Seit zehn Jahren feiert das „Dance On Screen“-Festival in Graz die Kunst des Tanzfilms. So auch wieder von 14. bis 16. November im Space04 im Kunsthaus Graz. Wir sprachen mit Gründerin und Kuratorin Valentina Moar über Bewegung, Vision und die Magie des Körpers im Bild.
Filme ganz ohne Sprache, nur mit Bewegungen. Wie kam es zur Idee, ein eigenes Festival ins Leben zu rufen, bei dem es alleinig um Tanzfilme geht?
Die Idee entstand aus einer Notwendigkeit: dieser künstlerischen Ausdrucksform endlich Raum zu geben. Obwohl Screendance seit Jahrzehnten existiert, fehlte in Österreich eine Plattform, die sich ausschließlich diesem Genre widmet. Screendance ist ein faszinierendes Terrain, in dem Tanz und Film aufeinandertreffen, sich gegenseitig beeinflussen und neue Bedeutungsebenen erzeugen. Es geht nicht darum, Tanz einfach zu filmen, sondern das Verhältnis zwischen Körper, Raum und Zeit durch Kamera, Montage und visuelle Gestaltung zu erforschen. Ich wollte einen Ort schaffen, an dem diese Kunstform gesehen, diskutiert und wertgeschätzt wird – und der zugleich ein internationaler Treffpunkt für Künstlerinnen und Künstler sowie das Publikum ist. So entstand das Festival in Graz: aus einem Mangel und dem Wunsch, eine Community um diese Form aufzubauen.
Was macht für Sie den Reiz am Genre „Tanzfilm“ aus?
Screendance spricht die universelle Sprache des Körpers. Sie braucht keine Worte und kann dennoch Emotionen, Ideen und auch politische Dringlichkeit mit großer Kraft vermitteln. Der Körper wird zum Instrument, das Identitäten, Unterschiede, Verletzlichkeit und Widerstand erzählt. Tanzfilm überschreitet Grenzen – zwischen Tanz und Film, Kunst und Technologie, Visuellem und Sensorischem – und eröffnet eine enorme künstlerische Freiheit. Mich fasziniert seine hybride Natur, seine Fähigkeit zur ständigen Erneuerung: Jeder Film ist ein neues Verhältnis zwischen Körper und Bild, Wahrnehmung und Imagination.

Foto: Nikola Milatovic
War es für Sie absehbar, dass das Festival so erfolgreich werden würde? Heuer feiert es sein 10-jähriges Bestehen – was bedeutet dieses Jubiläum für Sie?
Am Anfang dachte ich nicht an Erfolg, sondern an ein Bedürfnis. Ich wollte einen Ort des Austauschs und der Entdeckung schaffen. Heute, zehn Jahre später, das Festival wachsen zu sehen, internationale Künstlerinnen und Künstler zu begrüßen und Verbindungen entstehen zu lassen, ist zutiefst erfüllend. Dieses Jubiläum feiert nicht nur ein Festival, sondern zehn Jahre von Körpern, die auf der Leinwand getanzt haben – und die Wahrnehmung von Menschen bewegt haben.
Wie viele Filme wurden für die diesjährige Ausgabe eingereicht?
Wir haben 300 Filme aus 45 Ländern erhalten. Unter dem Motto „Dancing the Cinema, Sensing the Body: 10 Years of Screendance“ zeigen wir 49 internationale Tanzfilme.
Nach welchen Kriterien werden die Filme fürs Programm ausgewählt? Wann spricht Sie ein Tanzfilm an?
Die Auswahl beginnt mit der Frage: Warum existiert dieser Film? Wir suchen Werke, die filmische Sprache mit einer klaren ästhetischen Vision verbinden – originell, künstlerisch und technisch überzeugend. Entscheidend sind Regie, Kamera, Tanz, Musik, Sounddesign und das Zusammenspiel von Bild, Bewegung und Rhythmus. Mich berührt ein Film, wenn Bewegung Ausdruck ist, nicht Dekoration – wenn hinter den Bildern eine Notwendigkeit spürbar wird. Ich suche Filme, die etwas wagen, Unerwartetes erforschen und neue Wahrnehmungsräume öffnen.

Filmstill
Wie sieht das diesjährige Programm aus? Gibt es Highlights, auf die Sie sich besonders freuen?
Zu sehen sind Beiträge des internationalen Wettbewerbs DanceFilm Poets, österreichische Produktionen im Block Austrian Creators und Filme von Studierenden. Ein Highlight ist The Sea von Douglas Rosenberg – ein weltweit ausgezeichneter Film, der Performance und Landschaft zu einem poetischen Bildraum verbindet. Besonders freue ich mich auch auf Dance+City, eine Kooperation von ARTE und der litauischen Produktionsfirma Justamoment: Kurzfilme aus Lettland, Estland, der Ukraine und Frankreich, die Tanz und Architektur feiern.
Wie sieht das Programm abseits der Filmvorführungen aus?
Erstmals zeigen wir die Videoinstallation Oltre il Velo / Beyond the Veil, eine Auftragsarbeit des Teatro alla Scala Mailand, die den Körper im digitalen Raum reflektiert. Außerdem gibt es einen zweitägigen Workshop mit Douglas Rosenberg – eine seltene Gelegenheit, mit einer Schlüsselfigur des internationalen Screendance zu arbeiten. Zum Abschluss feiern wir die Preisverleihung der Dance On Screen Awards mit einer internationalen Jury, die mutige Visionen auszeichnet und neue Blickwinkel auf das Kino eröffnet.
Für wen ist das Festival gedacht?
Für alle, die neugierig sind, sich überraschen lassen möchten und die Fantasie suchen – für Menschen, die ihre Vorstellungskraft durch außergewöhnliche Bilder und den Tanzfilm anregen wollen.














