Start Kunst & Kultur Der Steiermarkhof präsentiert Matta Wagnest: The Sound of Pain

Der Steiermarkhof präsentiert Matta Wagnest: The Sound of Pain

Selbstporträts in verschiedenen Lebensphasen werden im Steiermarkhof ebenfalls zu sehen sein.

Die Künstlerin Matta Wagnest stellt in ihren ausdrucksstarken Por­trätübermalungen persönliche und gesellschaftliche Schmerzerfahrungen zur Schau. Zu sehen sind diese ab 18. Jänner 2018 in der Hof­galerie im Steiermarkhof.

Text: Julia Braunecker

Stechend, pochend, schneidend: Die meisten Menschen würden den Schmerz wohl als eine unangenehme Empfindung beschreiben. Für Matta Wagnest hingegen können Schmerzen eine Chance zur persönlichen Entwicklung darstellen. Die 1964 in der Weststeiermark geborene Künstlerin wird vom 18. Jänner bis zum 8. März unter dem Namen The Sound of Pain rund 30 ihrer Schmerzensbilder und Installationen in der Hofgalerie im Steiermarkhof ausstellen. „Inhaltliche Fragestellungen, aktueller Bezug und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Schmerz sind wichtige Faktoren für die große Personale von Matta Wagnest, die bereits 1993 Österreich auf der Biennale in Istanbul vertreten hat“, so Johann Baumgartner, Kulturreferent des Steiermarkhofs. Mit erweiterter Ausstellungsfläche sowohl im Indoor- als auch im Outdoorbereich hat das Kulturzentrum für steirische und internationale Gegenwartskunst vergangenen Oktober nach zweijähriger Umbauzeit seine Pforten wieder geöffnet. Das Kunstprogramm soll dazu ermutigen, neue Perspektiven aufzugreifen und daraus Energie zu schöpfen.

Rückzug statt Rampenlicht

„Wenn ich meinen Schmerz nicht durchwandere, komme ich nie dorthin, wo ich will“, verkündete die selbstbewusste Künstlerin Matta Wagnest in den 90er-Jahren, als sie mit ihren Gemälden, Grafiken und Glaskonstruktionen bereits in Tokio, New York, Mailand und Amsterdam zu sehen war. Weitere Erfolge schienen nur noch einen Katzensprung entfernt: etwa eine Ausstellung in der ­Sezession oder eine Professur in Linz. Doch ausgerechnet am Höhepunkt ihrer Karriere kehrte Wagnest der „Herzeige-Szene“ den Rücken und entschied sich stattdessen für eine dreijährige Auszeit. In dieser Zeit zog sie sich weitestgehend von sozialen Kontakten zurück, um sich mit den inneren Verletzungen ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Damals ging es für mich ums Eingemachte“, erinnert sich die 53-Jährige: „An der Schmerzdurchwanderung führt kein Weg vorbei.“ Alle Menschen hätten in ihrer Kindheit emotionale Schmerzen erlitten, glaubt sie. „Aber die Kompensationsmöglichkeiten im Kapitalismus enden in einer Sackgasse.“ Für sie äußere sich Schmerz nicht nur auf einer persönlichen, sondern auch auf einer politisch-historischen Ebene, erklärt sie und verweist auf die Folgen des europäischen Kolonialismus. Die Ausbeutungen von damals würden die Menschen noch heute dazu drängen, nach Europa zu flüchten. „Deshalb müssen wir auch in der Politik den Finger in die Wunde legen,“ so ­Wagnest.

Schmerzensbilder

In ihrer persönlichen Auszeit sind 30 sogenannte „Schmerzensbilder“ entstanden. Porträtübermalungen, mit denen sie Pinselstrich für Pinselstrich ihren Schmerz abgetragen hat. „Bei der Erfahrung von Schmerz senkt man die Augen“ begründet sie den niedergeschlagenen Blick auf den Bildern. Es handelt sich immer um dasselbe Porträt, nur die Farben und Techniken haben sich im Laufe der Zeit geändert. „Schmerzdurchwanderung ist ein Prozess.“ Am Anfang ist eine durchdringende Aggression erkennbar. „Ich habe versucht, die Porträts auszulöschen, wegzuradieren oder zu ertränken“, so die Künstlerin. Erst auf dem letzten Bild lüftet sich der Farbschleier. „Da hatte ich das Gefühl, ich kann mein Porträt so stehen lassen, ohne es zu übermalen. Ich war endlich wieder im Reinen mit mir selbst.“

Schmerz als Chance

In ihrer Ausstellung möchte sie dem Besucher die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit seinem Seeleninneren aufzeigen. Neben den bereits erwähnten Por­träts, die stumme Schreie darstellen, wird sie unter anderem eine Kunstinstallation in Form eines Zeltes präsentieren. In dessen Inneren werden sich Kopfhörer befinden, aus denen ein endloser Schrei nach draußen dringt: der „Sound of Pain“. Trotz der Auseinandersetzung mit schwierigen Themen beschreibt sich Wagnest als einen optimistischen Menschen: „Meine Vision ist es, eine Brücke zwischen persönlicher und gesellschaftlicher ­Schmerzdurchwanderung zu bauen“, sagt sie. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Konfrontation mit unseren Wunden sinnvoll ist. Und ich bin davon überzeugt, dass anschließend ein gutes Leben möglich ist.“

Johann Baumgartner, Kulturreferent des Steiermarkhofs.
Foto: Stephan Friesinger

Matta Wagnest im Steiermarkhof

Vernissage: Donnerstag, 18. Jänner 2018, 19.30 Uhr

Ausstellung: Freitag, 19. Jänner, bis ­Donnerstag, 8. März 2018

Steiermarkhof, Krottendorfer Str. 81, 8052 Graz