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„Für einige war das schwer zu verkraften“

Bernhard Rinner Foto: Marija Kanizaj

Mit der Verpflichtung von Jonas Kaufmann für die Sommerproduktion Tosca ist es den Grazer Spielstätten gelungen, ein internationales Opern-Highlight in Graz zu realisieren. Bernhard Rinner über das Engagement des weltberühmten Tenors, Zukunftspläne für die Kasematten und den Herbst-Start seiner Häuser in die neue Spielzeit.

Text: Stevan Zavernik

Was sich viele fragen, interessiert auch uns: Wie bringt man eigentlich einen Weltstar wie Jonas Kaufmann auf den Grazer Schloßberg?

Durch steirische Sturheit, etwas Glück, was den Terminkalender des Künstlers betrifft, und Durchhaltevermögen bei den Verhandlungen mit seinem Manager in New York, Alan Green. Ein Wortführer für das Engagement von Jonas Kaufmann war darüber hinaus Sir Bryn Terfel, der im vorigen Jahr schon bei Fidelio gespielt hat und dem es offensichtlich gut in Graz gefallen hat.

Was bedeutet ein solches Engagement für den Stellenwert der Kasematten als Veranstaltungsort?

Es hebt natürlich das internationale Flair der Location, und das obwohl wir auch in den letzten Jahren immer gut besetzt waren. Jonas Kaufmann ist vermutlich der meistbegehrte Tenor der Welt, ihn verpflichten zu können ist schon etwas Außergewöhnliches. Eine enorme Reaktion hat auch die Ankündigung hervorgerufen, dass ORF 3 unsere Produktion live übertragen wird, und zwar nicht nur, was die Kartenvorverkäufe betrifft, sondern auch, was die Reaktionen zahlreicher Kulturmanager betrifft. Dieses Engagement, so scheint es, war für einige nur schwer zu verkraften.

Ein Erfolg, der vermutlich beflügelt, wenn es um kommende Projekte geht. Wie steht es eigentlich mit Ihrer Idee für ein eigenes Opernfestival am Grazer Schloßberg?

Von einem Festival zu sprechen ist wohl etwas überhöht. Aber unsere Ideen gehen in die Richtung Aufführungsserie, um eine Termin-Lücke Mitte, Ende August schließen zu können.

Der Sommer wird bald vorbei sein und die einzelnen Häuser der Bühnen Graz werden in die neue Spielzeit starten. Was erwarten Sie sich vom Herbst?

Ich muss sagen, dass ich zurückhaltend optimistisch bin. Wir haben gesehen, dass das Aufmachen ab dem 19. Mai ein schwieriger Prozess war. Ich glaube, dass sich viele Menschen in der Corona-Privatheit ganz gut eingerichtet haben. Die Abstinenz von der Verführung Theater dürfte wohl nachwirken. Aus diesem Grund werden wir eine landesweite „Wir sind wieder da!“-Kampagne starten. Auch die drohende Delta-Variante bereitet mir offen gestanden doch gewisse Sorgen.

Es gibt Stimmen, die sagen, dass die Pandemie einiges im Theater- und Opernbereich aufgezeigt hätte, das ohnehin schon lange hätte verändert werden müssen. Dabei geht es etwa um Dinge wie zu lange Aufführungen oder mangelnder Komfort bei Kulturevents. Welche Lehren ziehen Sie aus den Monaten der Pandemie?

Ich glaube, wenn es spannend bleibt, kann eine Aufführung auch gut und gerne fünf Stunden lang dauern. Wir müssen hier nicht dem Zeitgeist entsprechen. Die Substanz wird sich letzten Endes durchsetzen. Der Louvre stellt auch nicht die halbe Mona Lisa aus. Ich bin auch ein Anhänger davon, dass Theater keine Wohlfühl-Couch­potatoe-Situation ist.

Wie weit ist die Planung für Klanglicht 2021, das im Oktober stattfinden soll?

Ich kann so viel verraten, dass wir wieder adaptieren müssen. Unseren Plan, die gesamten 3,8 Kilometer vom Kunsthaus bis zum Schloss Eggenberg zu gehen, wird die Behörde uns nicht ermöglichen. Auch im Herbst werden die 3G-Regeln gelten müssen. Und dafür brauchen wir einen abgeschlossenen Raum. Einen solchen haben wir aber mittlerweile gefunden. Klanglicht wird diesen Herbst stattfinden.

Wie zufrieden waren Sie mit der Kulturpolitik in den letzten Monaten?

Was die steirische und Grazer Kulturpolitik betrifft, kann ich mich sicher nicht beschweren. Ich habe hier große Unterstützung erfahren. Was ich mir gewünscht hätte, wäre ein stärkeres Auftreten der Kulturpolitik des Bundes gewesen. Perspektiven hätten wesentlich deutlicher aufgezeigt werden müssen. Von Seiten der Bundespolitik gab es leider nur Zermürbendes für die Kunst zu ertragen, scheibchenweise.