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Murinsel Graz: Ein Kulturort wird zur Urlaubsdestination

Murinsel Foto: Harry Schiffer

Nach wochenlanger Ausgangssperre und weiterhin ungewissen Reisemöglichkeiten für den kommenden Sommer fühlen sich viele Grazerinnen und Grazer endgültig „reif für die Insel“. Der Traum von einer solchen Auszeit kann glücklicherweise ohne Fernreise Wirklichkeit werden. „Achtzig“ sprach mit dem für das Kulturprogramm auf der Murinsel verantwortlichen Geschäftsführer der Graz 2003 GmbH über designte Inselträume und den Wert eines Kulturortes in Krisenzeiten.

Text: Stefan Zavernik

Seit wenigen Wochen sind die Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung aufgehoben. Museen und Restaurants dürfen seit Mitte Mai wieder für Besucher und Gäste öffnen. Ab wann wird auch die Murinsel als urbaner Naherholungsort wieder in Betrieb gehen? Die Sehnsucht nach der Auszeit auf einer Insel ist so groß wie nie.

Die Murinsel hat am erstmöglichen Termin, also am 15. Mai, wieder aufgesperrt. Die notwendigen Sicherheits- und Abstandsregeln sind für den Cafébetrieb und unser Gastroteam natürlich schon eine ziemliche Herausforderung.

Wolfgang Skerget

Ist die Coronakrise für einen Kulturort wie die Murinsel auf gewisse Weise auch eine Chance?

Diese weltweite Gesundheitskrise ist ein Jahrhundertereignis und sie ist Realität. Ob diese speziellen Bedingungen für uns eine Chance sind, werden wir erst gegen Ende des Jahres wissen, wir setzen aber alles daran, dass es so sein wird. Die Tatsache, dass man auf der Murinsel die Besucherzahlen aufgrund der Zugangssituation sehr gut steuern kann, sollte uns jedenfalls helfen. Aus diesem Nachteil könnte also ein kleiner Vorteil werden. Auch die Tatsache, dass man bei uns auch kleine und mittlere Formate sehr sympathisch präsentieren kann, möchten wir im heurigen Jahr bestmöglich nutzen.

Wie schwierig wird es aus heutiger Sicht sein, Publikumsbeschränkungen im Rahmen von Veranstaltungen für die Insel umzusetzen?

Das wird in jedem einzelnen Fall eine besondere Herausforderung. Ich vertraue da aber auf das organisatorische Fingerspitzengefühl unseres Teams und das Verständnis des Publikums. Weniger Publikum pro Veranstaltung heißt aber auch weniger Einnahmen bei eher höherem organisatorischem Aufwand. Daher werden wir uns heuer budgetmäßig außerordentlich anstrengen müssen.

Foto: Harry Schiffer

Seit einigen Jahren schon setzt man bei der Bespielung der Insel verstärkt auf ein Kunst- und Kulturprogramm. Für dieses Jahr sollte die Insel ihr Potenzial als ungewöhnliche Theaterbühne nutzen. Was hat die Insel als Theaterbühne, das klassische Bühnensettings nicht haben?

Nach der Generalsanierung der Murinsel haben wir vor dreieinhalb Jahren mit einer kontinuierlichen Programmierung begonnen. Seit etwas über zwei Jahren betreiben wir nun auch das Café selbst und können daher Programm und Gastro gut aufeinander abstimmen. Dennoch sind wir noch in der Anfangsphase, denn um einen viele Jahre programmatisch brach liegenden Ort als Kulturlocation zu positionieren, braucht es neben Ideen und Geld auch Zeit. Zu Ihrer Frage nach dem Theater: Ja, wir möchten das Programmspektrum der Insel schrittweise erweitern. Technisch haben wir derzeit gar nichts, was klassische Theaterbühnen üblicherweise haben, dennoch möchten wir diese künstliche Insel für eher experimentelle Bühnenprojekte nützen. Ich glaube fest daran, dass da was draus werden kann. Lassen Sie sich überraschen!

Eine erste Premiere gab es bereits mit dem werkraumtheater Anfang März. Im Sommer hätte eine Produktion der Vitamins of Society folgen sollen. Hält man trotz Corona an dieser Idee fest? Um was wird es im Stück gehen?

Die werkraumtheater-Produktion war ein erster Versuch. Das werkraum-Team hat ein höchst musikalisches, wunderbar reduziertes Indoor-Stück aufgeführt. Qualität und Stimmung haben meine Erwartungen weit übertroffen. Wir denken über weitere Kooperationen nach – da wird es sicher noch die eine oder andere schöne Produktion geben. Und ja, an der geplanten Produktion der Vitamins of Society Mitte August halten wir fest, wir werden uns halt an die dann geltenden Regeln anpassen – zum Inhalt des Stücks will ich nichts sagen, das ist die Sache von Jimi Lend und seinem Team – Sie werden es aber nicht bereuen, wenn Sie vorbeikommen!

Foto: Harry Schiffer

Die Insel hat sich als Freiluft-Kino-Location in den letzten Jahren einen Namen gemacht. Wird es ein solches Programm auch in diesem Jahr geben? Trotz Krise?

Ja, wir werden in den Sommerferien zweimal pro Woche Open-Air (und auch im Café, daher sind wir quasi wetterfest) Kino bieten, programmiert wird in bewährter Weise vom Filmzentrum im Rechbauerkino und von OchoReSotto. Ich halte es gerade in dieser krisenhaften Zeit für wichtig, geplante Programme – wo immer es geht – in angepasster Form durchzuziehen. Die Welt kann ja nicht stehen bleiben. Und gerade in so einer Phase ist Kreativität gefragt. Außerdem: Ich bin überzeugt, dass die Murinsel nur dann ihre Daseinsberechtigung erhalten kann, wenn sie als Kulturort wirkt. Sie wurde als ikonisches Bauwerk für den Start des Kulturhauptstadtjahres 2003 errichtet, weil klar war, dass das Kunsthaus erst Ende 2003 fertig sein würde. Das hat bestens funktioniert, als inhaltliche Aufladung für alle Zeiten reicht das aber nicht aus, daher muss auf der Murinsel Kultur stattfinden.

Freiluftkino auf der Murinsel
Foto: Harry Schiffer

Neben Ihrer Funktion als einer der beiden Geschäftsführer der 2003 GmbH, die als Eigentümer und Betreiber der Murinsel fungiert, sind Sie Leiter der City of Design Koordinationsstelle im Bürgermeisteramt. Wie nahe liegen Design und Kunst letzten Endes beieinander?

Wahrscheinlich näher, als so manche Proponenten der beiden Genres womöglich denken. Ich halte Kategorisierungsfragen aber generell nicht für besonders spannend. Der Designmonat ist aufgrund der Krise abgesagt worden. Gibt es hier nun ein Vakuum, das es dieses Jahr zu füllen gilt? Und wenn ja, welche Ideen gibt es, um ein solches zu füllen? Dass der Designmonat Graz heuer aufgrund der weltweiten Pandemie abgesagt werden musste, ist natürlich ein Verlust, die Entscheidung der Creative Industries Styria (CIS), die den DMG veranstaltet, war unter diesen Bedingungen aber wohl alternativlos. Ein Großevent fällt aus, aber Design und Kreativität sind deswegen ja nicht abgeschafft, ganz im Gegenteil. Und wenn ich mir nur die vielfältigen sonstigen Programme und Projekte der CIS anschaue, bin ich trotz der insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Situation optimistisch. Und auch wir von der City of Design Koordination werden unseren Beitrag leisten und werden etwa die beliebten Krea­tivrundgänge digital anbieten und auch das Subnetwork-Meeting der 40 UNESCO-Designstädte Anfang Oktober in Graz bereiten wir mit Hochdruck als Hybrid-Veranstaltung (Präsenz und virtuell) weiter vor.