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Kultur trotz Krise: Theatermacher Alfred Haidacher im Interview

Alfred Haidacher

Auch das älteste freie Theater der Stadt steckt mitten in der Krise. Theater-im-Keller-Mastermind Alfred Haidacher im Gespräch über Sicherheitskonzepte, Reglementierungen und was es bräuchte, um nach dem 2. Lockdown wieder auf die Bühne zu kommen.

Text: Stefan Zavernik

Die Premiere von „Alice in Crazyland“ am 10. Dezember musste aufgrund des Lockdowns ein weiteres Mal verschoben werden. Wann soll das Stück nun auf die Bühne kommen?

Tja, eigentlich am 12. Jänner 2021. Aber da muss möglichst bald klar sein, ob wir da auch wirklich öffnen dürfen. Das Stück muss schließlich auch beworben werden. Spätestens bis Weihnachten müssen wir wissen, woran wir sind.

Bis zum erneuten Lockdown im November hat das TiK seine Vorstellungen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt. Wie sicher war der Betrieb, im Nachhinein betrachtet?

Ausgesprochen sicher. Wir waren päpstlicher als der Papst, was die Sicherheitsvorkehrungen betroffen hat. Bei unseren während der Pandemie erlaubterweise abgehaltenen knapp 40 Vorstellungen gab es keinen einzigen Fall einer Erkrankung oder Ansteckung – weder im Publikum noch in den Ensembles. Das ist ganz sicher auch unserem strengen Präventionskonzept während der Proben geschuldet. Aber es ist nun einmal so, dass die Regierung beschlossen hat, alle jene, die sich ganz besonders an die Vorschriften halten und nur winzige Publikumsmengen einlassen, als Erste zuzusperren. Kann man das verstehen? Nein.

Probe für Alice in Crazyland

War die Lust auf Theater trotz Sicherheitsvorkehrungen und Reglementierungen beim Publikum vorhanden? 

Mit Einschränkungen, ja. Es gibt und gab große Angst und verständliche Vorsicht. Dazu kommt auch noch die durch die Gesundheitskrise verursachte finanzielle Krise, die die Mehrheit der Leute insgesamt ärmer gemacht hat. Die ohnehin nur mit reduziertem Publikum stattfindenden Oktober-Vorstellungen waren alle so gut wie ausverkauft, bis uns der oh so sanfte Lockdown die letzten fünf ebenfalls ausverkauften Vorstellungen abgedreht hat. 

Museen wurden Anfang Dezember bereits wieder geöffnet. Hätte man auch den Bühnenbetrieb wieder möglich machen müssen?

Gute Frage. Im Grunde habe ich Verständnis für die Schließungsmaßnahmen. Sie erscheinen mir sinnvoll. Allerdings ist die Regierungskommunikation (und das seit dem Beginn der Krise!) katastrophal. Evidenzbasierte Entscheidungen scheint es nicht wirklich zu geben. Wir brauchen konkrete Perspektiven. Da scheint es das fatale Missverständnis zu geben, dass Thea­terschaffende am Abend rausgehen und schnell eine Vorstellung spielen. Ansonsten sitzen sie irgendwo herum und spielen Candy Crush. So ist es nicht. Wir proben seit Oktober für Alice in Crazyland. Die verschobene Premiere bedeutet nur, dass wir noch länger proben, wenn auch mit größeren Abständen. Das Stück muss schließlich „warmgehalten“ werden. Das heißt, dass die Gagen für die Monate Oktober bis Dezember fällig werden und ausbezahlt werden müssen. Selbst im April haben wir via Skype und Zoom Kontakt gehalten, um das Sommerstück und Die Vertriebenen vorzubereiten. Insgesamt heißt das, dass wir Ende Jänner die vorgesehenen Gagen für Alice… ausbezahlt haben müssen. Wenn wir jemals spielen dürfen, muss das dann gratis passieren – so schaut’s aus. 

Mit welchen Hoffnungen als Theatermacher gehst du ins kommende Jahr?

Dass wir möglichst bald spielen dürfen – und dass das dann auch einigermaßen gefahrlos möglich ist. Dass das Publikum uns nicht im Stich lässt, dass es neugierig bleibt auf das, was wir tun. Dass wir weiter unterstützt werden und nicht mit ausgesprochenen und unausgesprochenen Drohungen a la „Wo is’ euer Leistung?“ leben müssen. So etwas werden Gastronomen und andere Unternehmen ja auch nicht gefragt, die derzeit ohne nach außen sichtbare Leistung erheblich besser unterstützt werden als wir, die wir als Non-Profit-Organisation noch immer keinen Anspruch auf einen Umsatzersatz haben. Am wichtigsten aber ist es, dass eine Impfung zur Verfügung stehen wird, die die Pandemie überwinden hilft – und wir nicht noch mehr Opfer zu beklagen haben werden.