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Die Vergangenheit wirft ihre Schatten voraus

Unschärfen und die Isolation des Individuums – im Bild der Künstler (li.) mit dem Leiter der Hofgalerie, Johann Baumgartner

Personale von Wolfgang Grinschgl in der Hofgalerie des Steiermarkhofs: Mit der Präsentation seiner aktuellen Werke setzt der österreichische Maler Wolfgang Grinschgl einen markanten Akzent in der zeitgenössischen Kunstlandschaft.

Wolfgang Grinschgls Schaffen kreist um die essenzielle Frage der Individualität und ihrer Dekonstruktion. „Wie kann Individualität existieren, wenn der Mensch unweigerlich durch soziale Prägungen und Gruppenzugehörigkeiten geformt wird?“, fragt Johann Baumgartner, Kurator der Personale und Leiter der Hofgalerie im Steiermarkhof. Antworten geben die gezeigten Werke mit Grinschgls Menschendarstellungen – oft auf das Gesicht konzentriert – die den Betrachter zu einem interaktiven Spiel einladen. „Durch das bewusste Weglassen zentraler Erkennungsmerkmale wie Augen, Nase und Mund entsteht eine Leerstelle, die vom Rezipienten aktiv mit Bedeutung gefüllt werden muss. Diese künstlerische Strategie erzeugt ein Spannungsfeld zwischen dem, was als real wahrgenommen wird, und dem, was letztlich nur spekulative Projektion bleibt“, so Baumgartner. Der Künstler selbst beschreibt seine Arbeit als eine ständige Neuverhandlung der Begriffe „Mensch“ und „Lebewesen“. Die Grenze zwischen Figur und Umgebung verschwimmt in seinen Darstellungen oft, was zur Aufhebung der klaren Identifizierbarkeit führt. Dadurch entsteht eine poetische Reflexion über die Vielschichtigkeit menschlicher Existenz.

Wolfgang Grinschgl, Sommer 12, 2019

Mehrere mutierende innere Ichs

Grinschgls unverkennbare Handschrift manifestiert sich in seiner meisterhaften Farbgebung, den subtilen Unschärfen und den bewussten Fehlstellungen. „Ihm gelingt es, durch seine Werke emotionale Resonanzen auszulösen und gleichzeitig Raum für individuelle Interpretationen zu schaffen“, erklärt Baumgartner Grinschgls Kunst, die eine bemerkenswerte Fähigkeit offenbart, die Gegensätze des Lebens – Schönheit und Verfall, Ordnung und Chaos – in ein harmonisches Spannungsverhältnis zu bringen. „Die Grenzen der künstlerischen Akzeptanz auszuloten und sie kontinuierlich zu erweitern, ist ein zentrales Merkmal seines Werks. Farbintensive Akzente markieren nicht nur seinen expressiven Stil, sondern unterstreichen auch seine künstlerische Unabhängigkeit“, so Baumgartner über die Arbeiten, die einen konstanten Balanceakt zwischen Intuition und bewusster Komposition repräsentieren – ein Prozess, in dem sich Grinschgl treu bleibt und dennoch stets weiterentwickelt.   

Wolfgang Grinschgl, WaLiLuSo, 2019

Zu sehen bis 24. Juli
Hofgalerie im Steiermarkhof
Ekkehard-Hauer-Straße 33, 8052 Graz
www.steiermarkhof.at