Start Featureshome „Um die Schisaison zu retten, braucht es offenbar keine Kultur“

„Um die Schisaison zu retten, braucht es offenbar keine Kultur“

Peter Faßhuber Foto: Michael Traussnigg

Trotz Corona-Virus-Pandemie und Beschränkungen im Kunst- und Kulturbereich konnte das Theaterland Steiermark den Großteil seiner regionalen Theaterfeste auf die Bühne bringen. Wir sprachen mit Organisator Peter Faßhuber über das Theatermachen in der Krise.

Text: Stefan Zavernik

Die Theaterfeste nach dem ersten Lockdown aufgrund fehlender Perspektiven abzusagen, war nie eine Option für Sie. Wie zufrieden sind Sie mit dem, was in diesem Jahr alles gelungen ist? Wie schwierig war die Umsetzung?

Was wir machen konnten, hat nicht nur bestens funktioniert, sondern hat meine Erwartungen weit übertroffen. Wir haben ein umfangreiches Präventionskonzept ausgearbeitet, weil uns von Anfang an klar war, dass so etwas einerseits behördlich gefordert wird und andererseits wollten wir unserem Publikum natürlich die beste Sicherheit und das beste Wohlbefinden bei einem Theaterbesuch garantieren. Es haben alle wunderbar mitgespielt: Unsere Partner vor Ort, die Künstlerinnen und Künstler und natürlich auch unser Publikum, das unser Angebot mit großer Freude angenommen und mit großer Disziplin die Vorgaben eingehalten hat. Da gab es kein einziges Problem. Die Umsetzung hat natürlich gewisse zusätzliche Anstrengungen erfordert, denen wir uns aber sehr gerne gestellt haben. Uns war wichtig, spielen zu dürfen, Freude zu vermitteln und eine bestmögliche Organisation zu gewährleisten. Ich kann heute sagen: Alles ist perfekt aufgegangen.

War die Lust auf Theater beim Publikum trotz Virus vorhanden?

Wir haben im Juli mit den Theatertagen in Weißenbach losgelegt und die Nachfrage war so groß wie nie. In kürzester Zeit waren alle 11 Abende – zugegeben mit reduziertem Platzangebot – ausverkauft. Das war für uns auch die Bestätigung, wie wichtig und richtig es war. Richtig und wichtig wäre es aber auch gerade jetzt, gut organisierte Kulturveranstaltungen zu machen und zu ermöglichen. Gerade in einer schwierigen Zeit sollte man die Menschen mit Kunst und Kultur abholen, ablenken, mit ihnen gemeinsam denken und lachen. Und es gab ja meines Wissens keinen einzigen Fall, wo man ein Theater, ein Konzerthaus oder ein Museum als sogenannten Hotspot verantwortlich hätte machen können. Ich würde dringend raten, diese Überlegungen für eine Öffnung nach dem gegenwärtigen Lockdown miteinzubeziehen. Es kann und darf nicht sein, dass die Kultur dabei wieder zuletzt dran ist. 

Aktuell steht das Theaterland Steiermark still Foto: Michael Traussnigg

Der Kulturbetrieb hat in den letzten Monaten bewiesen, wie professionell er notwendige Sicherheitskonzepte umsetzen kann. Überrascht es Sie, dass die Kulturszene im Rahmen des zweiten Lockdowns dennoch erneut auf null gedreht wurde? 

Nach all den Erfahrungen, die man in den letzten Monaten seit dem ersten Lockdown gemacht haben müsste, hätte ich mir schon gewünscht, dass man die Kultur nicht mit allen Vergnügungs- und Freizeiteinrichtungen gleichsetzt, sondern etwas differenzierter denkt. Das ist offenbar leider überhaupt nicht geschehen und das hat mich unendlich enttäuscht. Da geht es mir wie vielen anderen Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich – von der Staatsoper beginnend bis zum kleinsten Kellertheater. Ich weiß, dass nicht wenige bereits den diversen Verordnungen voraus waren. Bei uns im THEO in Oberzeiring haben wir zum Beispiel schon den ganzen Sommer über nach den Vorstellungen keinen Barbetrieb mehr gemacht, obwohl das zu dieser Zeit noch niemand von uns verlangt hätte. Und dabei haben wir viel Geld liegen gelassen. Aber das alles interessiert offenbar niemanden. Das tut irgendwie weh.

Ist es für Sie nachvollziehbar, warum Leute während des Lockdowns einkaufen gehen dürfen, nicht aber in Museen und Opernhäuser?

Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Man will halt irgendwie die Wirtschaft am Leben halten und vor allem will man eines: die Schisaison einigermaßen retten. Da braucht’s keine Kultur dafür. Ich möchte aber auch betonen, dass ich damit nicht sagen möchte, dass zum Beispiel Modehäuser und dergleichen nicht auch alles daran setzen würden, ihren Kundinnen und Kunden ein größtmögliches Maß an Sicherheit zu geben und ich glaube also auch, dass man sich dort sicher fühlen kann, wie übrigens auch bei den Kulturveranstaltungen und in den Museen. Deswegen meine ich, es hat keinen Grund gegeben, nicht beides zu ermöglichen.

Foto: Michael Traussnigg

Wie plant ihr das nächste Jahr? Wird es die Theaterfeste in gewohnter Form geben?

Wir sind voll am Planen. Am 7. Mai 2021 wollen wir in Wies, Stainz und Bad Radkersburg mit dem Sommertraumhafen loslegen. Die Konzepte liegen in der Lade, die Ideen sprudeln und flexibel zu sein und schnell auf geänderte Bedingungen reagieren zu können, gehört in unserem Beruf zur Normalität. Ob es die gewohnte Form sein wird? – Gewöhnlichkeit und Gewohnheiten gehören sowieso nicht zum Alltag eines Kunst- oder Kulturschaffenden, insofern: nein. Sie werden natürlich nicht in gewohnter Form stattfinden, sie werden wie immer: anders sein.