Start Kunst & Kultur 30 Mal grazERZÄHLT: Ein Festival der Toleranz

30 Mal grazERZÄHLT: Ein Festival der Toleranz

Peter Shub

Nach 29 Jahren ist das Erzählkunstfestival von Folke Tegetthoff aus Graz nicht mehr wegzudenken. Doch wie hat eigentlich alles begonnen? Und was bringt das heurige Programm?

Auch 2017 wird das Internationale Story­telling Festival von Folke und Tessa Tegetthoff, unter anderem unterstützt vom Hauptsponsor E-Steiermark, Graz und die Steiermark in einen Schmelztiegel der internationalen Erzählkunst verwandeln. Neben klassischer Erzählkunst, wie bei der Langen Nacht der Märchenerzähler (2. Juni), gibt es heuer im Schauspielhaus auch Erzählkunst, die ohne Worte auskommt. Ein Programmpunkt, der sich modernen Erzählformen verschrieben hat und zeigt, was der Begriff „Erzählende Künste“ bedeuten kann (3. Juni). Tanz und Masken, Schatten und Musik erreichen dabei dasselbe wie poetische Worte. Nämlich Zuhörer und Zuseher aufs Tiefste zu berühren.

Peter Cook

Was es dort zu sehen gibt? Zum Beispiel den Amerikaner Peter Shub, der als Clown im Einsatz ist und auf der Bühne beweist, dass es eine Sprache gibt, die alle Menschen auf der Welt sprechen, die des Lachens. Er selbst scheint ihr genialer Übersetzer, transformiert Beobachtungen und Ideen in konkrete Komik. Oder Gabor Vosteen aus Deutschland, der eine einzigartige Verschmelzung von virtuoser Musik mit visueller Comedy zu einer atemberaubenden Erzählform verknüpft. Neben alter und neuer Erzählkunst, unterschiedlichen Touren, Familienprogrammen und der Erzählenden Straße (19. Mai, Grazer Rathaus) würdigt Folke Tegett­hoff auch das gute alte Buch. Er präsentiert mit dem Kunstprojekt iBUCH (in Zusammenarbeit mit der LBS Fürstenfeld) im Grazer Joanneumsviertel die weltweit ersten, interaktiven Bücher, die ihren Zusehern nicht nur etwas erzählen, sondern die auch für eine Unterhaltung parat stehen.

Gabor Vosteen aus Deutschland
Foto: Nikolaus Pfusterschmid

Alles begann mit einem Besuch in Israel

In den vergangenen 29 Jahren brachte Tegetthoff über 150 Erzähler auf die Bühnen seines Festivals, das heute als Internationales Storytelling Festival neben Graz und der Steiermark auch in Niederösterreich, Wien und Oberösterreich zu erleben ist. Begonnen hat alles im Jahre 1987, mit einer Einladung nach Israel. Folke Tegett­hoff gab dort Workshops über das Erzählen und Zuhören in der größten Bibliothek des Landes.

Folke Tegetthoff (4.v.l.) brachte 1988 erstmals Erzähler aus Israel nach Graz.

„Es war mein erster intensiver, bewusster Kontakt mit jüdischer Kultur, ja mit Juden überhaupt. Auf dem Weg zurück nach Österreich las ich im Flugzeug (entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten) die Kolumne von „Staberl“ in der „Krone“. Ein in höchstem Maße antisemitisches Pamphlet über das kommende Bedenkjahr (1988!) Ich war so wütend, so betroffen, dass ich noch im Flugzeug auf eine Serviette das Konzept für ein Festival schrieb, ein Festival jüdischer Erzählkunst: Ich war davon fest überzeugt, dass all die in Österreich (und natürlich auch anderswo) herrschenden Vorurteile gegenüber „Juden“ am allerbesten zu entkräften sind, in dem man von diesen Menschen erzählt. Und natürlich jüdische Erzähler erzählen lässt – die Lange Nacht der Märchenerzähler war geboren!“ Im Mai 1988 fand der Abend als erfolgreiches Touring-Festival in 10 Städten Österreichs zum ersten Mal statt: mit 4 jüdischen Erzählern (3 aus Israel, einer aus Canada) und mit jüdischer Musik. An Vormittagen erlebten tausende von Jugendlichen, am Abend tausende von Erwachsenen, wie wunderbar und reich jüdische Kultur sein kann. „Die berührendsten Erlebnisse waren, wenn Jugendliche anschließend zu mir kamen und sagten, sie hätten zum ersten Mal einen „Juden“ gesehen, und der (die) wären doch ganz toll – und gar nicht so wie in den Witzen der Eltern und Großeltern und an den Stammtischen. Da begriff ich erst den ganzen und wahren Wert meiner Arbeit …“ 1989 gab es eine Fortsetzung mit jüdischen Erzählern und da der Erfolg anhielt, gab es 1990 das erste Festival mit afrikanischen Erzählern und Musik. Nach 10 Jahren entwickelte sich die Lange Nacht der Märchen­erzähler zu grazERZÄHLT, das bis 2006 in Graz stattfand. 2007 wanderte das Festival nach Niederösterreich und wurde zu fabelhaftNiederösterreich. Seit 2015 gibt es das Internationale Storytelling Festival nun in 4 Bundesländern in Österreich – Niederösterreich, Steiermark, Wien und Oberösterreich, diesmal von 19. Mai bis 18. Juni 2017.

Stéphane Deheselle
Foto: HK VISUALS

grazERZÄHLT – das Internationale Storytelling Festival

Graz: 19. Mai, 30. Mai – 5. Juni

Grimming-Donnersbachtal: 25. Mai und 4. Juni

NEU! Der Berg. Das Tal. Das Geschichtenfestival. In Grimming-Donnersbachtal: 17.–20. August

Alle Infos: www.storytellingfestival.at