Start Kunst & Kultur DramatikerInnenfestival 2017: alles „Privatsache“?

DramatikerInnenfestival 2017: alles „Privatsache“?

Mephistoland Foto: Esra Rotthoff

Die zweite Auflage des DRAMATIKER|INNENFESTIVAL GRAZ von SCHAUSPIELHAUS GRAZ und DRAMA FORUM von uniT (unterstützt durch den Deutschen Literaturfonds e.V.) wird in diesem Jahr von 6. bis 11. Juni 14 Orte mit gesamt 46 Veranstaltungen an 6 Tagen bespielen. Ein Festival der neuen Dramatik im Spannungsfeld zwischen Theater als einem öffentlichen und politischen Ort und dem gesellschaftlichen Trend zum Rückzug ins Private.

Wir leben in aufregenden Zeiten. Wir stehen im Moment vor Herausforderungen, die wir mit unseren bisherigen Strategien nicht mehr bewältigen können: soziale Ungerechtigkeiten, Klimawandel, Turbokapitalismus und Migrationsbewegungen, die daraus folgen …  Was tun? Was lassen? Wie reagieren auf die Herausforderungen, vor denen Europa steht? Manche wählen den Rückzug ins Private, um den Problemen erst gar nicht begegnen zu müssen. Andere beginnen sich verstärkt zu engagieren. Bereits in den vergangenen Jahren wurde deutlich, dass sich parallel dazu in der Kunst ein Paradigmenwechsel vorbereitet. Kunst und somit auch das Theater kehren zurück aus dem Privaten, die Sehnsucht nach ihrer politischen Wirksamkeit steht im Gegensatz zum neuen Biedermeier.

Schauspielhaus Graz Intendantin Iris Laufenberg und Edith Draxl vom Drama Forum.
Foto: Lupi Spuma

Das diesjährige Motto: Privatsache

Dramatikerinner und Dramatiker fragen sich in dem in Kürze startenden Festival in und um Graz, wie sie drängende Probleme zur Sprache bringen: Zurück ins Private oder raus auf die Straße? Aufführungen, Workshops, Lesungen, Diskussionen, Präsentationen, die Verleihung des Retzhofer Dramapreises und Begegnungen von und mit Dramatikern aus dem In- und Ausland zeigen diskussionsfreudig Positionen: alles „Privatsache“?  Das DramatikerInnenfestival Graz widmet sich deshalb heuer dem Spannungsfeld zwischen dem Theater als einem öffentlichen und politischen Ort der Versammlung und dem Trend zum Rückzug ins Private. Das zeigt sich schon an den Räumen, in denen es stattfindet: in Privathäusern, in Theatern und auf öffentlichen Plätzen in Graz und der gesamten Steiermark. Das Festival begibt sich auf die Suche nach neuen Perspektiven für Form und Inhalt und präsentiert Arbeiten, die daraus entstehen. Die Verleihung des Retzhofer Dramapreises und die erstmalige Vergabe des neu geschaffenen Ernst-M.-Binder-Stipendiums an eine*n junge*n theaterschaffende*n Künstler*in sind Teil des Programms der diesjährigen Ausgabe. Aufführungen, Workshops, Lesungen, Diskussionen, Präsentationen und die Begegnungen von und mit Dramatikerinnen und Dramatikern aus dem In- und Ausland zeigen diskussionsfreudig Positionen der neuen Dramatik.

Foto: Lupi Spuma

Teuflische Mächte, analog und digital

Mit dem Maxim Gorki Theater Berlin und Badischen Staatstheater Karlsruhe sind auch zwei Hochkaräter zu Gast im Schauspielhaus. Das Maxim Gorki Theater bringt „Mephistoland“ auf die Bühne, ein abgründig-komischer Trip durch eine absurde Welt: ein assoziativer, höchst unterhaltsamer Reigen von Situationen aus einem fiktionalen (Theater-) Alltag, der die aktuelle kulturpolitische Situation in Ungarn und Klaus Manns Roman „Mephisto“ zusammendenkt. Der ungarische Regisseur András Dömötör, der zuletzt am Schauspielhaus Ferdinand Schmalz‘ „der thermale widerstand“ inszenierte, hat mit fünf wunderbaren Mitgliedern des mehrfach zum „Theater des Jahres“ gekürten Maxim Gorki Theaters Berlin gearbeitet. Sie beeindrucken u.a. als tyrannische Regisseure, opportunistische Schauspieler, hungerstreikende Theaterbesucher. Ein Theaterabend, der urkomisch und bitter zugleich ist und von der Wankelmütigkeit des Menschen in brisanten Momenten der Geschichte erzählt.

Iris Laufenberg, Edith Draxl, Karla Mäder
Foto: Lupi Spuma

Die Macht der Daten

Das Badische Staatstheater Karlsruhe kommt mit dem Stück „Ich bereue nichts“ nach Graz. Regisseur Jan-Christoph Gockel, Schauspieler Thomas Halle und Dramaturg Konstantin Küspert haben deutsche Bundestagsabgeordnete besucht, sich von professionellen Hackern hacken lassen und das Leben der wohl berühmtesten „Whistleblowers“ Edward Snowden erforscht. Dieser machte ohne Hochschulabschluss Karriere bei der CIA, bis sein Gewissen sich ihm in den Weg stellte. In Europa wird er als Held gefeiert, in seiner Heimat als Hochverräter verachtet. Ein typischer, unterhaltsamer, aufklärerischer Theaterabend à la Gockel, in dem u.a. ein Pferd, ein Gorilla, Ritterrüstungen, und Fotoalben verdeutlichen, was digitale Daten heute eigentlich sind.

Beide Gastspiele sind zusehen am 7. und 8. Juni in HAUS EINS / HAUS ZWEI.

Edith Draxl, Iris Laufenberg, Peter Fasshuber, Bettina Mitter, Karla Mäder (v.l.)
Foto: Lupi Spuma

DramatikerInnenfestival Graz

Von bis 11. Juni in Graz und der Steiermark

Tickets und Infos: www.dramatikerinnenfestival17.at