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Biotop für eine fruchtbare Theaterszene

Franz Morak in "Aria da Capo" im Theater im Keller, 1965

Am 21. September wird das TiK offiziell 70 Jahre alt. Gefeiert wird am 16. Oktober mit einer Festpremiere.

Text: Wolfgang Pauker

Im „Historischen Jahrbuch der Stadt Graz/Band 15“ wird das Theater im Keller als ältestes Kellertheater Mitteleuropas bezeichnet. Dabei ist es wohl eines der ältesten, kontinuierlich produzierenden freien Theater der Welt – und hat ganz nebenbei auch das erste Auslandsgastspiel eines österreichischen Theaters nach dem Zweiten Weltkrieg bestritten. Reichlich ruhmreich für ein Theater aus der steirischen Landeshauptstadt, das 1945 als „Grazer Laienspiele“ von Ingobert Wampera aus der Taufe gehoben wurde. Derselbe gründete am 21. September 1951 gemeinsam mit Harald Kopp auch den Verein „Die Spielvögel“, der heute noch immer so heißt, aber seit 1962 als „Theater im Keller“ bekannt ist.

Rosemarie Schrammel und Lisl Kinzl (später Slippek) in der Uraufführung von Wolfgang Bauers
Katharina Doppelkopf (1964)

Dieser Name ist dem ersten fixen Spielort der Gruppe – einem Keller in der Merangasse 35 – geschuldet. Nach einem kurzen Intermezzo in der Mondscheingasse bezog man die heutige Heimat in der Münzgrabenstraße 35, deren Bühne nun auch seit bald 50 Jahren bespielt wird. In den Jahrzehnten war das TiK nicht nur Biotop für eine bunte und fruchtbare Theaterszene, sondern auch Sprungbrett für große Karrieren: Erhard Koren, Franz Morak, Wolfram Berger oder Hannskarl Hollmann etwa wussten es zu nutzen. Auch Autoren wurden stets gefördert: So wurde Wolfgang Bauers Katharina Doppelkopf in den frühen 60ern am TiK uraufgeführt, ebenso später sein Stück Batyscaphe.

Wolfram Berger und Erhart Koren in Noch zehn Minuten bis Buffalo von Günter Grass (1964)

„Veza & Marlen“ zum Jubiläum

Zum Jubiläum steht eine dem TiK eng verbundene Autorin im Mittelpunkt: Sophie Reyer. Sie hat sich mit zwei gern übersehenen Dichterinnen beschäftigt: Veza Canetti und Marlen Haushofer. Denn das TiK, das 2005 die Welturaufführung von Veza Canettis Der Oger am Literaturhaus Graz gestemmt hat, hat sich schon immer für die ins Abseits Gedrängten interessiert. Am 16. Oktober werden die zwei Einakter in der Regie von Eva Weutz in einer großen Festpremiere gezeigt. Reyer hat mit Veza, Asche im beginnenden Frühjahr einen Text über eine der großen vergessenen Literatinnen österreichisch-deutschsprachiger Zunge fertiggestellt, der den ersten Teil eines zwei lyrische Untersuchungen umfassenden Abends bilden wird. Der zweite Teil, Immer nie Himmel betitelt, widmet sich Marlen Haushofer, deren 100. Geburtstag und 50. Todestag im Lockdown-März 2020 untergegangen sind. Bis zum Tod begleitet Reyer darin die Hauptfigur Marlen, die sich gemeinsam mit einer Erzählerin dichtend durch ihr Leben arbeitet. Mit der Jubiläumsproduktion wird auch eine neue Linie des TiK eröffnet, die sich grundsätzlich emanzipatorischen Bestrebungen widmen wird.     

Alfred Haidacher, aktueller Kopf des TiK, mit Ruth Pichler bei seinem Debüt mit zarten 19 Jahren

Festpremiere „Veza & Marlen“
16. Oktober, 20 Uhr
Spieltermine bis Ende November

www.tik-graz.at