Mit Claudia Unger hat Graz eine neue Kulturstadträtin mit Erfahrung aus dem Kulturbetrieb bekommen. Wir sprachen mit ihr über ihre Vorstellung von Kulturpolitik, ihre nächsten Vorhaben und die kommenden Gemeinderatswahlen.
Interview: Stefan Zavernik
Seit Mitte Oktober sind Sie als Stadträtin für das Kulturressort zuständig. War der Posten ein lang gehegter Wunsch?
Ich habe diese Rolle nicht angestrebt, die Möglichkeit hat sich für mich schlicht ergeben. Lange überlegen musste ich aber nicht, denn die Politik wie auch die Kultur haben mich immer schon sehr interessiert. Es freut mich, nun die Möglichkeit zu haben, kulturpolitisch gestalten zu können. Ganz blauäugig trete ich aber an diese Funktion nicht heran, es ist eine herausfordernde Zeit.
Sie waren selbst im Kulturbetrieb tätig. Bringen diese Erfahrungen für Ihren neuen Posten Vorteile mit sich?
Ich denke, ich habe einen großen Startvorteil, sehe es aber nicht als Voraussetzung, um sich als Kulturpolitikerin bewähren zu können. Eine Politikerin oder ein Politiker sollte großes Interesse für das jeweilige Ressort und Empathie für die Menschen in diesem Bereich haben. Das wären für mich die Grundvoraussetzungen. Bringt man darüber hinaus auch noch Erfahrung und Expertise mit, ist das aus meiner Sicht ein großer Vorteil. In meinem Fall nicht nur deswegen, weil ich mein Interesse leben kann, sondern weil ich den Kulturbetrieb schon aus drei wesentlichen Perspektiven erleben konnte. Während meiner Zeit im Afro-Asiatischen Institut habe ich für eine NGO gearbeitet – ich weiß damit aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, als kleine Einrichtung Fördernehmer zu sein und um finanzielle Mittel kämpfen zu müssen. Ich kenne im Gegenteil dazu aus meiner Zeit als Leiterin des Volkskundemuseums auch, was es bedeutet, eine große Kulturinstitution zu führen. Ich war – wenn Sie so wollen – Teil der freien Kunst- und Kulturszene und an Bord eines „großen Tankers“. Und ich habe als ehemalige Kulturreferentin von Stadtrat Günter Riegler die politische Seite erlebt.
Was macht für Sie erfolgreiche Kulturpolitik aus?
Die oberste Prämisse ist für mich die Freiheit der Kunst. Was mir selbst gut gefällt, wird nicht die Entscheidungsgrundlage dafür sein, was gefördert wird und was nicht. Kulturpolitik ist für mich dafür da, den Kulturbetrieb in Graz so gut es geht zu unterstützen. Es geht hier darum, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Kulturschaffende ihre Projekte umsetzen können. Und Kulturpolitik soll auch Impulse setzen und größere Projekte ermöglichen.

Foto: Stadt Graz
Was macht Kultur für unsere Gesellschaft wertvoll?
Kunst und Kultur können Menschen inspirieren und neue Perspektiven eröffnen. Kultur kann Bildung sein. Und genauso wichtig: Kulturveranstaltungen zu besuchen kann einfach Spaß machen. Darüber hinaus besitzt der Kulturbereich auch wahnsinnig großes Potenzial, wenn es um Themen wie Integration oder sozialen Zusammenhalt geht.
Wie sehen Ihre persönlichen Vorlieben im Kulturbereich aus?
Mich interessieren viele Sachen. Und es gibt Dinge, die mich geprägt haben. Da ich Literaturwissenschaften studiert habe, ist mir Literatur natürlich nahe. Ich lese gerne, gehe gerne auf Lesungen. Davon abgesehen tauche ich gerne in unterschiedliche Genres ein und besuche bewusst Veranstaltungen aus unterschiedlichsten Kunstsparten.
Ihre erste große Aufgabe als Kulturstadträtin wird die Vergabe der einjährigen Förderungen für das Jahr 2026 werden. Werden Sie im Rahmen der Vergabe Schwerpunkte setzen?
Im Moment haben wir nicht viel Zeit, um eine womöglich neue Handschrift bei der Fördervergabe umzusetzen. Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, den Kulturschaffenden schnellstmöglich Planungssicherheit zu gewährleisten. Aktuell bringen wir gerade die mehrjährigen Förderverträge auf den Weg, später als wir es ursprünglich vorgesehen hatten. Der nächste wichtige Schritt, wie Sie bereits angesprochen haben, werden die einjährigen Förderverträge für das Jahr 2026 sein. Mein Ziel ist es, hier die Vergabe so rasch wie möglich in die Wege zu leiten. Das Budget dafür soll ähnlich wie im letzten Jahr ausfallen. Es gibt keine zusätzlichen Sondercalls oder inhaltlichen Schwerpunkte.
Die Summe der „Mehrjährigen Förderungen“ wurde um 200.000 Euro erhöht. Wie schätzen Sie die budgetären Möglichkeiten für die „Einjährigen“ ein? Kann es auch hier zu einer Erhöhung kommen?
Das Ziel ist aktuell, das Budget aus dem Jahr 2025 zu halten, das ist schon eine enorme Herausforderung.
Welche kulturpolitischen Vorhaben möchten Sie in dieser Regierungsperiode umsetzen?
Ein Thema, das bereits am Tisch liegt, ist das 900-Jahre-Jubiläum der Stadt Graz. Hier gibt es schon konkrete Überlegungen, wie man dieses wichtige Jahr künstlerisch begehen könnte. Ich hoffe hier auf einen Schulterschluss der gesamten Regierung. Wir brauchen hier entsprechend finanzielle Mittel und ich sehe Möglichkeiten für ressortübergreifende Konzepte. Für den laufenden Kulturbetrieb möchte ich neue Räume zum Proben wie auch zum Aufführen erschließen. Ebenso möchte ich die Grazer Stadtbibliotheken stärker fördern.
Fehlt Graz eine eigene Stadtgalerie – wie es sie einst mit dem Künstlerhaus gab?
Ich verstehe, dass sich die Künstlerbünde ein eigenes Haus als Präsentationsmöglichkeit wünschen. Ich finde aber, dass der Steiermarkhof unter der Leitung von Johann Baumgartner diese Lücke bereits geschlossen hat. Er hat ein hoch frequentiertes Haus, setzt professionelle Ausstellungen um und hat auch ein gutes Händchen für Kuratoren. Aus meiner Sicht haben die Künstlerbünde hier mit dem Format im Steiermarkhof an Strahlkraft gewonnen. Ob Graz noch ein weiteres Haus für Ausstellungen verträgt, kann ich schwer aus dem Stand heraus beurteilen. Man muss aber realistisch bleiben, die finanziellen Mittel sind aktuell für so ein Vorhaben nicht wirklich vorhanden.
In Graz kommt es im nächsten Jahr zu den Gemeinderatswahlen. Welche Ziele setzen Sie sich für die Wahlen mit der ÖVP Graz?
Unser Ziel ist ganz klar: Kurt Hohensinner soll Bürgermeister werden. Dafür werden wir uns alle einsetzen.













