Start Kunst & Kultur 2. styrianARTtalk: „Ohne Öffentlichkeit ist es keine Kunst.“

2. styrianARTtalk: „Ohne Öffentlichkeit ist es keine Kunst.“

Künstler Florian Nitsch Foto: GEOPHO

Die styrianARTfoundation lud gemeinsam mit Deloitte Styria zur Podiums­diskussion mit Live-Painting von Florian Nitsch.

Text: Wolfgang Pauker

Wie können Kunstschaffende und Unternehmer in Kontakt treten und Synergien nutzen? Welche Vorteile haben Unternehmen, wenn sie Kunstwerken (auf Zeit) eine neue Bleibe bieten? Diese und andere Fragen wurden beim 2. styrianARTtalk angeregt diskutiert. Die von Gernot Rath (ORF) geführte Runde, bestehend aus „Hausherr“ Friedrich Möstl (Partner der Deloitte Styria), Kulturstadtrat Günter Riegler, Kunstexperte Otto Ressler und Sammler Christoph Schell (Schell Collection), ging dabei auch der schwierigen Frage auf den Grund, was denn überhaupt Kunst ist und wieso sie eine so große Faszination auf den Betrachter ausübt. Bei einem war sich das Podium jedenfalls einig: „Ohne die Auseinandersetzung, die Diskussion, die Öffentlichkeit ist es keine Kunst“, so Kunstexperte und Auktionator Otto Hans Ressler.

styrianARTfoundation Obfrau Margret Roth.
Foto: GEOPHO

Und da Kunstwerke zu besitzen ein Luxus ist, den sich nicht jeder leisten kann oder möchte, kann man die Arbeiten aus der Sammlung der ­styrianARTfoundation (SAF) nun auch mieten und damit ein kreatives Umfeld in seinem Unternehmen schaffen. So wie es Friedrich Möstl tut, der die neuen Büroräume des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte am Paulustor mit rund 40 Werken aus der Sammlung der SAF schmückt und diese einem breiten Publikum zugänglich macht. Darüber hinaus ergibt sich auch eine für Unternehmer interessante wirtschaftliche Komponente, wie er hervorstreicht: „Angekaufte Kunst ist für Unternehmen in Ermangelung einer Abnützung grundsätzlich nicht abschreibbar, während das bei gemieteter Kunst sehr wohl der Fall ist.“

V.l.: Friedrich Möstl, SAF-Obfrau Margret Roth, FLorian Nitsch, SAF-Obfrau Edith Temmel, Otto Hans Ressler, Günter Riegler, Gernot Rath, Christoph Schell.
Foto: GEOPHO

Wie kommt Kunst zu ihrem Preis?

Diese Frage versuchte Ressler anschaulich am aktuellen Beispiel des britischen Street-Art-Künstlers Banksy zu beantworten, der unlängst eines seiner bei ­Sotheby’s London für 1,2 Millionen Euro versteigerten Werke schredderte und damit enormes Medienecho hervorrief. Aus der Sicht eines der renommiertesten Kunstexperten stellte Ressel klar die These in Abrede, dass es sich dabei um einen Alleingang des Künstlers handelte, der damit den Kunstmarkt kritisieren wolle. Denn genau das Gegenteil sei der Fall, wofür einige Indizien sprechen, die eine Abrede mit dem Auktionshaus nahelegen. „Denn schon die Tatsache, dass das Bild entgegen der üblichen Praxis bereits die gesamte Auktion lang an der Wand hing und auch als letzte Position versteigert wurde, macht klar, dass es eine perfekte Marketing-Aktion war, die die Popularität des Künstlers und den Wert des Bildes noch einmal erheblich steigerte“, so Ressler.

Foto: GEOPHO

Und genau hier knüpft auch die Problematik an, denn Qualität ist nicht das eigentliche Kriterium bei der Wertbestimmung von Kunst, sondern die Bekanntheit des Erschaffers. Und hier lässt sich besagte Aktion wohl als einer der größten Marketing-Coups der Kunstgeschichte einordnen. Das Schwierige an der Kunst besteht also auch darin, dass es unmöglich ist, Kunst qualitativ zu bewerten. „Weil es ganz einfach keine Definition darüber gibt, was Kunst überhaupt ist“, so Ressler, der deutlich macht: „Wenn man schon nicht mit Sicherheit sagen kann, was Kunst ist, wie soll man dann auch noch über deren Qualität urteilen? Dieses Urteil kann nur jeder Betrachter für sich selbst treffen!“

Foto: GEOPHO

Wieso fasziniert uns Kunst?

Kulturstadtrat Günter Riegler brachte vier Kriterien vor, die eine Annäherung an die Frage „Was ist Kunst?“ ermöglichen. Ihm zufolge sind das „Innovation“, also eine neue Idee, die es so noch nicht gegeben hat, „handwerkliche Meisterschaft“, „gesellschaftliche und soziale Relevanz“ und als viertes Element: „Magie“. Denn ein Werk muss den Betrachter bezaubern. Diesen Punkten fügte Ressler noch die Ambivalenz hinzu, „denn eine gewisse Widersprüchlichkeit muss in einem Kunstwerk vorhanden sein. Wenn es eindeutig und plakativ ist, dann ist es die Beschreibung von Kitsch.“ Entscheidend ist für Ressler auch die Ästhetik als zentraler Bestandteil eines Kunstwerks. Diese muss nicht mit Schönheit übersetzt werden, sollte aber Kraft besitzen, uns zu ergreifen oder zu verärgern. Und die Magie, so der renommierte Kunstkenner, liegt im Auge des Betrachters. Sie ist das Echo, die Antwort auf die Kunst.

Foto: GEOPHO

Magische Momente von Florian Nitsch

Tiefe Einblicke in die Magie des Kunstschaffens bot das Live-Painting von Florian Nitsch. Der in Graz aufgewachsene Oberösterreicher, der aktuell in Brüssel lebt und ein Studio betreibt, ließ sich von dem Gesagten inspirieren, um ein im Vorfeld vorbereitetes Kunstwerk impulsiv fertigzustellen. „Wobei es künstlerische Vorbereitung auf ein Werk eigentlich gar nicht gibt, denn in jedem Bild gipfelt die Entwicklung des Künstlers. Jedes Bild kann scheitern, aber das Scheitern kann auch neue Chancen eröffnen“, so Nitsch. Kunstschaffen ist für ihn aber immer eines: „100 % Wagnis.“

Foto: GEOPHO

www.styrianart.at