Start Kunst & Kultur GrazMuseum: Exklusive Blicke in die Vergangenheit

GrazMuseum: Exklusive Blicke in die Vergangenheit

Graz, Bismarckplatz - Promenade, 1920er Jahre

Nachdem das GrazMuseum die Zeit des Umbaues für die Besucher mit der digitalen Ausstellung „360 Graz digital“ versüßt hatte, öffneten sich am 2. Oktober 2019 wieder die Pforten für zwei neue Ausstellungen.

In den letzten zwölf Wochen waren die Tore des GrazMuseums wegen Umbaus geschlossen. Nach aufwendigen Renovierungsarbeiten präsentiert sich das Museum nun in neuem Glanz und bespielt seine Hallen und Räume zur Eröffnung gleich mit zwei Ausstellungen, die beide das historische Graz als Kulturhotspot ins Zentrum rücken. „Wir wollen in den beiden Ausstellungen Brücken Bäder ­Boulevards und ŠTAJER-MARK nicht nur ein Format bedienen, sondern wir wollen alle künstlerischen Medien – von Postkarten über Gemälde bis hin zu digitalen Einspielungen – nutzen, um die Geschichte unserer Landeshauptstadt so greifbar wie möglich zu machen. Zudem wird Graz dadurch in Facetten gezeigt, die bislang noch unbekannt waren. Wir möchten den Sehnsüchten der Menschen entgegenkommen, ein echtes Stadtgefühl erlebbar machen, um die Geschichte auf sich wirken lassen zu können. Wir bieten außerdem einen exklusiven Blick in die Vergangenheit, denn 80 Prozent der Bilder, die wir zeigen, wurden noch nie veröffentlicht“, so Otto Hochreiter, Direktor des GrazMuseums und Leiter des Grazer Stadtarchivs.

Franz-Karl-Brücke mit Grand Hotel Wiesler, 1911

„Brücken Bäder Boulevards“

Die Ausstellung Brücken Bäder ­Boulevards – Erinnerungen an das alte Graz ruft mit ihren eindrucksvollen Gemälden, Fotografien, Plänen, Grafiken, Postkarten und Filmen die urbanen Qualitäten des einstigen Graz ins Gedächtnis, von jener Zeit, in der Schönheit des städtischen Raums noch ein klar formuliertes Planungsziel war. Sie handelt von Urbanität als einer spezifischen Lebensform und versucht zu zeigen, wie sehr die Stadtgestaltung Voraussetzung für das Gelingen von „echtem Stadtgefühl“ ist. Dabei spielen diverse Gestaltungselemente wie Brücken oder andere Installationen, wie der Name der Ausstellung verrät, eine essenzielle Rolle. Brücken verbinden seit jeher die beiden Grazer Murufer und geben der Stadt dadurch ihr Gesicht sowie ihren Lebensrhythmus. Sie führen jedoch nicht nur zwei durch einen Fluss getrennte Gebiete zusammen, sondern auch die darauf lebenden Menschen. Viele dieser frühen bautechnischen Konstrukte waren Meisterwerke des Eisenbaus, die es den Menschen möglich machten, durch ihre architektonische Beschaffenheit die Naturgewalt zu überwinden und zueinanderzufinden.

Kulturstadtrat Günter Riegler, Vizedirektorin Sibylle Dienesch und Direktor Otto Horchreiter (v.l.n.r.)
Foto: Lena Prehal

Wasser trennt – und verbindet

Während Brücken vonnöten waren, um das trennende Wasser, die reißende Mur, zu überqueren, vermochte Wasser jedoch auch, Menschen zusammenzuführen. Die zahlreichen Grazer Bäder entwickelten sich zu Orten der Begegnung und der Einebnung gesellschaftlicher Unterschiede. Ins Bad ging, wer im Wasser Licht, Luft und Sonne, mitunter soziale Grundbedürfnisse des Menschen, genießen wollte. Diese Schauplätze waren schon damals Orte der architektonischen Moderne. Wer sehen und gesehen werden mochte, konnte sich auch auf den Grazer Boulevards zeigen sowie durch die Promenaden flanieren. Menschen eilen aneinander vorbei, grüßen sich, sehen sich um, bleiben stehen … ein Zusammenspiel von Nähe und Distanz. „Das Besondere bei dieser Ausstellung ist auch, dass sich alle drei baulichen Elemente, die Brücken, die Bäder und die Boulevards in der räumlichen Gestaltung unserer Museumsräume wiederfinden; die Fragilität der Brücken, die Weite der Bäder und die Boulevardstrecken, die sich begegnen oder auch nicht. Das alles ist ins Design der Ausstellung eingeflossen“, betont Hochreiter.

Schwimmbad zur Sonne

„ŠTAJER-MARK“

Poznate Štajersko? – Kennen Sie die Steiermark? Und wussten Sie, dass es heute zwei davon gibt, eine in Österreich, eine in Slowenien? Tatsächlich waren diese beiden „Steiermarken“ ehemals eine gemeinsame Region und bildeten bis 1918 zusammen ein Kronland der Habsburgermonarchie. Der südliche Teil war schon damals stark von Zweisprachigkeit geprägt, sodass die beiden Gebiete durch den wachsenden Nationalismus im 19. Jahrhundert langsam ihre eigene Kultur entwickelten. Die Ausstellung ŠTAJER-MARK: Postkarten der historischen Untersteiermark / Razgledinice zgodovinske Spodnje Štajerske 1890-1920 nähert sich der steirischen Geschichte durch ein populäres Medium dieser Zeit, die Postkarte. Die bebilderten Karten geben uns heute Aufschluss über das Miteinander, das Nebeneinander, aber genauso über das Gegeneinander der deutsch- und slowenischsprachigen Bevölkerung der sogenannten „Untersteiermark“. Der Graz-Bezug wird hier auch besonders hervorgehoben, zumal Graz die Hauptstadt dieser mehrsprachigen Bevölkerung war und von beiden Bevölkerungsgruppen beeinflusst wurde. Auch heute leben und arbeiten noch etwa 17.000 slowenische Menschen in Graz, das entspricht der Einwohnerzahl der neuntgrößten Stadt in Slowenien. Das Thema reicht also bis in die Gegenwart.

Die Ausstellung ŠTAJER-MARK nähert sich der steirischen Geschichte durch die Postkarte.
Foto: Theresa Rothwangl

Geschichte (an)fassbar machen

„Als Repro-Ausstellung arbeiten wir nicht mit dem Originalmaterial, das hinter der Vitrine verschlossen liegen müsste, sondern wir haben uns entschieden, im wahrsten Sinne des Wortes die Geschichte fassbar zu machen“, erklärt ­David ­Kranzelbinder, der gemeinsam mit Eva Tropper die kuratorische Leitung übernommen hat. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden wahre Schätze gefunden, die nun helfen, ein ganz anderes Bild von der „Steiermark“ nachzuzeichnen und Verborgenes sichtbar zu machen. „Mit den Postkarten kann man Geschichte anders erzählen. Es zeigt sich eine andere Welt als die, die durch sonstige Medien erschlossen werden kann“, so Tropper. Als Wanderausstellung hat ŠTAJER-MARK bereits mehrere Stationen hinter sich. Erstmals gezeigt wurde sie im Herbst 2018 im Pavelhaus, danach ab Juni 2019 im Heimat.Museum in Feldbach. Parallel dazu entstand auch eine mobile Version der Ausstellung, die bisher insgesamt an sechs Orten in Slowenien und der Steiermark zu sehen war. Nun ist sie in einer erweiterten Form im Rahmen der Eröffnung des GrazMuseums erstmals in Graz zu sehen.

Neues Rathaus um 1900

Brücken Bäder Boulevards

zu sehen bis 8. März 2020

ŠTAJER-MARK

zu sehen bis 9. Februar 2020

Annenhofkino um 1930, Franz Gruber-Gleichenberg

GrazMuseum, Sackstraße 18, 8010 Graz, Öffnungszeiten: täglich 10 Uhr bis 18 Uhr und mittwochs bis 20 Uhr, Kontakt: 0316 8727600

www.grazmuseum.at