: Offen, koordiniert und reich an Kunst, die andockt.

Zsuzsanna Szulas mehrteilige tagebuchartige Arbeit in der Kunsthalle Feldbach
Foto: Raphael Daum

Für eine Diskussion über kulturelle Partizipation in Graz dürften weder <rotor> noch Heidrun Primas oder Werner Schrempf/La Strada fehlen. Alle diese Expertisen bildeten die Grundlage, um über etwas zu sprechen: Wie kann in Graz auch im Westen, Süden, Osten und Norden Kunst/Kultur stattfinden, die dort ist, wo die BewohnerInnen sind? Wie könnte die Tennenmälzerei dauerhaft ein Ort des kulturellen Austausches werden? Bei dieser Frage kommt auch in den Sinn nach der Umgebung und dem Gebauten zu fragen, nach den Räumen herum. Alexander Daum von der gemeinnützigen Wohnbaugruppe hat aus seiner Perspektive als Obmann des Vereins Stadtteil Reininghaus zur Transformation und den Möglichkeiten, interdisziplinär zu arbeiten, gesprochen: Wie beteiligen wir uns – jetzt?

Und weiter in Reininghaus

Ebenfalls im Programm ist das von der Kulturinitiative produzierte VideoLab für Jugendliche der Gruppe MeMI, das ab April im Stadtteilmanagement Reininghaus zu Gast sein wird. Wer Interesse an Videoschnitt, Kameraführung etc. hat und sich nicht nur jung fühlt, sondern unter 23 Jahre alt ist, möge sich melden. Das Kunst-im-öffentlichen-Raum-Projekt FRIEDENSSTATIONEN von Nicole Pruckermayr sucht Videos zum Thema friedvolles Miteinander aus der Perspektive von Jugendlichen, um Platzkinos an Haltestellen in neuen Stadtentwicklungsräumen, wie es auch rund um den Reininghauspark ist, machen zu können. In diesem Sinne: Mach mit!              

Ausstellung „WEGBRECHEN ­AUFBRECHEN“
bis 21.4.2023, Di–So 11–17 Uhr (feiertags geöffnet)
Mit Arbeiten von Maria Legat, ­Zsusanna Szula, Gustav Troger, Josef Wurm; Steirische Kulturinitiative in Kooperation mit der Kunsthalle Feldbach
Kunsthalle Feldbach, Sigmund-Freud-Platz 1, 8330 Feldbach

VideoLAB – Videoworkshop von NeMI
Fr, 21.4.; Sa, 22.4.; Fr, 12.5.
jeweils 14–18 Uhr

Anmeldungen bis 18.4. unter frieden@mur.at bzw. www.friedensstationen.mur.at
Steirische Kulturinitiative in Kooperation mit Nicole Pruckermayr und Stadtteilmanagement Reininghaus
Reininghausstraße 10, 8020 Graz