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Leben – Werden – Wandel in der Solarstadt

Finale der „Stadtgeflüster“-Trilogie: Jede Menge Nostalgie versprüht der dritte Teil der Jubiläumsausstellung im Gleisdorfer MiR – Museum im Rathaus anlässlich 100 Jahre Stadterhebung.

Text: Wolfgang Pauker

Im Juni 2020 jährte sich die Stadterhebung Gleisdorfs zum 100. Mal. Ein Jubiläum, das entsprechend gefeiert werden muss, weshalb man sich etwas Besonderes hat einfallen lassen: Eine Ausstellung, die sich der Entstehung und Entwicklung der knapp 30 km östlich von Graz gelegenen Solarstadt widmet. Weil sich die facettenreiche Geschichte aber nicht in einer einzelnen Schau erzählen lässt, haben sich die Ausstellungsmacher rund um Gerwald Hierzi, Leiter des Kulturamtes, und Kuratorin Sigrid Hörzer dazu entschlossen, drei Jahre lang verschiedene Aspekte in überschaubaren Tranchen aufzubereiten. Den Start der Ausstellungstrilogie Stadtgeflüster machte 2018 Toga, Türkensterz und Dreschflegel. Die Geschichte Gleisdorfs bis ins Jahr 1848, deren Eckpunkte die Römer, Türkeneinfälle, die Landplagen und nicht zuletzt das bäuerliche Leben waren, das die Region bis Mitte des 19. Jahrhunderts prägte. 2019 folgte Teil II: Umbruch. Aufschwung. Fortschritt. Die Geschichte Gleisdorfs von 1848−1920. Darin beleuchtete man den Aufschwung vom kleinen Markt zum florierenden Verkehrsknotenpunkt, welche Errungenschaften dazu beigetragen und welche Persönlichkeiten und Einrichtungen bis in die heutige Zeit ihre Spuren im Stadtbild hinterlassen haben.

V. l.: Alois Reisenhofer (Kulturreferent), Christoph Stark (Bürgermeister), Sigrid Hörzer (Museumsleiterin), Gerwald Hierzi (Kulturabteilungsleiter)

Mit Teil III geht das Stadtgeflüster in einem von der Covid-19-Pandemie geprägten Jubiläumsjahr nun in ihr vorläufiges Finale. Denn auch wenn die großen Feierlichkeiten bereits geplant, akribisch vorbereitet und schlussendlich auf 2021 verschoben werden mussten, hielt man an der Eröffnung der Ausstellung Anfang Oktober fest. „Gleisdorf hat in den letzten 100 Jahren eine beachtenswerte und sehr dynamische Entwicklung genommen. Besonders in den letzten 20 Jahren wurde die Stadt zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum der Oststeiermark, mit österreichweiter Bekanntheit und Anerkennung. Sie wird als lebenswerter und sehr attraktiver Lebensmittelpunkt geschätzt, was die demografischen Zahlen belegen – Gleisdorf ist nach Graz die Stadt der Steiermark mit dem meisten Zuzug. Es bietet Chancen für persönliche Entwicklung und entwickelt sich selbst ständig weiter. Mit der Wertehaltung ‚Im Herzen die Sonne‘ hat man sich hier dem wertschätzenden Miteinander der Menschen sowie einem gesunden und nachhaltigen Umgang mit Natur und Umwelt verschrieben“, so Gerwald Hierzi.

Im „Wald der Geschichte“ findet sich auf jedem Kärtchen Wissenswertes aus den letzten 50 Jahren

Eine Schau voll Emotionen

In Leben – Werden – Wandel beschäftigt man sich nun anhand von unterschiedlichsten Exponaten mit dem vielleicht intensivsten Teil der Stadtentwicklung. Ein schwieriges Unterfangen, denn in kaum einer Epoche davor hat sich das Leben der Menschen mehr verändert als in den letzten 100 Jahren. Die Zeit nach den Kriegen war geprägt von Unruhen, Plünderungen und Armut, doch in den darauffolgenden Jahrzehnten zeigte sich ein wirtschaftlicher Aufschwung, der nach wie vor in dieser bedeutenden Stadt der Region Oststeiermark anhält. „Teil III war inhaltlich sicherlich der am schwierigsten zu kuratierende, denn jeder gezeigte Themenbereich, von Mobilität über Infrastruktur bis zur Freizeit, wäre für sich schon eine eigene Ausstellung wert gewesen und beinhaltet so unglaublich vieles, was erzählt werden will.

In der Schau werden viele nostalgische Gefühle wachgerufen

Jeder Bürger, jede Bürgerin trägt seinen Teil der Geschichte der Stadt in sich, kann sich an vieles von dem, was in der Schau gezeigt wird, erinnern und soll sich in einer gewissen Form auch wiederfinden. Wir wollen das kollektive Gedächtnis in den Vordergrund rücken, es anknüpfen und in die Ausstellung einfließen lassen“, so Sigrid Hörzer. So gibt ein Super-8-Film in einem nachgebauten Kino etwa Einblicke in das Gleisdorf des Jahres 1979 und zwei 90-jährige Bewohner schwelgen, gezeigt auf einem alten Fernseher in einer authentischen Wohnzimmersituation des vorigen Jahrhunderts, in Erinnerungen. Hörzers persönliche Highlights: „Die Stadterhebungsurkunde, ein Plumpsklo, eine Küche mit nostalgischen Utensilien und vieles mehr. In Teil III sind wahrlich einige skurrile Objekte zu sehen“, freut sich die Kuratorin.

Ein Blick in die Zukunft

Hat man in den vorangegangenen Ausstellungen den Blick weit in die Vergangenheit gerichtet und sich aktuell bis in die Gegenwart vorgearbeitet, so stellt sich immer noch die Frage nach der Zukunft der aufstrebenden Stadt mit aktuell knapp 11.000 Einwohnern. Gibt es also 2021 eine Fortsetzung der erfolgreichen Ausstellungen? Gerwald Hierzi: „Wir wollen noch nicht zu viel verraten, aber wir flüstern weiter. Im vierten Teil wollen wir uns mit den globalen Zukunftsthemen, heruntergebrochen auf die daraus resultierenden Wirkungen auf die Stadt und den damit verbundenen Aussichten, Notwendigkeiten und möglichen Maßnahmen beschäftigen. Wir werden uns unter anderem Themen wie Landwirtschaft und Ernährung, Wasser und Energie, Klimawandel und Mobilität, aber auch Themenstellungen des Miteinanders der Generationen vornehmen und versuchen, das in Zukunftsszenarien abzubilden. Wir sind selbst schon gespannt, was wir in dieser Zeitreise erleben werden.“   

Spezialführung – ein exklusiver Blick hinter die Kulissen

Wer die Ausstellung mit den Augen der Ausstellungsmacher sehen und mehr über die Konzeption, Organisation und Planung erfahren möchte, der genießt die Vorteile einer Kuratoren-Führung und nimmt am Rundgang durch die Ausstellung bei anregenden Gesprächen teil. Was wurde wann, wie und wo ausgewählt? Warum gerade diese Teile der Geschichte beleuchtet wurden und vieles mehr, kann an diesem Abend beantwortet werden.

Do, 12.11, 19 Uhr, MiR-Museum im Rathaus

Erzähl mir was …

Wie kann man Geschichte besser erfahren als in Gesprächen mit Zeitzeugen? Bei einem gemütlichen Beisammensein werden „Urgesteine“ der Großgemeinde Gleisdorf in „ihre“ Geschichte der Stadt eintauchen und über Dinge, Bräuche, Lebensgewohnheiten und dergleichen reden. Ein Abend voll lebendiger Geschichte mit Gesprächspartnern und den ehemaligen BürgermeisterInnen aus Laßnitzthal, Labuch, Ungerdorf, Nitscha und Gleisdorf.

Do, 26.11., 19 Uhr, MiR-Museum im Rathaus

„Stadtgeflüster“ Teil III: Die Geschichte Gleisdorfs von 1920–2020

Zu sehen bis 13. Dezember 2020 (Fr, 13–17 Uhr | Sa & So, 10–14 Uhr)

Info: Tel. 03112 2601-409, museum@gleisdorf.atRahmenprogramm

MiR – Museum im Rathaus, Rathausplatz 1, 8200 Gleisdorf

www.gleisdorf.at