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Zwischenräume

Links eine Arbeit von Karl Reisenbauer (Privatstiftung – Künstler aus Gugging) und 3 Arbeiten von Misleidys Castillo Pedroso Foto: Nikolaos Zachariadis

Die Steirische Kulturinitiative zeigt erstmals Art Brut aus der Sammlung Hannah Rieger in der Galerie Sigmund Freud.

Text: Wolfgang Pauker

„Als Kunst von Autodidakten aus der Peripherie der Gesellschaft findet Art Brut zunehmend weltweite Beachtung“, so Nicole Pruckermayr, Geschäftsführerin der Steirischen Kulturinitiative, und sie betont, dass diese im Zwischenraum von Freuds Unbewusstem, Psychiatrie und zeitgenössischer Kunst angesiedelt ist. Sigmund Freud ist auch Namensgeber der Galerie, in der die Ausstellung Zwischenräume aktuell zu sehen ist. „Ziel ist, dass Interessierte in Graz erstmals mit diesem Genre jenseits des Kunst-Mainstreams in Berührung kommen“, so Psychiater Michael Lehofer.

Foto: Nikolaos Zachariadis

Der Begriff Art Brut wurde vom französischen Künstler und Weinhändler Jean Dubuffet (1901–1985) – durchaus in Analogie zum Champagner – geprägt. Doch auch die Kunst der Peripherie wird mehr und mehr zum weltweiten Business. „Die Zwischenräume von gleichberechtigter Teilhabe und kritikloser Inbesitznahme sind eng geworden. Auch dadurch verwandeln sich die Perspektiven auf Art Brut permanent“, so Kuratorin Pruckermayr.

Schwerpunkt auf Kunst aus Gugging

Ohne Freud und dessen Erkenntnisse über das Unbewusste wäre vermutlich auch das weltberühmte österreichische Art-Brut-Modell – initiiert vom Psychiater Leo Navratil – als Männerabteilung einer psychiatrischen Klinik in Maria Gugging in dieser Form nicht möglich gewesen. Mit 21 Arbeiten legt die Schau einen Schwerpunkt auf dieses Haus der Künstler, das 2007 aus der Psychiatrie ausgegliedert und in eine moderne Institution mit Produktion, Museum und Galerie transformiert wurde.

Foto: Nikolaos Zachariadis

Einer ihrer Stars war Oswald Tschirtner (1920–2007), mit dessen Kraft der Reduktion 1980 auch die Art-Brut-Leidenschaft von Hannah Rieger begann und deren Sammlung mit über 500 Werken heute zu den größeren spezialisierten Privatsammlungen Österreichs zählt. Daraus gezeigt werden 47 Werke von 24 KünstlerInnen aus 9 Ländern. „Uns ist wichtig, die KünstlerInnen mit ihren ganz individuellen Lebensentwürfen zu respektieren und ihre großartigen Arbeiten niederschwellig sichtbar zu machen“, so Pruckermayr.

Links eine Arbeit von Takuya Tamura und sechs Arbeiten von Laila Bachtiar (Galerie Gugging)
Foto: Nikolaos Zachariadis

Bis 20.9.2023 (Mo–Fr 10–15 Uhr)
21.7., 13 Uhr: Führung mit Hannah ­Rieger und Nicole Pruckermayr
Galerie Sigm. Freud, LKH Graz II, Standort Süd
Wagner-Jauregg-Platz 1, 8053 Graz