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Steirische Traumfabrik, Rausch und Leinwandstars

Historisches Special „Rausch“ mit der Glawogger-Trilogie Foto: Sammlung Oesterreichisches Filmmuseum

Das Programm der Diagonale 2022 ist so bunt und vielschichtig, wie es der österreichische Film eben ist. Folgende sechs Programm-Highlights im Jubiläumsjahr sollte man aber auf keinen Fall versäumen.

Text: Lydia Bißmann

Alles rund um Sex, Drugs & Rock’n‘ Roll: Historisches Special Rausch

Das historische Special Rausch umfasst sechs Programme, die gemeinsam von Diagonale, Filmarchiv Austria, Österreichisches Filmmuseum und ORF-Archiv ausgewählt wurden: Wie denkt, inszeniert, verhandelt und thematisiert das Kino den Rausch? Im Zentrum steht die Glawogger-Trilogie mit Nacktschnecken (AT 2004), Contact High (AT/DE/LU/PL 2009) und der von Michael Ostrowski und Koregisseur Helmut Köpping nach Glawoggers frühem Tod alleine realisierte dritte Teil Hotel Rock’n’Roll (AT 2016). Zur Einstimmung auf Contact High wird außerdem der wahrnehmungsverändernde Kurzfilm Plasma (AT 2004) von Filmemacherin und Multitalent Mara Mattuschka, die auch Animationen zu Glawoggers Spielfilm beigesteuert hat, gezeigt. Zu sehen gibt es aber mit dem Rauschlied aus Künstlerblut auch ein Tonbild von Alexander Girardi aus dem Jahr 1906, den Film Ekstase von Gustav Machatý aus den 30er-Jahren, jeweils ein frühes Werk von Ulrich Seidl und Sabine Derflinger oder als Vorfilme präsentierte Miniaturen aus legendären Club-2-Mitschnitten, als im Fernsehen noch geraucht werden durfte.

Historisches Special „Come and shoot in Thaliwood”

Am Flughafengelände Thalerhof wurden kurz nach dem Krieg, zwischen 1947 und 1953, 17 internationale Spielfilme produziert. Von den Einheimischen liebevoll Thaliwood genannt, war das Filmstudio aufgrund seiner günstigen Preise auch im Ausland beliebt und gerne gebucht. Das von SYNEMA – Gesellschaft für Film und Medien verantwortete Special versammelt drei Filme aus der Grazer Traumfabrik Thaliwood. Sie sind die filmische Ergänzung zur Ausstellung Film und Kino in der Steiermark, die noch bis Jänner 2023 im Museum für Geschichte läuft. Als besonderes Zuckerl wird es hier während der Diagonale Spezialführungen mit steirischen Filmschaffenden geben. Come and Shoot in Thaliwood bietet die seltene Gelegenheit, teilweise extra digitalisierte und restaurierte Filme aus den Archiven zu sehen. Gezeigt werden Prämien auf den Tod (AT 1949) von Curd Jürgens, begleitet von Lotte Schreibers Kurzfilmcollage Tracing Thalerhof (AT 2014), Schuss durchs Fenster (AT 1949) von Siegfried Breuer und der preisgekrönte Klassiker Die Vier im Jeep (CH/AT 1951) von Leopold Lindtberg.

„Prämien auf den Tod“ (AT 1949) aus dem legendären Filmstudio im Süden von Graz
Foto: Filmarchiv Austria

Von der Berlinale nach Graz: Constantin Wulffs Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien

Im Rahmen der Jubiläumsausgabe erfährt auch der neue Dokumentarfilm von Constantin Wulff, der dem Festival bei seiner Grazer Erstausgabe 1998 gemeinsam mit Christine Dollhofer vorstand, seine Österreichpremiere: Der im Direct-Cinema-Stil gefilmte Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien feierte seine Weltpremiere in der Sektion Forum der Berlinale und ist für den Wettbewerb der Diagonale in Graz ausgewählt. Unaufgeregt begleitet und beobachtet Wulff die Wechselwirkung zwischen Institution und Gesellschaft. Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien ist ein präzises Porträt einer Bürokratie im Dienste der Solidarität, einer Institution als Seismograf in einer Arbeitswelt im Wandel.

Christian Wulffs Dokumentarfilm über die Arbeiterkammer Wien

Verschwinden / Izginjanje von Andrina Mračnikar

Wie Tierarten sind auch Sprachen immer mehr vom Aussterben bedroht. In Südkärnten sprachen vor 1910 circa neunzig Prozent aller Bewohnerinnen und Bewohner Slowenisch, heute ist es durchschnittlich ein einstelliger Prozentsatz. Andrina Mračnikar formuliert in ihrem essayistischen Dokumentarfilm auf persönliche Weise eine hochpolitische Dringlichkeit. Was passiert, wenn einem die Muttersprache im Alltag genommen wird? Was muss die Politik tun, um dem Verschwinden einer Sprache, deren Schutz in der Verfassung festgeschrieben ist, entgegenzuwirken?

Der Onkel/The Hawk von Michael Ostrowski und Helmut Köpping

Als der Bruder ins Koma fällt, nistet sich der seit Jahren verschollene Mike (beide: Michael Ostrowski) bei der Schwägerin und ihrer Familie ein. Mit Mike, der gekommen ist, um zu helfen – vor allem sich selbst –, zieht nicht nur das Chaos ein. Der Onkel/The Hawk ist ein wildes Genrespiel mit Starbesetzung (Michael Ostrowski, Anke Engelke, Gerhard Polt, Simon Schwarz, Hilde Dalik) in bewährter Form, in dem jede Moral mit dem Ford Escort gegen die Wand gefahren wird.

Starbesetzter Klamauk: Der Onkel/The Hawk (AT/DE 2022)
Foto: Lotus->FIlm

GESCHICHTEN VOM FRANZ von Johannes Schmid im Diagonale-Kinderkino

Die Verfilmung von Christine Nöstlingers Kinderbuch-Klassiker Geschichten vom Franz verlegt die Handlung in die Gegenwart. Der blond gelockte Franz Fröstl ist auf der Suche nach seiner Identität und stößt dabei auf YouTube auf Testosteronschleuder und Influencer Hank Haberer. Mit seiner Hilfe möchte der Achtjährige seine lästige Piepsstimme kaschieren und lernen, wie man als echter Mann auftritt. Unterstützung bekommt er dabei von seinen Freunden Gabi und Eberhard. Mit Simon Schwarz, Ursula Strauss, Maria Bill, dem Maschek-Duo als Müllmänner und exklusiven Songs von Marco Wanda.    

Nöstlingers Kinderbuch-Klassiker mit modernen Impulsen: GESCHICHTEN VOM FRANZ (AT/DE 2022)

Diagonale
Festival des österreichischen Films
5.–10.4.2022

Das vollständige Festivalprogramm ist ab 25.3. um 13 Uhr online verfügbar, der Ticketverkauf startet am 30.3.

www.diagonale.at