Start Featureshome Kultursommer in Graz: Konzerte, Theater, Installationen und Filme

Kultursommer in Graz: Konzerte, Theater, Installationen und Filme

Humming Room Foto: Milena Stavric

Das Festival La Strada geht mit menschlichen Klangmaschinen, Neukompositionen und skurrilem Theater auf die Straßen. Elisabeth ­Harniks sinnliche Wahrnehmungsinstallation „Humming Room“ widmet sich den Bienen. styriarte und Murszene stillen das Bedürfnis nach hochkarätigen Konzerten mit Musik verschiedener Epochen und Ländern. Die Murinsel wird zum schwimmenden Kino für Musikdokus, Filmklassiker und Neuheiten.

Text: Natalie Resch

Mit künstlerischen Interaktionen erobert La Strada den Lebensraum in der Stadt Stück für Stück für die Menschen zurück. Wer soll dies – nach den coronabedingten Restriktionen des kulturellen Lebens – wagen, wenn nicht „ein Festival, dem der öffentliche Raum als Aktionsfläche dient“, so Festivalintendant Werner Schrempf. Dass Räume verhandelbar sind, führt It does matter where vor Augen und fordert die Grazer zur Partizipation auf: „Es ist nicht der Protest, der uns antreibt, es ist Lust, sich frei einen Platz zu suchen mit seinem Sessel in der Stadt, Begrenzungen zu verschieben“, so Willi Dorner über sein Community-Art-Projekt. In enger Zusammenarbeit mit Günter Meinhart und STUDIO PERCUSSION entsteht eine Komposition, bei der die Bewohner zu musikalischen Solisten einer solidarischen Klangskulptur werden. Acht Tänzer der Compagnie Liquid Loft durchmessen mit ihren Stand-Alones auf poetische Weise den Stadtraum und lassen uns einmal mehr über den Körper als Sprachorgan nachdenken. Was bedeutet Nähe und Distanz? Für uns als Individuen, aber auch als polyphones Kollektiv. Eigens für den 2. Satz des Festivals kreiert Christian Muthspiel A Human Music Machine. Sein 18-köpfiges Orjazztra Vienna Ensemble bildet das klangliche Perpetuum Mobile, das – nach La-Strada-Manier – an allerlei möglichen und unmöglichen Orten und Plätzen auftaucht. Ein „dramaturgisch spannendes Raum-Musik-Stück“, so Muthspiel. Absurde Szenerien an der urbanen Peripherie, die auch Horrorfilmen entlehnt sein könnten, bietet das Workinglifebalance Ltd mit dem Theater am Bahnhof in ihrem Projekt zum Graz Kulturjahr 2020. Als hätten die Theaterschaffenden so eine Vorahnung gehabt, thematisiert die Performance im öffentlichen Raum Die Einsamkeit dieser Stadt. Internationale Gäste und langjährige La-Strada-Wegbegleiter finden sich mit den Klangkomponisten ­Strijbos & Van Rijswijk in Graz ein. Sie haben landscape opera Signal ihm Gepäck, ein Klangkunstwerk, das sich über die ganze Stadt erstreckt und einen Vorgeschmack auf jene Produktion gibt, die 2021 in Kooperation mit dem Festival der Regionen entsteht. Ins kommende Jahr verschoben ist auch die Koproduktion mit CIRCA, dem australischen Top-Ensemble des Neuen Zirkus. Gearbeitet wird aber bereits jetzt daran, denn 18 der insgesamt 36 Protagonisten des politischen Stückes Leviathan, angelehnt an Hobbes Staatstheorien, stammen aus der lokalen Szene. Die großformatige Bühnenproduktion entsteht ortsspezifisch im Austausch zwischen Profis, Laien, Menschen verschiedenen Alters und sozialer Herkunft. Anfang Juli beginnen die Auditions. CIRCA-Regisseur Yaron Lifschitz ist via Zoom dabei, der Prozess wird von einem Filmteam begleitet.

La Strada Graz. Ein Festival in vier Sätzen. 

2. Satz: 24. Juli – 1. August 2020

lastrada.at

Foto: Nicola Milatovic

Kulturjahr kommt in Bewegung

Leviathan ist eines jener Projekte, die aufgrund der Pandemie verschoben werden. Zahlreiche Produktionen nehmen hingegen im Sommer (wieder) volle Fahrt auf: Darunter Elisabeth Harniks Wahrnehmungsinstallation rund um das Museum der Wahrnehmung im Augarten. Der aus Holz konstruierte Humming Room aus modulierbaren Elementen ist ein sinnlich-­poetischer Beitrag über das individuelle Hinhören. „Inspiriert hat mich ein Hörerlebnis in einem verlassenen Steindorf in Kroatien. Das Summen der Bienen hat mich einem Konzert gleich magisch angezogen“, so die Komponistin. In Zusammenarbeit mit der Architektin Milena Stavric und der Akustikerin Jamilla Balint ist die begehbare Installation in Wabenform entstanden. „Im Hören gehen wir Verbindungen ein mit der Klangquelle.“ Auf den Zustand der Verbundenheit, bewusst oder unbewusst, referiere ihr Humming Room, so Harnik. Über den Projektverlauf sind die einzelnen Wandelemente über die Stadt verteilt zu finden, überall dort, wo es einen Bezug zu Bienen gibt; denn Humming Room stellt auch die Frage nach dem Miteinander von Mensch und Tier im Stadtraum zur Diskussion.

Das esc medien kunst labor reflektiert bis Ende Juli mit der Intervention im Stadtraum Radio Cyborg den Einfluss von Technologie auf unser Denken. In eine Buschenschenke auf der Ries zieht sich der Grazer Kunstverein zurück, um dort zu diskutieren und Lesungen zu lauschen.

Musik & Film

In Finstan möchte’ i sein lautet der Titel der styriarte-Konzerte in der sommerlichen Open-Air-Atmosphäre der Kasematten am 13. Juli. In den alten Gemäuern der einstigen Befestigungsanalagen werden John Dowlands melancholische Songs of Darkness mit einem wienerischen Sprachgewand überzogen – von keiner geringeren als Agnes Palmisano. Die Meisterin des Wienerliedes, begleitet von vier Gamben, transferiert Renaissance-Klänge ins Hier und Heute. Dem Hellen wiederum, dem Vollmond, widmet sich die styriarte im Schlosspark in Eggenberg am 4. Juli. Folksmilch galoppiert klanglich dem Erlkönig gleich durch die Nacht; Gerd Kenta führt den chor pro musica mit sicherer Hand durch die Nachtgesänge von Schubert und Johannes Chum besingt Robert Schumanns schönste Nachtlieder, begleitet von einer historischen Kontragitarre.

Gisele Jackson

Im Herzen der Stadt, am Mariahilferplatz, sind im Rahmen der Murszene Musiker aus aller Welt zu Gast: Buena Banda paart am 23. Juli Blechblasinstrumente mit Groove und Pop. Der südamerikanische Jazzmusiker Emiliano Sampaio tritt mit seiner vierköpfigen Formation auf. Bekannte Musikgrößen der heimischen Szene geben sich am 30. Juli mit Christian Bakanic Trio Infernal die Ehre, den Abschluss macht Ismael Barrios Salsa Explosion.

Einen Brückenschlag weiter fungiert die Murinsel ab 7. Juli als schwimmendes Kino. Das Kinoprogramm eröffnet Django – Ein Leben für die Musik über den Jazzpionier Django Reinhardt, gefolgt von Klassikern wie Müllers Büro und Dokus wie Die Dohnal oder Ginga: The Soul Of Brazilian Football des Produzenten von City of God.    

Kino auf der Murinsel
Foto: Harry Schiffer

Murszene von 23. Juli bis 15. August, Do bis Sa, jeweils ab 20 Uhr, murszene-graz.at

styriarte: „Geschenke der Nacht RELOADED“ von 1. bis 26. Juli 2020, styriarte.com

Sommerkino auf der Murinsel von 7. Juli bis 2. September 2020, dienstags/mittwochs, Juli: 21 Uhr, August & September: 20 Uhr, murinselgraz.atRaphael Wressnig & The Soul Gift Band feat. Gisele Jackson (8. August 2020)

Raphael Wressnig & The Soul Gift Band feat. Gisele Jackson (8. August 2020)