
Bernd Sracnik, Regisseur der Sommerproduktion des Theaters im Keller am Kameliterplatz, über Absurdes, Gedankenübertragungen und spitzbübisches Vergnügen.
Text: Wolfgang Pauker
Star-Autor Florian Zeller ist wieder für den Plot verantwortlich. Was macht seine Stücke so besonders?
Florian Zeller versteht es in seinen Stücken, vermeintlichen Kleinigkeiten und Unwichtigkeiten dieselbe Bedeutung und denselben Rang beizumessen, den sogenannte „große Dinge“ innehaben. Durch diese Vereinheitlichung geschieht etwas an sich Absurdes: Die Unwichtigkeiten erscheinen plötzlich wichtiger als die Wichtigkeiten. Und so werden Small-Talk-Sätze zu beinahe philosophischen Äußerungen. So intensiv, dass im Zuge des Dialogs der handelnden Personen plötzlich nicht mehr klar ist, worum es geht. All diese Dinge machen aus Zellers Stücken Studien des menschlichen Handelns und Denkens.
In „Hinter der Fassade“ zieht der Autor, der 2021 mit einem Drehbuch-Oscar ausgezeichnet wurde, alle Register seines Könnens. Worum geht’s?
Um das Ehepaar Isabelle und Daniel. Sie, Universitätsprofessorin, er, Lektor eines Verlages, sind plötzlich mit der Situation konfrontiert, dass einer ihrer besten Freunde, Patrick, sich von seiner Ehefrau Laurence, der besten Freundin von Isabelle, getrennt hat. Nun möchte er den beiden den scheinbaren Grund für die Trennung, Emma, bei einem gemeinsamen Essen vorstellen. Während Isabelle große Ressentiments gegen diese Person hegt, ist Daniel sehr neugierig, die neue Freundin von Patrick kennenzulernen. Im Zuge dieses Abendessens werden aus Vorurteilen scheinbar Vorlieben, aus Bewunderung wird Ablehnung, aus ehrlichen Meinungen falsche Gedanken. So lange, bis dieses diffizile Kartenhaus in sich zusammenbricht.

Das Stück entlarvt in einer brillanten Komposition von gedachten und gesprochenen Dialogen die Feinheiten zwischenmenschlicher Manipulation. Wir lässt sich das szenisch umsetzen?
Nach Überlegungen einiger verschiedener Techniken, entschieden wir uns im Ensemble dafür, die Gedanken für das Publikum mit gesprochenen Toneinspielungen hörbar zu machen. Wir sind der Meinung, dass durch diese Möglichkeit der „Gedankenübertragung“ die Schauspieler während des Hörens des Gedankens den Gedanken zusätzlich mimisch unterstützen oder konterkarieren. Dadurch soll der Zuseher die Möglichkeit erhalten, mit spitzbübischem Vergnügen mehr zu wissen als die anderen.
Wie unterscheidet sich die Vorbereitung am Karmeliterplatz vom Betrieb in der angestammten Heimat?
Durch die Notwendigkeit ein „halbes“ Theater – mit allem, was dazugehört, Sessel, Kabel, Scheinwerfer etc. – umzusiedeln, ist streng durchdachte und gute Logistik erforderlich. Auch den Auflagen der Veranstaltungspolizei und den Auflagen des Vermieters des Hofes muss Genüge getan werden. Die zusätzliche Mehrarbeit kann wie immer nur durch die Begeisterung der Theaterschaffenden wettgemacht werden. Aber wie jedes Jahr gilt auch heuer wieder das Motto: „Nach der Sommerproduktion ist vor der Sommerproduktion“.

Premiere: 31. Juli, 20 Uhr
Weitere Termine: 1., 2., 5., 6., 7., 8., 9., 11., 12., 15., 17., 19., 20., 21., 22., 23., 24. August 2025, jeweils 20 Uhr (außer an den Sonntagen 17. & 24. August, Beginn schon um 19 Uhr)
Hof des Steiermärkischen Landesarchivs, Karmeliterplatz 3, 8010 Graz
www.tik-graz.at