Start Featureshome Pure Magie seit knapp eintausend Jahren

Pure Magie seit knapp eintausend Jahren

Seit 2020 gehört das Abadia Retuerta zur Kollektion von „The Leading Hotels of the World“, die mehr als 400 Luxushotels in 80 Ländern umfasst

Viel Genuss und wenig Ablenkung in der Abgeschiedenheit eines Klosters. Ein Hauch von Mönchsleben, gepaart mit einer großen Prise Luxus, erwartet Gäste im Abadía Retuerta LeDomaine, einem reichlich außergewöhnlichen Hotel unweit von Valladolid.

Text: Wolfgang Pauker

Öffnet man die schweren Holztüren am Entree der im 12. Jahrhundert erbauten Abtei Santa María de Retuerta, fällt der Blick auf barocke Malerei und sakrale Schnitzerei. Aber auch auf blaue Sofas aus Samt, auf deren Couchtisch ein mit bunten Marshmallows befülltes Glas steht. Verzicht steht hier augenscheinlich nicht mehr am Programm, seitdem das Kloster vor 10 Jahren nach aufwendigem Umbau als Hotel mit eigenem Weingut eröffnet wurde und die Ideale der französischen Gründerväter damit eine Neuinterpretation erfuhren. Nach knapp tausend Jahren durchstreift die barocken Kreuzgänge nun internationales Publikum, innere Seelenruhe und Klarheit der Gedanken zu finden ist aber nach wie vor oberste Prämisse.

Abschalten und entspannen in der Stille des Klosters

Der klassische benediktinische Aufbau der Kirche wurde beibehalten, die ehemaligen Zellen der Mönche sind heute 27 moderne Zimmer, im Kapitelsaal ist die Lounge-Bar untergebracht und der frühere Speisesaal, das Refektorium, wurde zum stilvollen Restaurant – ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern. Hier diniert man eindrucksvoll unter dem restaurierten Fresko des heiligen Abendmals. Nur ein Highlight von vielen, denn von Anfang an war das Projekt nicht nur als Hotel konzipiert, sondern als Ort, an dem Kunst erlebt und das architektonische und philosophische Erbe weitergetragen wird.

Das ehemalige Kloster beheimatet barocke sowie eine wachsende Sammlung zeitgenössischer Kunst

So schmücken die Zimmer Joan Miro Originale, während in den Fluren Meisterwerke vergangener Epochen die Arbeiten junger spanischer Künstler kontrastieren. Im Garten finden sich minimalistische Steinskulpturen des deutschen Bildhauers Ulrich Rückriem und in der Apsis thront eine Stahlskulptur des spanisch-baskischen Bildhauers Eduardo Chillida, die Raum und Zeit verbindet.

Ein Werk des spanisch-baskischen Bildhauers Eduardo Chillida in der Apsis

Genuss als Schlüsselelement

Ein weiterer Eckpfeiler ist nachhaltige Landwirtschaft, wie sie jahrhundertelang hier gelebt wurde. So bewirtschaftet man einen rund 1.200 Quadratmeter großen biodynamischen Garten – am selben Ort, an dem bereits die Mönche ihr Gemüse anbauten. Serviert wird es in den hauseigenen Restaurants: Dem Refectorio, wo das Team von Küchenchef Marc Segarra mit innovativen Kombinationen verschiedener Aromen, Texturen und Temperaturen überrascht, und in der informelleren Vinoteca. Letztere befindet sich über der Cueva, einem ehemaligen Getreidespeicher, in dem heute eine Sammlung von 8.500 Flaschen Wein untergebracht ist.

Im Refektorium, in dem einst die Mönche speisten, ist heute Fine Dining angesagt

Überhaupt dominiert der Wein den Besuch und ist Teil der Magie der Abadía Retuerta, der die geschichtsträchtigen Winkel, die Spiritualität und Haute Cuisine mit den Nuancen und Aromen der Region verbindet. Einer Region, in der durch das Hochtal, welches der Fluss Duero öffnet, ein besonderes Mikroklima geschaffen wird, das Weine mit starkem Charakter gedeihen lässt. Wahrlich Weltspitze sind die Tropfen des hauseigenen Weinguts, das auf eine gut 800-jährige Geschichte zurückblicken kann, nach einer längeren Unterbrechung im Jahr 1988 wieder die Produktion aufnahm und heute eines der innovativsten und technologisch fortschrittlichsten in Europa ist. Es erstreckt sich auf über 700 Hektar Land, wobei aber nur die besten Böden auf 180 Hektar für die Anpflanzung der Reben verwendet werden.

Königliches Valladolid

Eingebettet ist das Weingut in die Region Kastilien und León, wenige Autominuten entfernt liegt deren Zentrum Valladolid – einst Hauptstadt Spaniens und Königssitz. Seefahrer Christoph Kolumbus starb hier in einem Haus am Plaza Mayor, der spanische Nationaldichter Miguel de Cervantes lebte ganz in der Nähe. Obwohl die Stadt heute nur rund 300.000 Einwohner zählt, fühlt man sich in einer Großstadt und spürt die glorreiche Vergangenheit an jeder Ecke. Davon zeugt etwa die imposante Kathedrale – kaum zu glauben, dass sie weit größer geplant war als gebaut, denn die Mittel zur Vollendung fehlten Ende des 16. Jahrhunderts, als Madrid neue Hauptstadt und Zentrum des Kolonialreichs wurde.

Valladolids Kathedrale wird von zwei Glockentürmen flankiert, von denen der linke nie fertiggestellt wurde

Ein Zentrum der Kultur ist Valladolid auch heute noch. Das beweist ein prächtiges Skulpturenmuseum mit sakralen Holzschnitzereien und mit dem Museo Patio Herreriano ein Haus für zeitgenössische spanische Kunst vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Wer die Kunst lieber am Teller hat, der ist hier ebenfalls richtig, gilt Valladolid doch als Hauptstadt der Tapas – jenen Kleinigkeiten, die die Spanier vor dem eigentlichen Abendessen zum Apéro zu sich nehmen.

Museo Patio Herreriano

Manche der Tapas, wie sie in den Bars hier serviert werden, sind so durchdacht und komplex, dass sich an Wochenenden sogar die Madrilenen hier einfinden, um sie zu genießen. Wer nach den Tapas noch Appetit auf Fine Dining hat, sollte unbedingt ins Trigo, dem besten Restaurant der Stadt und nur einen Steinwurf von der Kathedrale entfernt. Die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Küche interpretiert traditionelle Gerichte neu, mit Zutaten ausschließlich lokaler Produzenten. Das Menü, begleitet von internationalen Weinen, wechselt mit den Jahreszeiten und die Gerichte sind so kunstvoll angerichtet wie die handgemachten Steinteller, auf denen sie serviert werden.

Im Trigo, dem besten Restaurant Valladolids, werden traditionelle Gerichte neu interpretiert

Anreise: Vom Flughafen Graz über Wien nach Madrid, danach Zug nach Valladolid, ab dort organisiert Abadía Retuerta den weiteren Transport.