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Die Rabtaldirndln: Du gingst fort

Foto: Nikola Milatovic

Die vier Rabtaldirndl brachten DU GINGST FORT. Eine Art Fahndungsformat mit den Rabtaldirndln im Juli zur Aufführung – im lauschigen Hinterhoftheater in Hainersdorf. Ein verstecktes Juwel, wie so manche Dorfgeschichte, in detektivischer Manier immer wieder von den Theaterschaffenden aufgespürt und mit Mut zum Dialekt in Szene gesetzt.

Text: Natalie Resch

Ja, und dann war da sowas wie eine Leere. Vielleicht nicht gleich. Aber zumindest viele Fragen und dann ein Haufen anderer Gefühle. Wut, Eifersucht, Neid, Traurigkeit. Und vor allem Unverständnis. Dabei steckt auch immer ein wenig Sehnsucht dahinter, es nicht auch selbst versucht zu haben. Also wegzugehen, das Dorf bzw. die dörflichen Strukturen, zu verlassen, in denen man aufgewachsen ist.

Foto: Rania Moslam

Das Stück spielt das Fortgehen mit all seinen Fragen an die Wand bzw. durch. Nennen sie es zu Beginn das neue Fahndungsformat der Rabtaldirndl, wird schnell klar, dass es gar nicht um die anderen geht, nach denen sie fahnden. Vielmehr um die persönlichen Leerstellen, die Menschen hinterlassen haben, die vor langer Zeit in die Stadt gezogen sind  oder gleich ans Ende der Welt.

Das Spannungsverhältnis zwischen Land und Stadt und den damit verbundenen Klischee-Bildern steht auch in der aktuellen Produktion am theatralen Seziertisch. Mit einfachen Requisiten, schlau eingesetzt und dem Publikum immer ein Lächeln abgewinnend, sind die 1,5 Stunden eine emotionale Achterbahnfahrt. Ausgehend vom scheinbar emotionslosen Fahndungsformat, auf der Suche nach Verdachtsmomenten der Landflucht, Handlungen und Beweisstücke entpuppen sich die rauchenden Sherlock-Holmes-Imitatorinnen als Sickergrube für Fragen nach dem Status quo der eigenen Person und Möglichkeitsformen eines anderen Lebensweges. Heimat wird gehandelt als „wurmähnliche Emotion“ und zugleich als Sehnsuchtsort, dem sich dann doch niemand entziehen vermag.

Die Rabtaldirndln
Foto: Nikola Milatovic

Klischees wie die des Pfeife-Rauchens werden zuerst zerlegt um dann auf einen Wahrheitskern zu stoßen, auf den sie beißen wie auf Granit. Ein Spiel mit Bildern vom rauchenden Sherlock Holmes, männlicher Club-Domänen und Almöhis mit langen Bärten vor der Holzhütte sitzend.

Und am Ende steht der sehnsüchtige Wunsch, die verloren oder zumindest weg gegangen Menschen mögen doch Heim kehren und vielleicht die eine oder andere dann doch mitnehmen und „befreien“ aus den eigenen, engen Strukturen. Das Stück nimmt mit, denn jeder von uns hat wohl die eine Person, die fort ging. Die Sehnsucht nach einem anderen Leben bleibt.

2003 gründete sich das fünfköpfige Theater- und Performancekollektiv, bestehend aus Barbara Carli, Rosi Degen, Bea Dermond, Gudrun Maier und Gerda Strobl. Das Stück selbst fand erst – nachdem es auszog um 46 Mal an anderen Orten in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Sri Lanka zu spielen – in Hainersdorf seinen Abschluss.

Foto: Rania Moslam

Mehr zu den Rabtaldirndln und ihrem neuen Stück „Die Rabtaldirndln: Die Stadt der Rabtaldirndln“* (14. – 22. 9. 2020, 19 Uhr) gibt’s in der am 2. September erscheinenden nächsten Ausgabe von Achtzig – Die Kulturzeitung!

*Die Rabtaldirndln folgen dem verzweifelten Hilferuf der Stadt. Graz ist in der Hand des Bösen. Die guten Zeiten sind vorbei: Kein Frankfurterwürsterl mehr am Hauptplatz, kein klassisches Konzert in einem Arkadenhof und kein Aperolspritzer am Bauernmarkt. Wer aber sind die Bösewichte, die im Hintergrund die Fäden ziehen? Und wie kann man den Untergang verhindern? Die Rabtaldirndln wappnen sich für den Kampf gegen das Böse, denn die Männer haben versagt. Anstelle von James Bond werden daher vier Frauen Graz retten.