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Hommage an die Clubkultur

Das Tier im Dschungel Foto: Elsa Okazaki

Ein Pariser Club ist Schauplatz des Eröffnungsfilms der Diagonale 2023. „Das Tier im Dschungel“ von Patrik Chiha lief bei der heurigen Berlinale und erlaubt eine verträumte Reise in die nebelhafte Welt der Clubkultur.

Text: Lydia Bißmann

Ein Spiel mit der Zeit, mit Sehnsucht und Realität, mit dem ewigen Warten als Selbstzweck ist der Film Das Tier im Dschungel von dem Wiener Regisseur Patric Chiha der die Diagonale 23 auf der kurzzeitig größten Leinwand Österreichs in der Helmut-List-Halle eröffnen wird. Begleitet wird er von dem Kurzfilm NYC RGB von Viktoria Schmidt, die dabei durch historische Farbfilmverfahren sieben Minuten lang einen verschobenen Blick auf die Stadt New York zeigt. „Mit Patric Chiha und Viktoria Schmid führen all jene Themen und Motive über die Leinwand ins Festival, die uns in all den Jahren fasziniert haben: Musik, Pop – und nicht zuletzt das Kino selbst. Zuvorderst: die Sehnsucht und die Liebe“ begründet das Intendanten-Duo Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber die Entscheidung für die beiden Filme bei ihrer Abschiedsausgabe des Festivals.

Pop und Zeitgeschichte

Das Tier im Dschungel lief bei der Berlinale 2023 und wurde dort für den Panorama Publikumspreis nominiert. Frei nach einer Kurzgeschichte von Henry James aus dem Jahr 1903 erzählt sie die Geschichte von Mary (Anaïs Demoustier) und John (Tom Mercier), die einander seit 25 Jahren im immer selben Pariser Club treffen. Die beiden sind seit ihrer Jugend durch ein mysteriöses Ereignis aneinander gefesselt und verbringen ihre Zeit im Nachtclub zwischen rauschenden Tanzszenen und betörendem Clublicht, vor allem mit einem: Mit Warten. Inzwischen flimmert die Zeitgeschichte auf einem kleinen Fernsehbildschirm vorbei und auch die Musik, zu der getanzt wird, verwandelt sich zwischen 1979 bis 2004 von queeren Disco Glitter über New Wave zum Techno-Trance der 90er-Jahre. Patric Chiha, der in Brüssel Filmmontage und in Paris Modedesign studierte, beschreibt den Club als gemeinschaftlichen Ort der Freiheit, in den jedoch das politische Weltgeschehen regelmäßig einbricht. Der Fall der Berliner Mauer, der Horror der Krankheit Aids, die Amtszeit von Mitterrand, die Terroranschläge vom 11. September in New York. Als einzige Allwissende – selbstverständlich die Türsteherin – geleitet die legendäre Béatrice Dalle als Erzählerin die ZuseherInnen mysteriös hin zum Unausweichlichen. Chihas Ode an das zeitlose Mysterium Liebe und Clubkultur ist ein Plädoyer für die befreiende Macht des Sichverlierens im Rausch des Tanzes – im Rausch des Lebens. Das Tier im Dschungel besticht mit wunderbaren Bildern, funktioniert als Dokumentarfilm über die Clubkultur einer Ära zwischen Kalter Krieg und 9/11, aber auch als philosophische Parabel über das Leben im Allgemeinen. Über das Verlangen lieber ganz woanders zu sein, den Wunsch nach besseren Zeiten, während die Gegenwart Nacht für Nacht verstreicht.     

Eröffnungsfilme’23: Das Tier im Dschungel von Patric Chiha (2023) und NYC RGB (2023) von Viktoria Schmid

Di, 21.3., 19.30 Uhr, Helmut List Halle (für geladene Gäste)
Di, 21.3., 20.30 Uhr, Annenhof Kino 5
Di, 21.3., 20.30 Uhr, Annenhof Kino 6
Sa, 25.3., 14.30 Uhr, KIZ RoyalKino 2