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Musik als Erlebnis

Christoph Altstaedt Foto: pgwiazda PHOTOGRAPHIE

Drei November-Abende an der KUG machen beispielhaft die dramaturgische Raffinesse der Kunstuni-Programme erlebbar. Eine Einladung.

Text: Heimo Götz

Die vier Elemente

„Wir wollten Synergien zwischen großen Meisterwerken und (noch) Unbekanntem in stimmigen Zusammenstellungen schaffen“, verkündete die neue KUG-Professorin für Orchesterausbildung Claire Levancher zu ­Saisonbeginn im Achtzig-Interview. Am Abend des Erscheinungstags dieser Ausgabe, des 10. November, lässt sich das im ersten großen KUG-Orchesterkonzert dieser Saison überprüfen. Als thematische Klammer verbinden die vier Elemente – Feuer, Wasser, Erde, Luft – ein Programm, in dem Standards der Orchesterliteratur auf spannende Neuentdeckungen treffen. Auf dem Programm stehen Joseph Haydns Feuersymphonie die Four Sea Interludes von Benjamin Britten, Edgar Varèses Déserts sowie die Suite aus Les Boréades von Jean-Philippe Rameau. Das Orchester der Kunstuniversität Graz begibt sich so zur Eröffnung seiner Saison auf eine „elementare“ musikalische Reise rund um Feuer und Meer, Wüste und Wind.

Dirigiert wird dieser eindrucksvolle Abend von Christoph Altstaedt, dessen zentrales Anliegen sich wundervoll mit der dramaturgischen Haltung an der KUG deckt: Es geht ihm darum, mit neuen Konzertformaten und ­experimentierfreudigem Musiktheater mehr Menschen für Oper und Konzert zu begeistern. Altstaedts Programme spannen daher einen Bogen von der Barockmusik auf Originalinstrumenten bis hin zur zeitgenössischen elektronischen Musik und Hip-Hop. Und der 1980 als Sohn deutsch-französischer Eltern geborene Dirigent leitete bereits renommierte Klangkörper wie das Royal Philharmonic Orchestra, das Toronto Symphony, London Philharmonia, die Deutsche Radiophilharmonie, das Oslo Filharmonien oder das Indianapolis Symphony Orchestra u.v.m.

Die KUG im Grazer Congress, Stefaniensaal
Foto: Johannes Gellner

Eine post-pandemisch-interaktive Performance

Presence nennt sich diese außergewöhnliche Arbeit, die am 15. November im MUMUTH präsentiert wird: Jazz trifft auf Neue Musik trifft auf Bewegung, Tanz und Sprache. „Wir verstehen uns als Labor, wo dem Experiment Raum gegeben werden kann“, so Rektor Georg Schulz. Dieser Raum wird mit Presence voll genutzt. Die KUG-Lehrenden Elisabeth Harnik, Stefan Heckel und Aurelia Staub haben gemeinsam mit Schauspiel- und Instrumentalstudierenden eine post-pandemisch-interaktive Performance entwickelt. Die spannende Positionierung dieser Produktion abseits aller Genregrenzen lässt sich auch aus den künstlerischen Wegen des Leitungsteams ableiten.

Als Pianistin und Komponistin, Klangkünstlerin und Musikveranstalterin bewegt sich die in Graz geborene Elisabeth Harnik konsequent im Spannungsfeld zwischen Komposition und Improvisation. Sie studierte zunächst klassisches Klavier, später Komposition bei Beat Furrer an der Kunstuniversität Graz, wo sie heute Performance Practice in Improvisation lehrt. Ihre Kompositionen werden von international renommierten Ensembles interpretiert, als Improvisationsmusikerin ist sie solo oder gemeinsam mit exponierten Vertreterinnen und Vertretern des zeitgenössischen Jazz weltweit zu hören.

Der Grazer Stefan Heckel hat an der KUG Jazzklavier und an der Royal Academy of Music London Komposition studiert und ist Lehrender am Institut Jazz. Mit seiner Stefan Heckel Group, in der auch KUG-Sax-Professor Julian Argüelles spielt, hat er mehrere Alben mit Eigenkompositionen aufgenommen, andere – hierzulande teils gut bekannte – musikalische Kooperationspartner sind Sainkho Namtchylak, John Edwards, Frank Gratkowski, Annette Giesriegl, Angela Tröndles Mosaik, Irina Karamarkovic‘ Songs From Kosovo oder Nenad Vasilic Balkan Band and Mélange Oriental.

Elisabeth Harnik
Foto: Johannes Gellner

Die Tänzerin, Choreographin und Tanzpädagogin Aurelia Staub stammt aus Zürich, absolvierte ihre Tanzausbildung in der Schweiz und den USA und pendelt heute als Freischaffende zwischen Wien, Graz und Zürich. Sie war Tänzerin bei Elio Gervasi und Sebastian Prantl in Wien, Initiatorin und künstlerische Leiterin von T Junction Gegenwartstanz sowie Künstlerische Leiterin des Kollektivs konnex. Tanzworkshops hielt und hält sie nicht nur als Senior Lecturer an der KUG, sondern auch an Kunstunis in Wien und Linz oder bei ImPulsTanz.

Requiem

Gerade einmal 14 Opuszahlen umfasst das Œuvre des Komponisten Maurice Duruflé (1902–1986). Berühmt ist sein Requiem, das 1941 während des Weltkriegs entstand und zu Allerheiligen 1947 uraufgeführt wurde. An der KUG kommt die berührende Totenmesse des französischen Meisters am 29. November literarisch ergänzt zur Aufführung. Im Wechselspiel mit den unter der Leitung von Franz Jochum musizierenden Chören, der Orgel und dem Orchester interpretieren Schauspielstudierende von Ute Rauwald ausgesuchte Texte.    

Die vier Elemente
Mi, 10.11.2021, 19.30 Uhr
Grazer Congress, Stefaniensaal
davor, 18.45 Uhr, All inklusive
Joseph Haydn: Symphonie Nr. 59 A-Dur „Feuersymphonie“
Edgar Varèse: Déserts (1954)
Jean-Philippe Rameau: Suite aus „Les Boréades“
Benjamin Britten: Four Sea Interludes aus „Peter Grimes“ op. 33a

Presence
Mo, 15.11.2021, 18 Uhr
MUMUTH, György-Ligeti-Saal
danach: Living Room
Performance

Requiem
Mo, 29.11.2021, 19.30 Uhr
Grazer Congress, Stefaniensaal
davor, 18.45 Uhr, All inklusive
Maurice Duruflé: Requiem op. 9 für Soli, Chor, Kammerorchester und Orgel
(Version 1961)