Start Kunst & Kultur „Käfersucht“ – von Krieg und Krabbeltieren

„Käfersucht“ – von Krieg und Krabbeltieren

Mit Ende Oktober geht die Spielsaison des „Theater im Keller“ in die nächste Runde. Sophie Reyers Bühnenstück überzeugt mit Surrealismus und dem menschlichen Blick nach innen.

Text: Bettina Leitner

Käfersucht, bereits der Titel wirkt ebenso verstörend wie absurd und lässt reichlich Spielraum zur Interpretation. Genau diese Intention verfolgt auch die Dramatikerin mit ihrem außergewöhnlichen Stück. Es soll durch die von ihr gerne verwendeten Surrealismen einen neuen Blick einfordern, der schließlich umso schärfer zu sehen imstande ist, wenn sich der Zuschauer auf diese Entwicklung eingelassen hat. Somit wird das Publikum in ein ganz besonderes literarisches Land mitgenommen, das sich nur den Entdeckungsfreudigsten wirklich als zugänglich erschließt. Es ist „ein Stück über das Vergessen, die verlorene Erinnerung und die verworrene Suche danach“, charakterisiert die Regisseurin Eva Weutz das Drama. Auf poetisch-grausame Weise verstricken sich die Lebensgeschichten des jungen Mädchens Fine und des betagteren Kosovoflüchtlings Uriel, der indirekt sein Kriegstrauma, den Schmerz und auch die Verzweiflung auf das Mädchen überträgt.

Was, wenn die Käfer kommen?

Dass Fine durch diese schicksalhafte Begegnung ins Grübeln gerät, ist der natürliche Lauf der Dinge. „Was, wenn die Erinnerung an die eigene Grausamkeit der Kindheit plötzlich wiederkommt? Wenn da eine Schuld ist … oder doch keine …? Was, wenn das Opfer den Täter versteht? Wenn da ein Verschmelzen beginnt … bis der Wahnsinn kommt … bis die Erinnerung kommt … bis die Käfer kommen …?“, beschreibt die Regisseurin Weutz den Kern der Geschichte. Dies macht den Protagonisten klar, dass über allem der Krieg steht, ein System, das die Menschen zu Tieren macht. So ist auch Uriel besessen von Seidenraupen und ihrer Rache – auch an Fine. Denn starben bisher nicht unzählige Raupen und Käfer, die unter den lustvollen Fingern energischer Kinder erbarmungslos zerquetscht wurden? Doch nun sind die Raupen überall und das Grauen ist nicht aufzuhalten!

Bewährte Zusammenarbeit

Bei Reyers Stück steht nicht so sehr der Plot im Vordergrund, sondern die eher ver- als enthüllende Sprache, die durchaus auch lyrisch anmutet. Um dies auch adäquat umzusetzen, wird Eva Weutz mit der Regie dieser surreal-absurden Uraufführung betraut, was nicht zuletzt auf den Wunsch der Autorin selbst zurückgeht. Dieses eingespielte Duo hatte sich bereits bei der TiK-Produktion von Reyers hundpfarrer bewährt und wird auch dieses Mal überzeugen. Das als risikofreudig geschätzte „Theater im Keller“ wird im Dezember dieses Jahres außerdem ein schräges Stück auf die Bühne bringen, quasi einen missglückten Therapieversuch, der in die österreichische Geschichte abgleitet. Die Premiere dieser Grazer Erstaufführung, Die Ermordung Bruno Kreiskys von Wolfgang Mörth, wird in der Vorweihnachtszeit zu sehen sein. Des Weiteren dürfen wir uns im nächsten Jahr auf Herr Bolingbroke beim Zauberer von Stefan Schmitzer freuen, der dieses Stück exklusiv für das „Theater im Keller“ geschrieben hat.

Käfersucht: Premiere am Mi., 31.10.2018, 20 Uhr

Weitere Vorstellungen: Fr. 2.11., Sa. 3.11., Fr. 9.11., Sa. 10.11., Di. 13.11., Mi. 14.11., Do. 15.11., Fr. 16.11., Mi. 21.11., Do. 22.11., Fr. 23.11., Di. 27.11. und Do. 29.11.2018 jeweils ab 20 Uhr

Regie: Eva Weutz / Mit Susanne Arlt, Katrin Ebner, Alfred Haidacher, Christian Krall

Tickets unter: 0664 973 31 84 oder auf www.tik-graz.at