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Konzentrierte Theaterkunst in der Provinz

Queen Lear, Theater Kaendace, Graz Foto: Nicolas Galani

Ende September gibt es wieder eine geballte Ladung an völlig neuen Stücken der freien Theaterszene beim WERKstatt Festival in der Marktgemeinde Pölstal.

Text: Lydia Bißmann

Die Theaterfeste der Regionen stehen in diesem turbulenten Jahr unter dem Motto „Across the border“. Das Zitat, das aus einem Bruce-Springsteen-Song entliehen ist, kommt dieses Jahr auf mehreren Ebenen zum Tragen. Alle zwei Jahre findet das Festival der Uraufführungen in Oberzeiring, Marktgemeinde Pölstal, statt. Nationale und internationale Player der freien Theaterszene treffen sich hier, um den Saisonauftakt mit unzähligen Erstaufführungen zu begehen. Seit dem Gründungsjahr 2004 fanden in der steirischen Provinz nicht weniger als 68 Uraufführungen statt. Die Mitwirkenden kamen aus vier verschiedenen Kontinenten. Gespielt wird in den Räumlichkeiten des Theater Oberzeiring, an öffentlichen und extra adaptierten Plätzen wie dem Marktplatz, der Alten Volksschule, einer Autowerkstatt oder auch einem Schaubergwerk. Das komplizierte Jahr 2020 brachte nicht nur die Organisatoren an ihre nervlichen und körperlichen Grenzen, auch das Einladen von internationalen Künstlern glich im Corona-Jahr einem Glücksspiel. Trotzdem ist es dem Organisationsteam rund um Peter Faßhuber gelungen, auch heuer neun faszinierende Uraufführungen plus Rahmenprogramm an sechs Spieltagen auf die unterschiedlichen Bühnen der Gemeinde zu bringen, um die große Stärke der freien Theaterszene einmal wieder deutlicher zu machen: das schnelle Reagieren auf brandaktuelle Themen.

Das Planetenparty Prinzip, „Aufmaschieren“
Foto: Clemens Nestroy

Von Sorgen am Lebensabend zur Schöpfungsgeschichte

Das WERKstatt Festival zeigt neben Premieren auch Erfolgsstücke wie die La-Strada-Produktion La vita mi piaggio. Am ersten Tag zeigt das Mezzanin Theater am Kirchplatz bei freiem Eintritt das Erfolgsstück zweier in die Jahre gekommenen Damen, die sich mit Eiskugeln ein Zubrot zur schmalen Pension verdienen möchten. Die allererste Uraufführung gibt es dann im großen Saal des Theater Oberzeiring THEO vom Dada Zirkus aus Wien, die passenderweise den biblischen Anfang von allem mit Clowns, Akrobatik, Puppen, Musik, Jongleuren in einer sehr originellen Zugangsweise inszeniert.

Di, 22.9.: Festival-Eröffnung, „La vita mi piaggio“ (Mezzanin Theater, Graz): 17 Uhr, Kirchplatz Oberzeiring

„Genesis“ (Compagnie Dada Zirkus, Wien): 20 Uhr, THEO, Großer Saal

Genesis, Compagnie Dada Zirkus, Wien
Foto: Natali Glisic

Gold und die Vergangenheit

Am zweiten Spieltag machen sich die Darsteller beider Stücke zu räumlichen und zeitlichen Expeditionen auf. Das Grazer Ensemble TAO! begibt sich als SOKO Gold im Schaubergwerk auf die Spuren von Goldstaub und Goldfäden, die in wegen Corona leer stehenden Schulen plötzlich aufgetaucht sind. In der zweiten Uraufführung beim Kirchenwirt Holzmann geht es um familiäre Spuren, die zwei unternehmungslustige Großtanten vor hundert Jahren auf den Sprung in die Großstadt hinterlassen haben. Sagt man eigentlich noch Indianer? ist ein Stück der Salzburger Theatermacherin Barbara Gassner in der Regie des Grazer Regisseurs Ed Hauswirth.

Mi 23.9.: „Geschichten vom Gold“ (TaO! Theater am Ortweinplatz, Graz): 11 und 17 Uhr, Schaubergwerk Oberzeiring

„Sagt man eigentlich noch Indianer?“ (Barbara Gassner, Wien), 20 Uhr, Kirchenwirt Holzmann, St. Oswald

 TaO! Theater am Ortweinplatz, Graz, Geschichten vom Gold
Foto: Clemens Nestroy

Mut zum Anderssein

Ein Puppenstück für Kinder ab fünf Jahren ist die deutsch-französische Produktion Lilas Papa, die sich um ein magisches Bilderbuch dreht. Lilas Papa scheint ganz so wie alle anderen zu sein, trotzdem gibt es jede Menge Verwirrung und Unverständnis, die erst überwunden werden muss. Aufmarschieren ist nach Aufrüsten und Aufwachen der dritte Teil der Bürgerkriegstrilogie des Kollektivs Das Planetenparty Prinzip. Vier Frauen entdecken hier die Vorteile von Gemeinschaft und marschieren geschlossen, um einen Weg aus der Krise zu finden.

Do, 24.9.: „Lilas Papa“ (Compagnie TGNM, F-Forbach/D-Saarbrücken): 11 und 17 Uhr, THEO, Studio-Bühne

„Aufmarschieren” (Das Planetenparty Prinzip, Graz): 20 Uhr, Wagenremise, Gutshof Neuper, Unterzeiring

Lilas Papa von Compagnie TGNM, F-Forbach/D-Saarbrücken
Foto: Arnold Pöschl

Generationen, Grenzen, Geheimnisse

In der Theater-Kaendace-Inszenierung Queen Lear dreht sich alles um drei Generationen einer Familie, die gemeinsam leben müssen und es nicht können. Midlifecrisis, Pubertät, Wechseljahre und das Versinken in Demenz führen zu Kämpfen zwischen den Familienmitgliedern. Am Ende steht das Knock-out für die Matriarchin Queen Lear – sie wird ins Heim abgeschoben. Die Koproduktion von Theater Oberzeiring und dem Theater Quadrat Der Himmel über Lima erzählt die Geschichte zweier junger Schriftsteller in Peru, die mithilfe einer erfundenen Muse ihr Idol, einen spanischen Starautor, zu Höchstleistungen anspornen wollen. Das Unternehmen entwickelt sich aber völlig anders als geplant.

Fr, 25.9.: „Queen Lear“ (Theater Kaendace, Graz): 11 und 17 Uhr, Alte Volksschule, Oberzeiring

„Der Himmel über Lima“ (Theater Quadrat, Graz & Theater Oberzeiring): 20 Uhr, THEO, Großer Saal

Der Himmel über Lima, Theater Quadrat, Graz & Theater Oberzeiring
Foto: Nicolas Galani

Feministischer Roadtrip

Die Regisseurin Ute Liepold vom Theater Wolkenflug aus Klagenfurt inszeniert in Hippocampus den aktuellen Erfolgsroman von Gertraud Klemm. Die Freundin einer wieder ausgegrabenen Kultautorin wählt hier einen ganz eigenen Weg, um die Lebensgeschichte dieser besonderen Frau zu erzählen. Dabei reist sie quer durch die österreichische Provinz, um in Neapel zu landen.

Sa, 26.9.: „Hippocampus“ (Theater Wolkenflug, Klagenfurt): 17 Uhr, Wagenremise, Gutshof Neuper

Literarisches Lügenmärchen

Im Zweipersonenstück Arnold Schwarzenegger ist: Der steirische Dracula erzählen Susanne Preissl und Holger Schober von einem verliebten Regisseur, der Bram Stokers Dracula in die Steiermark verlegt, um seiner Hauptdarstellerin zu imponieren. Niemand anderer als der berühmteste Steirer der Welt, Arnold Schwarzenegger, soll den berühmten Graf Dracula an der Seite seiner Angebeteten spielen. Da aber alles nur Hirngespinste sind und der Film gar nicht existiert, muss er immer neue Ausreden erfinden und erzählt so dem Publikum eine originelle Variante des Vampir-Klassikers in der Abschluss-Matinee.

So, 27.9.: „Arnold Schwarzenegger ist: Der steirische Dracula” (The Showbär Company, Wien): 11 Uhr, VW-Werkstätte Kritz, Unterzeiring

Gypsy, Swing und eine Legende

Zu den Uraufführungen gibt es auch zwei Musikabende, die zum Entspannen einladen. Am Freitag gibt der Polka­punk Tobias Escher Swing, Jazz und Wiener Lieder zum Besten. Am Samstag zollt das Erfolgsstück von Daniel Doujenis Cohen der Reibeisenstimme von Leonard Cohen Respekt mit einer konzertanten Aufführung seiner schönsten Songs.      

Fr, 25.9.: „Gypsy Circus“ (Tobias Escher, D-Waiblingen): 22 Uhr, THEO, Foyer

Sa, 26.9.: „Cohen“ (Daniel Doujenis, Graz): 20 Uhr, THEO, Großer Saal

theaterland steiermark

0664 834 74 06, info@theaterland.at

Tickets: Festivalpass: € 60, Tageskarte: € 15. Wegen COVID-19-beschränkter Platz-Anzahl ist eine Reservierung für jede Vorstellung unbedingt erforderlich.