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Michael Schickhofer im Interview: Ein Fahrplan für die Zukunft

Foto: Aldin Bektas

Landeshauptmann-Stv. Schickhofer über den von ihm initiierten Zukunftsprozess und wie er die Steiermark für kommende Herausforderungen fit machen will.

Text: Wolfgang Pauker

Inwieweit lässt sich die Zukunft der Steiermark in einer globalisierten Welt strategisch planen?

Ich glaube, es ist wichtig, die Grundzugänge zu definieren. Das geht vom Kulturleben in den Regionen über leistbares Wohnen bis zu aktivem Klimaschutz. Und ich bin davon überzeugt, dass man, um Zukunft aktiv zu gestalten, ein Idealbild zeichnen und klar formulieren muss, wo man die Steiermark hinkünftig national und international positionieren will. Dass sich Zukunft natürlich nicht voraussehen lässt, ist klar, aber wir müssen uns über die Szenarien und die großen Trends der Welt frühzeitig Gedanken machen. Denn was wir als Region sehr wohl tun können, ist Innovations- und Zukunftsmotor zu sein. Wenn man wie wir in der Steiermark etwa auf grüne Energie aus Sonne, Wasser und Wind setzt, schafft man damit nicht nur neue Arbeitsplätze und einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch Zukunftschancen. Natürlich müssen wir uns Bündnispartner in Österreich und Europa suchen – aber wenn man dem inneren Geist, etwas bewegen zu wollen, folgt, dann hat man auch als Steiermark in einem großen Ganzen die Chance, etwas zu bewegen.

Als Vorarbeit zur Landesentwicklungsstrategie erarbeiteten Experten verschiedener Fachgebiete das „Grünbuch“. Was bezweckt die Publikation?

Mir war wichtig, dass wir nicht ins Blaue hinein diskutieren, sondern eine konkrete Grundlage haben, in der die Trends und die Zukunftsentwicklungen ganz genau dargestellt sind. Hierfür haben aus vielen Lebensbereichen Praktikerinnen und Praktiker aus allen steirischen Regionen, vom Landesjugendbeirat bis zur Rektorenkonferenz und den Sozialpartnern, ihren Erstvorschlag für das Zukunftsbild der Steiermark eingebracht. Es ist die Basis, auf der weitere Ideen, Abänderungsvorschläge und ganz viele unterschiedliche Vorstellungen, wie sich die Zukunft entwickeln kann, entstehen sollen. Auf dieser Grundlage werden wir uns unserer politischen Aufgabe stellen. Denn ich möchte, dass die Landesentwicklungsstrategie 2030+ so etwas wie ein Fahrplan für die Zukunft ist. Wir müssen anfangen zu zeigen, dass Politik auf jeder Ebene aktiv gestalten kann – sie muss es nur tun!

Foto: Aldin Bektas

Im Rahmen der Bürgerbeteiligung am Zukunftsprozess tourten Sie durch die steirischen Regionen. Was haben Sie von den Diskussionen mitgenommen?

Vor allem, dass die Steirerinnen und Steirer mitreden und mitgestalten wollen. Und es war schön zu spüren, dass sich tausende Menschen hier aktiv in den Prozess eingebracht haben und dass die Grundlinien, die wir vorgeschlagen haben, breit mitgetragen werden. Und dass man auch schon sehr stark an Umsetzungsinitiativen denkt. Denn darum geht es mir. Jetzt den Fahrplan zu definieren und die Ärmel aufzukrempeln, um die Ziele auch zu erreichen. Hierfür sehe ich viele Umsetzungspartner in Graz und den steirischen Regionen. Denn ein weiterer wichtiger Punkt, der in den Gesprächen ganz klar herausgekommen ist, war, dass es nicht nur um wirtschaftliches Wachstum geht, sondern auch um eine Entwicklung hin zum Gewinn von mehr Lebensqualität.

Von Bildung über Klima bis hin zu Sicherheit oder Digitalisierung widmet man sich vielen Problemstellungen. Welche der Themen erachten Sie als am dringlichsten?

Ich denke, dass nur im Zusammenspiel aller Themengebiete eine Zukunftsperspektive erarbeitet werden kann. Weil die Themen ineinandergreifen und ich deshalb keine Priorität einräumen möchte. Ich glaube vielmehr, dass es darum geht, ein Gesamtbild zu entwickeln. Und klarzumachen, dass ich beispielsweise, wenn ich grüne Mobilität haben möchte, und auch öffentliche Verkehrsmittel wahrgenommen werden sollen, das auch bildungspolitisch sensibilisieren und verankern muss. Gleichzeitig muss auch budgetpolitisch die entsprechende Vorsorge getroffen werden. Wenn es um Betriebsansiedlungen geht, müssen wir uns überlegen, wie man zu ausreichend Fachkräften kommt. Die haben wir nur dann, wenn man für die Lehre sensibilisiert und gleichzeitig das Land so lebenswert gestaltet, dass kluge Köpfe, die im Ausland ausgebildet wurden, hierherkommen wollen. Weil es Berufschancen gibt und man auch die soziale Situation schafft, Lebensqualität und Zeit für Fort- und Weiterbildung zu haben. Und da liegt es an uns, gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Foto: Aldin Bektas

Die Landesentwicklungsstrategie soll im Frühsommer von der Landesregierung beschlossen werden. Welche Ergebnisse erwarten Sie sich in der Umsetzung?

Ich erwarte mir, dass sich die ganze Budget- und Förderpolitik des Landes an dieser Landesentwicklungsstrategie ausrichtet. Dass wir eine gemeinsame Klammer über alle Ressortbereiche der Landesregierung legen und meiner Abteilung eine Koordinationsfunktion zukommt. Denn bisher war man Türklinken putzen von einem Ressort zum nächsten, wenn man beispielsweise einen Betrieb ansiedeln wollte oder eine Projektidee hatte. Und hier soll die gesetzliche Aufgabe hinkünftig bei der Landes- und Regionalentwicklung liegen, die dann die Projekte, die der Landesentwicklungsstrategie entsprechen, finanziert und pusht. Denn die Strategie allein schafft noch keine Arbeitsplätze oder Lebensqualität – aber sie ist ein Handlungsleitfaden für ein gutes, sicheres und glückliches Leben in der Steiermark.

Was ist Ihre Vision für die Steiermark der nächsten Jahre und Jahrzehnte?

Mir ist wichtig, dass wir alle Steirerinnen und Steirer mitnehmen. Denn so gut die Steiermark im internationalen Vergleich auch dasteht, es ist für mich nicht akzeptabel, dass über ein Viertel der Bewohner ohne Geld am Sparbuch leben muss oder es 20 % armutsgefährdete Kinder gibt. Auch wenn wir es geschafft haben, Arbeitsplätze in die Regionen zu bringen, sehe ich, dass sich viele Familien – auch als Fachkräfte – schwertun, leistbares und qualitätsvolles Wohnen vorzufinden und dass am Ende des Tages am Gehaltszettel zwar gar nicht so wenig oben steht, für das Leben aber wenig überbleibt. Mir geht es darum, klarzumachen, dass man keine Angst vor der Zukunft zu haben braucht. Wir müssen sie nur richtig gestalten und nutzbar machen. Ich will mit dem Prozess ganz klar ein Zukunftsbild zeichnen, in dem sich jede Steirerin und jeder Steirer sicher fühlen kann, auf ein gutes Gesundheitssystem verlassen kann und das eine persönliche Gestaltung und Entfaltung in allen steirischen Regionen ermöglicht. Ich möchte keinem Steirer vorschreiben, wie er leben soll, aber die Rahmenbedingungen schaffen, dass sich jeder mit seinen individuellen Begabungen und Zugangsweisen entsprechend positiv entwickeln kann.