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Eine Landschaftsoper zur Sommersonnenwende

Foto: La Strada Graz

La Strada ist in diesem Jahr von 30. Juli bis 7. August in der Steiermark zu erleben. Aber schon am 20. Juni steht am Dachstein eine ganz besondere Veranstaltung auf dem Programm: Zur Sommersonnenwende wird der Gletscher zum Schauplatz für die Landschaftsoper „Signal am Dachstein“. „Achtzig“ sprach mit Intendant Werner Schrempf.

Text: Stefan Zavernik

Was bewegt ein urbanes Festival wie La Strada hinauf auf 2.700 Meter Seehöhe und zugleich an die Grenze zu Oberösterreich und Salzburg?

Unser Interesse galt immer jenen künstlerischen Arbeiten, die sich mit Orten und ihren BewohnerInnen auseinandersetzen. Zum Auftakt rücken wir in diesem Jahr den Dachstein ins Zentrum unserer Wahrnehmung, wir legen ein Ohr an den Gletscher. Die feinsinnige Raumklang-Installation der niederländischen Komponisten Rob van Rijswijk und Jeroen Strijbos lotet den Gletscher künstlerisch aus. Durch die interdisziplinäre Verbindung mit weiteren KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, ExpertInnen und den Menschen der Region entsteht ein Kulturprojekt, das sich mit der aktuellen Lebenswelt und der regionalen kulturellen Identität auseinandersetzt. Die Kooperation mit dem oberösterreichischen Festival der Regionen, den Gemeinden – Ramsau am Dachstein, Schladming, Haus im Ennstal, Bad Ischl, Gosau, Bad Goisern, Hallstatt und Obertraun – sowie der Zusammenarbeit mit den Alpinvereinen und der Bergrettung aus der Steiermark, Oberösterreich und Salzburg trägt zum Gelingen und zur kulturellen Verankerung des Projektes in der Region bei.

Werner Schrempf

Die Landschaftsoper „Signal am Dachstein“ wurde in Kooperation mit den niederländischen Klangkünstlern Rob van Rijswijk und Jeroen Strijbos entwickelt. Zahlreiche KünstlerInnen, WissenschaflerInnen und AlpinexpertInnen wirken mit. Was erwartet die TeilnehmerInnen?

Strijbos & van Rijswijk entwickeln großräumige, performative Klanginstallationen und arbeiten hier mit elektro-akustischen Sounds, Live-Gesang von sechs Sopranistinnen und auch mit lokalen Alphornisten. So fließen beispielsweise in die Komposition für den Dachstein unter anderem auch Klangaufnahmen aus dem Inneren des Berges, der Südwandhöhle, der jungen Ramsauer Ton-Künstlerin Katharina Pfennich ein. Am 20. Juni um 5 Uhr ist es dann so weit: Der Dachsteingletscher wird zum hochalpinen Konzertsaal, in dem ­Signal am Dachstein seine erste und einzige Aufführung erfährt.

Foto: La Strada Graz

Die Raumklang-Installation ­bildet zwar den Höhepunkt der Landschaftsoper, ihre Ouvertüren beginnen aber bereits in den Tälern. Mehrere Seilschaften machen sich am Vortag vom Tal aus auf den Weg zum Gletscher. KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, AlpinistInnen und ExpertInnen tauschen sich dabei über Themen wie Artenvielfalt, Natur- und Kulturgeschichte, Gletscherwesen, Klimawandel und Geologie aus. So werden die räumlichen Grenzen zwischen der Steiermark, Salzburg und Oberösterreich ebenso überschritten wie jene zwischen den Lebenswelten und beruflichen Disziplinen der BerggeherInnen. Ich hoffe, dass neben den Eindrücken von der Landschaftsoper vor allem auch eines bleibt: nachhaltige Beziehungen und gemeinsames Wirken für die Zukunft des klimasensiblen Alpenraums.

Werner Schrempf, Rob Van Rijswijk, Joris Bedaux bei einer Gletscherbegehung 2018
Foto: La Strada Graz

Auf regionaler Ebene arbeiten wir gemeinsam mit Kulturinstitutionen und -referaten der Gemeinden am Aufbau einer Kooperation, die in engem Austausch kulturelle Projekte umsetzt. Mit jungen KünstlerInnen aus der Region – wie zum Bespiel dem Literaten Christoph Szalay oder der Ton-Künstlerin Katharina Pfennich – reden wir über eine längerfristige kontinuierliche Zusammenarbeit in deren Projekten. Auf internationaler Ebene bildet Signal am Dachstein den Auftakt zu einer Projektreihe, die sich auf sensible Art und Weise der vielschichtigen künstlerischen Auseinandersetzung von Mensch und Natur in Zusammenhang mit dem Klimawandel widmet.

Foto: La Strada Graz

Die Landschaftsoper mit ihren Ouvertüren öffnet Begegnungsräume von KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen mit lokalen Communities. Langfristige Kooperationen, wie wir sie in der Region rund um den Dachstein anstreben, stehen auch im Fokus des von der Europäischen Union geförderten Netzwerkes IN SITU und seinem neuen Projekt „(UN)COMMON SPACES“. Bis 2024 werden sich hier KünstlerInnen Fragen des gesellschaftlichen Wandels und Veränderungsprozessen in ganz Europa widmen. Ich würde mir wünschen, dass diese zwei Welten zueinanderfinden, die internationale und die regionale. Durch eine solche Verbindung können künstlerische Projekte entstehen, die Horizonte und Perspektiven erweitern.     

Was ist geplant, damit das Projekt langfristig nachwirkt?

„Signal am Dachstein“ ist ein Projekt von La Strada Graz, das gemeinsam mit dem oberösterreichischen Festival der Regionen und zahlreichen regionalen Partnern umgesetzt wird. Die rund um den Dachstein angesiedelten regionalen Ortsgruppen von Alpenverein, Naturfreunde und Bergrettung sowie die Planai-Bahnen tragen wesentlich zum Gelingen des Community-Art-Projektes und zur nachhaltigen Vernetzung der Beteiligten bei. Ausgehend von unterschiedlichen Orten in der Steiermark, Oberösterreich und Salzburg werden die TeilnehmerInnen in den frühen Morgenstunden des 20. Juni mit Bussen zur Talstation der Dachstein-Seilbahn gebracht, mit der Seilbahn geht es zur Bergstation des Gletschers und nach einer einstündigen Wanderung ist man zu Sonnenaufgang beim Aufführungsort der Landschaftsoper „Signal am Dachstein“.

Jeroen Strijbos bei ersten Klangtests für Signal am Dachstein im Oktober 2020
Foto: La Strada Graz

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen im Vorfeld, zum Projekt und zur Anmeldung: www.lastrada.at/signal-am-dachstein

Bei den Ouvertüren sind folgende KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen und ExpertInnen beteiligt:

Alice Aleynik (AliceA), Singer-Songwriterin

Toni Burger, Musiker

Franziska Fleischanderl, Musikerin

Ingomar Fritz, Geologe und Paläontologe, Universalmuseum Joanneum

Peter Gruber, Literat

Lea Hartl, Glaziologin, Akademie der Wissenschaften

Marie-Theres Härtl & Florian Trübsbach, MusikerInnen

Bodo Hell, Literat

Markus Jeschaunig, Künstler

Horst Martin Krammer, Leiter der Musikschule Schladming

Fritz Moßhammer, Musiker

Andreas Pircher, Revierleiter im Revier Kemetgebirge der Österreichischen Bundesforste

Adelheid Pfandl, Kräuterkundige

Katharina Pfennich, Ton-Künstlerin

Susanne Posegga, Fotografin

Herbert Raffalt, Koordination Alpintouren

Manfred Rußmann, Musiker

Katharina Schmiedleitner (MEDUZA), Künstlerin

Toni Streicher, Alpenverein Schladming, Koordination Alpintouren

Albert Sudy, Meteorologe

Christoph Szalay, Literat

Stefanie Weberhofer, Medienkünstlerin und Filmemacherin