Start Featureshome Ein Stück, leider immer noch zur Zeit

Ein Stück, leider immer noch zur Zeit

Geschickt behandelt Martin G. Wanko sein durchaus ernstes Thema mit Respekt, aber auch mit viel Humor

Autor Martin G. Wanko, der seit einigen Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter im Leitungsteam des Theaters im Keller ist, hat mit „Shortcuts 22“ ein humorvolles Stück mit dem Virus in der Hauptrolle verfasst.

Das sattsam bekannte Virus ist der Hauptakteur, der nie auftaucht, aber in den Handlungen der Protagonisten doch eine wesentliche Rolle spielt. Das Virus ist ein Schatten, dem man nicht entkommen kann, also versucht man, mit ihm zu leben. Ohne zu werten, schaut Wanko auf die Bühne des täglichen Lebens, auf den Schauplatz der alltäglichen menschlichen Komödie und zeigt, wie teils lustvoll, teils in tiefer Sorge und auch ein bisschen unverschämt die Menschen mit dem Virus leben. Und ja, es zeigt sich, dass die Maske auch für manche eine Befreiung sein kann. Schlaglichtartig verfolgt der Grazer Autor die Begegnungen von Paaren, die sich der Vorsicht unterwerfen, von Menschen, die einander begegnen, ohne Barrieren zwischen sich spüren zu wollen, oder die allein mit sich und ihrer Wein-Expertise sehr gut zurechtzukommen glauben. Und von manchen, die – wegen tiefsitzender Komplexe und Selbstzweifel – in der Maske eine Möglichkeit sehen, anderen ohne Angst begegnen zu können. Dass man sich in einem Stück über die Pandemiezeit, die wohl noch nicht ganz überwunden ist und die viele Leben nach wie vor negativ beeinflusst, ganz hervorragend unterhalten wird, ist ein Verdienst des Autors, den man ihm hoch anrechnen darf.

„Dass Wanko es schafft, immer wieder mühelos die vierte Wand zwischen Publikum und den Akteuren zu öffnen, ist ein besonderer Bonus“, so Regisseur Alfred Haidacher

Die Suche nach (Ab-)kürzungen

Der Titel Shortcuts erinnert wohl nicht zufällig an Robert Altmans berühmten Film, in dem sich eine Lebenswelt aus vielen unterschiedlichen Kurz- und Kürzestgeschichten, die der Film aneinanderreiht, im Kopf des Zusehers zusammensetzen lässt. Alfred Haidacher, Regisseur des Stücks: „Shortcut, das bedeutet Abkürzung, oder auch Kürzung – wie Striche in einem Thea­tertext zum Beispiel. Das Wort bedeutet auch kurze, heftige Schnitte – in der filmischen Technik etwa –, die eine Szene wie ein Schlaglicht aufblitzen lassen, ehe eine andere Szene sie ablöst. Am Theater verläuft so ein technischer Ablauf natürlich gemächlicher. Wie es überhaupt eine Stärke des Theaters gegenüber dem Film sein kann, dem Publikum Zeit zur Verfolgung des unmittelbar durch lebendige Menschen vor ihm dargestellten Geschehens Zeit zu geben.“ So geschieht es auch in den Shortcuts 22. Der Autor vernetzt die Szenen gekonnt zu einem Ganzen, und am Ende des Stücks kommt es zumindest zu einer vorsichtigen Morgenröte. Fast zärtlich beobachtet Wanko seine unterschiedlichen Charaktere, die vor dem Hintergrund des Unnormalen manchmal fast erstaunliche Normalität für sich selbst zu entwickeln verstehen. Und manchmal findet diese „erkämpfte“ Normalität auch einen Weg in die zwischenmenschlichen Beziehungen der unterschiedlichsten Art.      

Uraufführung: 12.11.2022, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen bis Jänner 2023
Theater im Keller, Münzgrabenstraße 35, 8010 Graz
www.tik-graz.at