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Weil Sachwissen mit Lesespaß verknüpft am besten hält

Nikola Köhler-Kroath und Bettina Deutsch-Dabernig Foto: una.knipsolina

Die Autorinnen Bettina Deutsch-Dabernig und Nikola Köhler-Kroath aus dem Grazer Kindermuseum FRida & freD legen zwei neue Publikationen vor, die schlaue Leser und Leserinnen zum Experimentieren, Erforschen und Verstehen animieren.

Text: Wolfgang Pauker

Euer neues Buch „Schlau miteinander in die Zukunft“ beantwortet Zukunftsfragen von Kindern rund um den Globus. Wie kam es zu dieser Idee?

Bettina Deutsch-Dabernig: Die Anregung, etwas zum Thema Zukunft zu machen, kam vom Verlag. Uns war klar, dass Zukunftsfragen von Kindern weit über das Thema Klima hinausreichen. Deshalb hatten wir die Idee, sie selbst um ihre Fragen, Ideen und Visionen zu bitten, um diese dann im Buch zu behandeln.

Wie erreichte man die Kinder?

Deutsch-Dabernig: Um ein breites Spektrum abzudecken, haben wir über Hands On! International – die Vereinigung der Kindermuseen – Kinder angesprochen, die uns geschrieben haben.

Nikola Köhler-Kroath: Manche Fragen, Sorgen, Wünsche, Träume und Erwartungen der Kinder waren aus dem Leben gegriffen, manche fast philosophisch. Alles konnten wir nicht beantworten, weil auch wir nicht wissen, was nach dem Tod sein wird.

Was wünschen sich Kinder für das zukünftige Leben auf dem Planeten?

Köhler-Kroath: Meiner Erfahrung nach, und das deckt sich auch mit vielen Untersuchungen, wünschen sie sich Frieden und eine sichere Zukunft, was Ausbildung und Versorgung von sich selbst und ihren Familien betrifft. Und das bereitet ihnen auch Sorgen.

Bettina Deutsch-Dabernig und Nikola Köhler-Kroath, deren Buch Schlau ticken auch auf der Longlist des jährlich vom Bundesministerium vergebenen Wissenschaftsbuch-Preises ist
 Foto: una.knipsolina

Wie divergieren die Sorgen auf verschiedenen Erdteilen?

Deutsch-Dabernig: Ein Bub aus Singapur etwa fragt, wie es sich mit dem Ansteigen des Meeresspiegels verhalten wird, weil ihn diese Thematik tatsächlich viel früher beeinflussen wird als uns in Mitteleuropa. Ein Mädchen aus Palästina fragt, ob sich die Menschen irgendwann mehr um Bildung kümmern werden als um Kriege. Das waren wirklich Gänsehautmomente beim Lesen.

Wie beantwortet ihr die Fragen?

Deutsch-Dabernig: Wir haben versucht, konkret darauf einzugehen, mussten aber eine für alle verständliche Basis schaffen.

Köhler-Kroath: Wir stellen die Kinder in Steckbriefen vor, liefern zu den jeweiligen Themen Sachinformationen und regen die Leser an, selbst zu experimentieren und auszuprobieren.

Das zweite neue Buch „Schlau ticken“ widmet sich dem komplexen Thema Zeit. Wie wird es aufbereitet?

Deutsch-Dabernig: Es entstand in Kooperation mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Wir haben auch gemeinsam unsere aktuellen Ausstellungen entwickelt. Es beinhaltet – wie alle unsere Mitmach-Sachbücher – Sachinformationen und Mitmach-Aktionen. Haben sich die Kinder längere Zeit mit dem Buch beschäftigt – ins Buch geschrieben, gezeichnet und gemalt, geklebt, ausgeschnitten und vieles mehr – sieht man dem veränderten Buch an, dass Zeit vergangen ist. Das Buch selbst wird zu einem Zeitzeugnis.

Foto: una.knipsolina

Warum sind eure Bücher als Mitmach-Bücher konzipiert?

Deutsch-Dabernig: Wir wissen, dass sich Kinder im eigenen Tun viel mehr Wissen erarbeiten können als im Passiven konsumieren. Das ist der prinzipielle Zugang des Kindermuseums, den wir auch in die Bücher einbringen.

Wieso ist diese Form der Wissensvermittlung vernünftiger als andere Formen?

Köhler-Kroath: Man weiß, dass sich alle Menschen, vor allem junge, Sachverhalte besser merken, wenn sie sie interessieren – also intrinsische Motivation. Je mehr Sinneskanäle betätigt werden, desto besser, weshalb unsere Ausstellungen auch so vielfältig sind und vom Tasten über das Hören, Riechen bis zum Schmecken alle Sinne anregen. Diesen Weg wollen wir auch mit den Büchern gehen. Junge Menschen sollen sich je nach Interesse mit den Kapiteln beschäftigen und dann selbst ergänzen, recherchieren und experimentieren, um den sachlichen Inhalt zu verinnerlichen. So kann das Gehirn die Informationen viel besser abspeichern.

An welche Altersgruppe richten sich die Bücher?

Köhler-Kroath: Man sollte längere Texte sinnerfassend lesen können, und das ist meistens ab acht Jahren der Fall. Aber auch wenn Kinder noch nicht so gut lesen können oder vielleicht keine so große Freude am Lesen haben, können sie gemeinsam mit Eltern oder im Freundeskreis die Experimente machen.

Sind die in den Büchern und Ausstellungen vermittelten Dinge auch für Erwachsene lehrreich?

Köhler-Kroath: Absolut! Es gibt prozentuell in der Bevölkerung auch wenig Erwachsene, die bei all den von uns behandelten Themen so weit fortgeschritten sind, dass sie spezielle Fachbücher lesen.

Foto: Hannes Loske

Deutsch-Dabernig: Gerade beim Buch zum Zukunftsthema wünsche ich mir besonders, dass es viele Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen lesen, um vor Augen geführt zu bekommen, welche komplexe Fragen sich Kinder stellen.

Köhler-Kroath: Oft ist es das Argument der Erwachsenen, dass Kinder sich nicht auskennen würden und deshalb keine Entscheidungen treffen sollten. Kinder und Jugendliche machen sich aber sehr viele Gedanken, sie sind die Zukunft und deshalb sollten sie auch mitentscheiden dürfen. Hier geht es um Wertschätzung.

Wer ist der Herausgeber eurer Kinder-Sachbücher?

Deutsch-Dabernig: Sie erscheinen in der Edition Klaus Tschira Stiftung, die seit 25 Jahren Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik fördert. Da es unsere Profession ist, wissenschaftliche Inhalte kindgerecht aufzubereiten, greift die Stiftung gern auf unsere Expertise zurück.     

Bettina Deutsch-Dabernig ist Germanistin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendbuch. Sie konzipiert seit 2003 Mitmachausstellungen für drei- bis zwölfjährige Kinder im Grazer Kindermuseum FRida & freD.

Nikola Köhler-Kroath ist Museumspädagogin und konzipiert u. a. die Ausstellungen im Grazer CoSa – Center of Science Activities und im Kindermuseum FRida & freD.

Schlau miteinander in die Zukunft

Ob Natur, Familie, Freizeit, Mobilität, künstliche Intelligenz oder Arbeit – das bunt illustrierte Kinderbuch beantwortet 50 authentische Fragen rund um das zukünftige Leben auf der Erde. Leicht verständliche Texte erläutern die naturwissenschaftlichen und sozialen Zusammenhänge, und mit spannenden Experimenten sowie Mitmachaktionen kommen die Kinder den Antworten selbst auf die Spur. Dieses Kindersachbuch versammelt all die persönlichen Träume, Hoffnungen, Sorgen und Erwartungen neugieriger Köpfe zwischen 8 und 12 Jahren aus 20 Ländern weltweit.

ISBN 978-3-8310-4070-4

Schlau ticken

Zeitdimensionen beeinflussen unser Leben – vom Verlauf der Jahreszeiten bis zu Lichtgeschwindigkeiten. Dennoch wissen wir in Wirklichkeit kaum etwas über die Zeit. Mit bunten Illustrationen werden spannende Kinderfragen rund um das komplexe Thema beantwortet und leicht verständliche Texte erläutern unterhaltsam alle Dimensionen der Zeit. Anhand von beeindruckenden Fakten und mit über 100 Anleitungen zum Ausprobieren, Basteln, Erforschen und Sammeln kommen Kinder ab 8 Jahren den Antworten auf die Spur und nehmen Zeit mit allen Sinnen wahr. 

ISBN 978-3-8310-4067-4

Wer hat an der Uhr gedreht?

In den aktuellen Mitmach-Ausstellungen Das kleine Städtchen Jederzeit (zwischen 3 und 7 Jahren) und Der Uhr auf der Spur (ab 8 Jahren) widmet sich das FRida & freD dem abstrakten Thema Zeit und entführt die jungen Forscherinnen und Forscher auf eine Expedition in ein nicht greifbares Universum. Das junge Museumspublikum wird dabei in bewährter Manier eingeladen, interaktiv mit den Objekten in Kontakt zu treten und in verschiedene Zeitthemen einzutauchen, die in Geschichten verpackt sind. So kann Zeit sichtbar und der Umgang mit ihr auch den jungen Besucherinnen und Besuchern vertraut gemacht werden.

Foto: Hannes Loske

Um herauszufinden, was Zeit ist, begegnen sie auch verschiedenen Sichtweisen und springen von einer Fragestellung, einem Sachverhalt, einem Gedankenexperiment zum nächsten und erarbeiten sich im eigenen Tun und Handeln die Themen, die so vielseitig sind wie die Antworten auf die aufgeworfenen Fragen. Im Forschungslabor (ab 8 Jahren), einer weiteren Attraktion des Kindermuseums, begeben sich die Forscherinnen und Forscher auf eine Reise in die unendlichen Weiten des Universums und suchen, ausgestattet mit einem Reisepass, nach Antworten auf Fragen wie: Sind die Planeten rund? Warum fliegen Raketen und was ist eine Umlaufbahn? Neu und an die aktuellen Covid-19 Schutzbestimmungen angepasst ist das Online-Buchungs­system, mit dem auf der Homepage www.fridaundfred.at vorab ein ­Time­slot für den Besuch reserviert werden muss, sodass sich nie zu viele Personen gleichzeitig in den Ausstellungen befinden.

Foto: Hannes Loske

FRida & freD
Das Grazer Kindermuseum, Friedrichgasse 34, 8010 Graz

Ab 7.12.2020 wieder geöffnet!

www.fridaundfred.at