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„Die Musikmaschine der Zukunft“

Foto: Johannes Gellner

Gunther und Ute Rost präsentieren mit ihrer Konzertreihe im Stefaniensaal barocke bis zeitgenössische Orgelmusik und holen das Publikum dabei auf die Bühne.

Die Orgel wird oft als „Königin der Instrumente“ bezeichnet – was macht die Faszination dieses Instruments aus?

Gunther Rost: Die Orgel stellt den Anspruch, alle anderen Instrumente in sich zu vereinen. Das Faszinierende ist, dass sie eigentlich eine Art musikalische „Welterklärungsmaschi­ne“ ist – oder anders gesagt eine Suche nach der Weltenformel symbolisiert. Das Instrument hat schon immer neue Technologien in sich aufgenommen und war mit der Idee des Synthetisierens von Klängen eine Vorträumerin des Computers. Der Gedanke der Imitation ist der Orgel immanent.

Was ist das Besondere an der Orgel im Stefaniensaal?

GR: Wenn man es architektonisch betrachtet, so ist die Orgel im Stefaniensaal auf der Bühne angeordnet, während sie in Österreichs Kirchen eher hinten zu finden ist. Wir haben quasi eine Umkehr, die die Orgel in den Fokus rückt. Damit wird sie zum Zentrum und nicht zur Begleitung. Dazu macht die akustische Klarheit die Faszination der Orgel im Stefaniensaal aus – sie muss deshalb aber auch anders gespielt werden.

Ute und Gunther Rost laden das Publikum in einem neuen Konzertformat auf die Bühne des Stefaniensaals
Foto: Johannes Gellner

Ihr Bühnenkonzert-Format unterscheidet sich stark von einem klassischen Konzertbesuch. Wie kam es zur Idee, das Publikum direkt mit auf die Bühne zu nehmen?

GR: Wir haben lange an einem Konzept für ein kleineres Format gearbeitet und dann kam die Idee auf, die Leute auf die Bühne einzuladen. Denn dort klingt das Instrument noch klarer und das Publikum nimmt die Perspektive des Musikers ein. Wir wollen neue Klangfarben und Assoziationsfelder eröffnen.

Im Fokus steht nicht nur das Hören, sondern auch das Erleben und Verstehen der Musik. Welche Rolle spielt dabei Ihre Moderation?

Ute Rost: Ich führe in das Programm ein, erzähle über das Instrument und erkläre Wissenswertes über die Stücke und ihre Interpretationen. Das passiert auf eher niederschwellige Weise und dieser Zugang braucht auch keinerlei Vorwissen. Thematisch wollen wir unserem Publikum jedes Mal etwas Neues bieten und auch zum Thema Orgel wird immer etwas anderes in den Fokus gerückt. Unser Anspruch ist, auch Publikum, das mehrmals in die Konzerte kommt, immer wieder neu zu überraschen.

Wie erleben Sie die Besucherinnen und Besucher auf der Bühne?

UR: Anfangs hatte ich den Eindruck, dass die Stimmung auf der Bühne ein bisschen unsicher ist. Das änderte sich aber mit Fortdauer der Konzerte – insbesondere bei jungem Publikum. Man spürt einfach, dass die Menschen großen Respekt haben vor dem Ort, an dem sie bei unseren Konzerten Platz nehmen und wo beispielsweise auch die Wiener Philharmoniker bei ihren Auftritten sitzen. Diese Schwelle, auf die Bühne zu gehen, fühlt sich einfach anders an, als im Saal Platz zu nehmen – aber dann entsteht eine besondere, eher intime Atmosphäre, die ja gerade den Reiz des Formats ausmacht.

Foto: Johannes Gellner

Wie sehen Sie die Bedeutung der Orgel im heutigen Konzertbetrieb?

GR: Als „Anwalt der Orgel“ kann mir die Bedeutung natürlich nie groß genug sein und ich sehe tatsächlich einen gewissen Nachholbedarf. Dieser resultiert daraus, dass die Orgel über Jahrhunderte hinweg eine liturgisch dienende, also begleitende Funktion übernahm. Es ist wichtig, dass die Orgel nicht zur reinen Folklore wird, sondern sich erklärt und den Bezug zu modernen Technologien und zum Heute fokussiert. Ich möchte sie vor dem Heimatmuseum bewahren und zeigen, dass die Orgel – eine hoch-intelligente „Musikmaschine“ – das Instrument der Zukunft ist. Sie ist nie in eine „evolutionär stabile Form“ übergegangen – wie ein Konzertflügel oder eine Violine – sondern ändert sich konstant: nur ihre Idee bleibt dieselbe. Das macht sie hochaktuell.             

www.buehnenkonzerte.at