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„Ich bin Elias’ Gegenatem“

Im Jubiläumsherbst setzt das Theater im Keller einen neuen Schwerpunkt, widmet sich vergessenen Frauen und untersucht die Gründe ihres Vergessenwerdens.

Text: Wolfgang Pauker

„Ich bin Elias’ Gegenatem“, heißt es in Veza, Asche, dem Text von Sophie Reyer, der in enger redaktioneller Absprache mit dem Theater im Keller anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums der österreichischen Theaterinstitution entstanden ist. Thema ist Veza Canetti, Ehefrau des Literaturnobelpreisträgers Elias und eine der großen vergessenen Literatinnen österreichisch-deutschsprachiger Zunge. Denn der „Gegenatem“ des gefeierten Elias zu sein, hat Veza nicht so beflügelt, wie sie es erhofft haben mag. Heute, 58 Jahre nach ihrem Tod, zählt sie zu den wichtigen Vertretern der neueren Literaturgeschichte. Dabei ist die 1897 in Wien geborene Schriftstellerin mitverantwortlich dafür, dass es lange dauerte, um aus dem Schatten ihres Mannes zu treten: Einen Großteil ihrer Werke hat sie selbst vernichtet. „Veza Canetti war eine wunderbare Autorin und meiner Meinung nach in ihrer Sprache viel radikaler als ihr Mann“, so Reyer über Canettis Roman Die Schildkröten. „Ich war so begeistert von diesem Roman, dass ich danach all ihre Werke gekauft, mehrmals gelesen und analysiert habe.“

Katrin Ebner als Veza und Manuel Gölles als Elias Canetti

„Immer nie Himmel“

Doch Veza, Asche ist „nur“ der kürzere Teil eines zwei lyrische Untersuchungen umfassenden Abends in der Regie von Eva Weutz. Der erste Teil von Veza und Marlen, Immer nie Himmel betitelt, widmet sich Marlen Haushofer – fraglos eine bekanntere österreichische Literatin, deren 100. Geburtstag und 50. Todestag im Lockdown März/April 2020 aber untergegangen sind. Was dem TiK aber nicht entgangen ist. „Marlen Haushofer finde ich höchst spannend, da sie sich an Elemente der Science-Fiction heranwagt – und dabei dennoch immer höchst literarisch bleibt“, so Reyer. In ihrem Text beleuchtet Reyer die 1920 geborene Schriftstellerin und begleitet die sich selbst betrachtende Hauptfigur Marlen gemeinsam mit einer Erzählerin literarisch durch ihr Leben. Schlussendlich wird auch schonungslos die komplizierte häusliche Situation auf den Punkt gebracht, wenn es heißt: „aufgelöst sein wollen vor Glück doch/auch das geht nicht mehr/stellst dich schlafend wenn er ins Zimmer kommt jetzt/ihr haltet euch fremd an den Händen“.    

Ute Veronika Olschnegger als Marlen (im Hintergrund Eva Weutz als Erzählerin)

Termine: 11., 18., 24.–27.11.2021, jeweils 20 Uhr
TiK, Münzgrabenstraße 35, 8010 Graz
www.tik-graz.at